So gereizt ist die Stimmung wirklich
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Im Panzerstreit um Leopard und Abrams werden Unstimmigkeiten zwischen Deutschland und den USA deutlich. Es ist eine Kommunikation zwischen Partnern, die irritiert.
Nur noch wenige Stunden zum Treffen in Ramstein waren es. Da schien man sich im Pentagon genΓΆtigt zu sehen, eines in Sachen Leopard noch einmal unmissverstΓ€ndlich klarzustellen: "Das ist letztlich die Entscheidung der Deutschen. Es ist deren souverΓ€ne Entscheidung, welche Art von Sicherheitshilfe sie leisten. Wir kΓΆnnen dazu also gar nicht mit ihnen sprechen", sagte eine Sprecherin des US-Verteidigungsministeriums am Donnerstag in Washington. Nach notwendiger Abstimmung, wie es Olaf Scholz immer wieder betont, klang das nicht.
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Es hat GrΓΌnde, dass diese eigentliche SelbstverstΓ€ndlichkeit von Vertretern der amerikanischen Regierung seit Monaten immer wieder in aller Γffentlichkeit vorgetragen wird. Denn auch der deutsche Bundeskanzler spricht seit Monaten immer wieder davon, dass er sich mit den Amerikanern und Alliierten erst abstimmen mΓΌsse, bevor er ΓΌber Waffenlieferungen entscheide. Auf diese Weise entsteht immer wieder der Eindruck, die Deutschen wΓΌrden, bevor sie etwas entscheiden, entweder die Erlaubnis der USA benΓΆtigen oder deren Zusage, das Gleiche zu tun.
In Washington wirkt man von dieser mΓΆglichen Lesart nicht zum ersten Mal erheblich genervt. Die vergangenen Tage stellten allerdings eine neue QualitΓ€t dar. Zunehmend gerΓ€t nΓ€mlich auch die US-Regierung unter Druck, ihrerseits schwere Kampfpanzer zu liefern. Insbesondere Vertreter osteuropΓ€ischer Staaten drΓ€ngen darauf, dass die USA im Zweifel ihre Abrams liefern, wenn dadurch das deutsche ZΓΆgern beendet wΓΌrde.
Verschnupfte Reaktionen der Amerikaner
Der Grund, dass im Pentagon einmal mehr die deutsche SouverΓ€nitΓ€t betont wurde, liegt an diesem seit Beginn des Ukraine-Kriegs nicht da gewesenen Vorgang im transatlantischen VerhΓ€ltnis. Demnach soll laut mehreren Medienberichten aus deutschen Regierungskreisen eine Botschaft durchgestochen worden sein, die in Washington mancherorts als Erpressung gedeutet wird: Wenn die Amerikaner keine ihrer schweren Abrams-Kampfpanzer an die Ukraine liefern wΓΌrden, dann wΓΌrde Deutschland auch keine Leopard-Panzer liefern.
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Auch die Bewilligung fΓΌr andere Staaten, die deutschen Systeme zu liefern, soll laut diesen Berichten an eine Abrams-Entscheidung der Amerikaner gebunden sein. Seither bemΓΌht sich die Bundesregierung, diese Berichte als falsch darzustellen. Die US-Regierung bemΓΌht sich ΓΆffentlich, diese Beteuerung zu glauben. Dabei gilt diese Sichtweise aus dem Kanzleramt zumindest inoffiziell seit Langem weder als neu noch als geheim.
Man diskutiere Bewilligungen fΓΌr Waffenlieferungen "normalerweise nicht in einem ΓΆffentlichen Forum", stellte der Generalstabschef des WeiΓen Hauses, Mark Milley, am Freitag in Ramstein vor Reportern klar. Es klangt verschnupft.
Uneinigkeiten werden offensichtlich
Ungeachtet der deutschen Beteuerungen haben die Vielzahl der Medienberichte und vor allem die daraus folgende ΓΆffentliche Diskussion Unruhe ausgelΓΆst. Γffentlichen Druck im Ukraine-BΓΌndnis gegeneinander aufzubauen, das war man bislang von Polen gewohnt, nicht aber von Deutschland. "Sie haben uns in eine aussichtslose Lage gebracht", sagte ein hochrangiger Beamter der Biden-Regierung noch am Donnerstag dem US-Fernsehsender CNN. Denn die Deutschen wΓΌrden Panzer fΓΌr Panzer fordern. Die anderen Lieferungen aus den USA wΓΌrden sie hingegen nicht motivieren, den Leopard 2 freizugeben.
Als der US-Verteidigungsminister Lloyd Austin am Freitag in Ramstein schlieΓlich vor die Presse trat, sagte er zwar, dass die Abrams-Leopard-Diskussion vom Tisch sei. Seine Worte in Richtung deutscher Regierung klangen dennoch deutlich. Auf die Frage eines Reporters, ob Deutschland trotz seiner ZΓΆgerlichkeit bei den Panzern seiner FΓΌhrungsrolle gerecht werde, sagte Austin: "Ja, aber wir kΓΆnnen alle mehr tun." Das "wir alle" betonte er dann zwar mehrfach. Aber die Frage drehte sich schlieΓlich um Deutschland.
Zwar erwΓ€hnte der Amerikaner ausdrΓΌcklich das deutsche Engagement und zΓ€hlte die vielen Systeme auf, die Deutschland liefert, darunter die Marder-Panzer und das Patriot-Luftabwehrsystem. Als er aber GroΓbritannien fΓΌr deren Lieferung von Challenger-2-Panzer lobte, wurde klar, dass er bei dieser Waffengattung mehr erwartet. "Das ist das erste Mal, dass moderne Kampfpanzer in die Ukraine geliefert werden", so Austin. DafΓΌr danke er ausdrΓΌcklich. Austin wusste da bereits, dass Deutschlands Haltung sich nicht geΓ€ndert hat, vorerst keine Leopard-Panzer zu liefern.
An der PrΓΌfung allein kann es indes kaum liegen. Boris Pistorius sagte in Ramstein, es gebe noch keine Einigung unter den VerbΓΌndeten in der Leopard-Frage. "Der Eindruck, der gelegentlich entstanden ist, es gebe eine geschlossene Koalition und Deutschland stehe im Weg, dieser Eindruck ist falsch." Es gebe Argumente dafΓΌr und dagegen. Was dagegen und was dafΓΌr spricht, sagte er nicht. Auch nicht, wer dafΓΌr und wer dagegen ist. Der Hase liegt wohl irgendwo im Pfeffer, ob im Kanzleramt oder im WeiΓen Haus.
Austin signalisierte VerstΓ€ndnis fΓΌr den deutschen Wunsch, zu prΓΌfen, verwies im nΓ€chsten Satz aber darauf, dass das Zeitfenster fΓΌr die Ukraine nur sehr eng sei. Er hΓ€tte auch sagen kΓΆnnen: Beeilt euch bitte mit eurer ΓberprΓΌfung. Sollten die Russen im FrΓΌhling eine neue Offensive gegen die Ukraine beginnen, kΓΆnnte es zu spΓ€t sein.