Trump kΓ€mpft gegen seinen neuen Erzfeind
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Sonderermittler Jack Smith soll Beweise gegen Trump finden und wird scharf attackiert. Auch seine Familie ist betroffen. FΓΌr Trump geht es um alles.
Die Schonfrist fΓΌr Jack Smith ist vorbei: "Bewaffnetes Monster", "politischer Killer" und "extrem parteiischer Trump-Hasser" β im Halbstundentakt beschimpft Ex-PrΓ€sident Donald Trump gerade seinen neuen Erzfeind. Eine Woche lang hatte Trump Zeit, sich daran zu gewΓΆhnen, dass erneut ein Sonderermittler eingesetzt wurde, um mΓΆgliche Straftaten von ihm zu untersuchen. Nun schieΓt er auf allen KanΓ€len gegen Jack Smith.
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Eine Γ€hnliche Erfahrung hatte bereits ein anderer Sonderermittler gemacht: Robert Mueller, der 2017 untersuchen sollte, ob Trump mit Russland zusammengearbeitet hatte, um an die Macht zu kommen. Diesmal geht es um zwei Fragen: Wollte Trump die rechtmΓ€Γige AmtsΓΌbergabe an Joe Biden am 6. Januar verhindern? Und hat Trump Hunderte Seiten an Staatsgeheimnissen unrechtmΓ€Γig in seinem Privatsitz in Mar-a-Lago aufbewahrt?
Wichtigster Unterschied zu damals: Trump schΓΌtzt jetzt kein Amt mehr. Doch er wird auch so alles tun, um Jack Smith die Arbeit zu erschweren. Seine schΓ€rfste Waffe zeichnet sich bereits ab: Beschimpfungen und Verunglimpfungen β nicht nur gegen Smith, sondern auch gegen seine Familie.
Das Ziel ist dabei klar: Schon im Vorhinein sollen Zweifel an Smiths Ermittlungen und mΓΆglichen Ergebnissen gesΓ€t werden, zumindest in der eigenen AnhΓ€ngerschaft sollen sie als unrechtmΓ€Γig erscheinen. TatkrΓ€ftig unterstΓΌtzt wird Trump dabei von Parteikollegen im Senat und ReprΓ€sentantenhaus.
Die Axt an Amerikas Justizsystem
Ihre ErzΓ€hlung geht dabei so: Die Rechtsinstitutionen der Vereinigten Staaten seien von linken Demokraten derart durchsetzt, dass die Justiz nicht mehr unabhΓ€ngig sei. Egal, ob der Inlandsgeheimdienst FBI, das Justizministerium oder die Gerichte β niemandem sei im Grunde zu trauen.
Trump und die Republikaner untergraben damit wieder einmal das Vertrauen in GrundsΓ€ulen der US-Demokratie. Kein Wort verlieren sie darΓΌber, dass sie im Zweifel selbst die MΓΆglichkeiten des Systems nutzen und zum Beispiel Bundesrichter ernennen, von denen sie sich genehme Urteile versprechen.
Ganz vorne mit dabei ist etwa der texanische Senator Ted Cruz. Er bezeichnet Jack Smiths Nominierung als Sonderermittler durchweg als politisch motiviert. Cruz hat sogar ein Buch darΓΌber geschrieben, wie die Linke angeblich das Justizsystem unterwandere: "Korrumpierte Justiz: Wie die Linke unser Rechtssystem als Waffe einsetzt" heiΓt es. Es steht in den US-Amazon-Charts aktuell auf Platz drei β und damit noch vor den akribisch recherchierten EnthΓΌllungsbΓΌchern ΓΌber Trump.
SchwΓ€chen des Systems
Es stimmt zwar, dass β anders als etwa in Deutschland β der vom PrΓ€sidenten ernannte Justizminister in den USA zugleich Generalbundesanwalt ist. Das "Department of Justice" (DOJ) wirkt dadurch auf den ersten Blick weniger unabhΓ€ngig, als es wΓΌnschenswert erscheinen kΓΆnnte. Auch deshalb beteuert Joe Biden regelmΓ€Γig, er wΓΌrde sich in keiner Weise ΓΌber die Trump-Ermittlungen mit dem US-Justizminister Merrick Garland austauschen.
Diese strukturelle SchwΓ€che wird im amerikanischen Zweiparteiensystem jetzt noch deutlicher. Die aktuelle Biden-Administration ermittelt gegen die vorangegangene Trump-Regierung. Noch dazu gegen einen Mann, der angekΓΌndigt hat, erneut PrΓ€sident fΓΌr die Republikaner werden zu wollen. Das ist ein historischer Sonderfall.
Doch genau aus diesem Grund, um jeglichen Eindruck der Parteinahme zu vermeiden, hat Garland einen Sonderermittler mit der Untersuchung beauftragt. Jack Smith ist mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet und kann nun weitgehend unabhΓ€ngig vom DOJ ermitteln. Seine Funktion ist damit durchaus vergleichbar mit der eines deutschen Generalbundesanwalts, wenn auch nur fΓΌr den Zeitraum der Trump-Untersuchungen.
Der Mann, der Trump zu Fall bringen kΓΆnnte, arbeitete bislang am internationalen Strafgerichtshof im niederlΓ€ndischen Den Haag. Jack Smith untersuchte dort als Staatsanwalt zuletzt Kriegsverbrechen im Kosovo. Auch innerhalb der USA ist Smith kein Unbekannter. Im US-Justizministerium leitete er im Jahr 2010 Ermittlungen gegen Politiker wegen Korruption und Wahlvergehen.
Das WΓΌhlen in Smiths Vergangenheit
Was Trump und seine AnhΓ€nger nun unter anderem gegen ihn anfΓΌhren: Smith leitete 2014 die Ermittlungen gegen den damaligen Gouverneur von Virginia, Bob McDonnell. Dieser wurde angeklagt und verurteilt, weil er Geschenke fΓΌr politische GefΓ€lligkeiten erhalten haben soll. Der Supreme Court hob das Urteil spΓ€ter auf. Die politische Karriere von McDonnell, der auch als mΓΆglicher PrΓ€sidentschaftskandidat gehandelt wurde, war aber beschΓ€digt. Dass Smith auch gegen den Demokraten John Edwards ermittelte, einst Senator und VizeprΓ€sidentschaftskandidat von John Kerry, fehlt in dieser ErzΓ€hlung jedoch.
Trump und seine Getreuen scheuen nicht davor zurΓΌck, im persΓΆnlichen Umfeld von Smith zu graben. Ihr KalkΓΌl ist Sippenhaft. Weil Smiths Ehefrau einst Geld an die Demokraten spendete, sei auch er selbst damit diskreditiert.
Zuletzt verbreiteten sie, Smiths SchwΓ€gerin habe Trumps Einzug ins WeiΓe Haus mit dem 11. September verglichen. Die Frau schrieb 2016 in einem Blogeintrag ΓΌber den Wahlsieg: "[...] ich erwachte mit dem gleichen GefΓΌhl der Angst, an das ich mich nach den AnschlΓ€gen vom 11. September erinnerte."
Von Jack Smith, dessen eigentlicher Name John L. Smith ist, sind solche Aussagen aber nicht bekannt. Als langjΓ€hriger Staatsanwalt in den USA wird er genau wissen, was er in seiner Position sagen sollte und was nicht.
Der Druck auf ihn wird dennoch weiter zunehmen, die Schlammschlacht hat lΓ€ngst begonnen. Smiths SchwΓ€gerin hat inzwischen versucht, das eigene Blogprofil von 2016 zu anonymisieren. Ihr Foto ist verschwunden, der Nachname auch. Ungeschehen machen kann sie es nicht. Was mit Menschen passiert, die von Trump ΓΆffentlich angezΓ€hlt werden, ist bekannt. Morddrohungen gehΓΆren zu den Standarderfahrungen.
Neben den Ermittlungen gegen Trump dΓΌrfte das die schwerste Aufgabe fΓΌr Smith sein: Dem Druck standzuhalten. Der Mann ist Drohungen gewohnt. Er ermittelt sonst gegen Korrupte und Kriegsverbrecher. Sobald er aus Den Haag zurΓΌckgekehrt sein wird, geht es dann gegen den ehemaligen PrΓ€sidenten der Vereinigten Staaten.
Einen ersten Warnschuss gegen Trump und seine AnwΓ€lte gab Smith bereits ab. Die wollten verhindern, dass er beschlagnahmte Dokumente verwenden darf. In einem Brief an ein Berufungsgericht legte Smith dann knapp und klar dar, warum deren Behauptungen unwahr ist.
Juristisch betrachtet stehen Smiths Ermittlungen, selbst wenn sie zu einer Anklage fΓΌhren sollten, Trumps erneuter Kandidatur ΓΌbrigens nicht im Weg (warum das so ist, kΓΆnnen Sie hier nachlesen). Aber die Demokraten und auch immer mehr Republikaner hoffen: Trump wΓ€re dann womΓΆglich politisch endlich erledigt.
- Eigene Recherchen
- nytimes.com: "In New Special Counsel, a Prosecutor Schooled in Corruption Cases" (Englisch)
- nytimes.com: "Some Advice for Jack Smith, the New Special Counsel in the Trump Investigations" (Englisch)
- archive.org: Blogeintrag von 2016 (Englisch)
- Profil von Donald Trump bei Truth Social
- justice.gov: "Appointment of John L. Smith as Special Counsel" (Englisch)
- rawstory.com: "Trump is now attacking the sister-in-law of the special counsel" (Englisch)
- lawandcrime.com: "βThat Is Incorrectβ: Special Counsel Swats Down Claim by Donald Trumpβs Lawyers That Rudy Giuliani Case Empowers Judge in Mar-a-Lago Probe" (Englisch)