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Mike Pence schießt gegen Donald Trump: "Hat meine Familie in Gefahr gebracht"


"Darf nie wiedergewählt werden"
Trumps Widersacher setzt auf Attacke

  • Bastian Brauns
Von Bastian Brauns

Aktualisiert am 09.06.2023Lesedauer: 4 Min.
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Pence, Trump in der Wahlnacht des 3. November (Archivbild): Der ehemalige Vize fordert jetzt seinen Ex-Boss heraus.Vergrößern des Bildes
Pence, Trump in der Wahlnacht des 3. November (Archivbild): Der ehemalige Vize fordert jetzt seinen Ex-Boss heraus. (Quelle: Carlos Barria/Reuters-bilder)

Mit Mike Pence tritt Trumps gefährlichster Widersacher für die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner an. In der drohenden Schlammschlacht hat er sogar einen Vorteil.

Bastian Brauns berichtet aus Washington.

Die erste Frage, die Mike Pence sich bei einem Auftritt in Iowa gefallen lassen muss, lautet: Warum tritt ausgerechnet er als ehemaliger Vizepräsident der Vereinigten Staaten gegen seinen ehemaligen Boss Donald Trump an? Einerseits wirkt seine Kandidatur damit wie schlechter Stil. Andererseits scheint der 64-Jährige angesichts schlechter Umfragewerte bereits jetzt chancenlos.

So ein ungewöhnlicher Vorgang hat zuletzt vor 83 Jahren stattgefunden: 1940 ging der Vizepräsident John Nance gegen den amtierenden US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt ins Rennen, der damals entgegen der Tradition sogar für eine dritte Amtszeit kandidierte. Eine verfassungsrechtliche Begrenzung auf zwei Amtszeiten wurde erst 1951 eingeführt.

Was aber treibt Mike Pence, den Evangelikalen aus Indiana, an, im Jahr 2024 ausgerechnet Donald Trump herauszufordern, um für die Republikaner gegen den Demokraten Joe Biden ins Präsidentschaftsrennen zu gehen? Eines scheint schon jetzt klar: Wohl kein Duell bei den Vorwahlen könnte derart heikel für beide Seiten laufen.

Trump zwang Pence zur Entscheidung

Niemand war während Trumps Präsidentschaft von 2017 bis 2021 so nah an ihm dran wie Pence. Und keiner sonst wurde anschließend während der Geschehnisse vom 6. Januar und dem Sturm auf das US-Kapitol zu einer derart verhassten Figur. Einige des gewalttätigen Mobs drohten damals sogar damit, ihn aufhängen zu wollen. Trump hatte Pence als Verräter und Feigling verhetzt, weil dieser die Wahl Joe Bidens auf den letzten Metern beim Ernennungsprozess im Kapitol kraft seines Amtes nicht verhindert hatte. Dabei hätte Pence diese Macht als Vizepräsident laut Verfassung gar nicht zugestanden.

Bei seiner offiziellen Verkündung am Mittwoch im Bundesstaat Iowa ließ Pence dann auch keine Zweifel aufkommen, was er von seinem ehemaligen Boss hält: "Er hat meine Familie in Gefahr gebracht", sagte Pence vor seinen Anhängern über die Geschehnisse vom 6. Januar. "An diesem schicksalhaften Tag forderte er mich auf, mich zwischen ihm und der Verfassung zu entscheiden." Er habe die Verfassung gewählt und mit seiner Kandidatur stünden nun auch die amerikanischen Wähler vor der gleichen Entscheidung.

"Ein Präsident, der glaubt, über der Verfassung zu stehen, darf nie wieder gewählt werden", rief Pence. Es wäre Unrecht gewesen, die friedvolle Übergabe der Macht an Joe Biden zu verhindern. Von Rache ist bei Pence zumindest offiziell nichts zu hören. Dieses Gefühl würde ihm sein christliches Selbstverständnis wohl auch verbieten. Darum säuselt er auch, man müsse Trump und seinen Leuten vergeben für das, was sie getan haben. "Ich habe oft für ihn gebetet. Auch heute wieder", sagte Pence.

Chancenlos, aber voller Ambitionen

Eine vorsorgliche Warnung an die heutige Vizepräsidentin sprach Pence dazu aus: "Auch Kamala Harris wird das Ergebnis der Wahlen nicht umstürzen dürfen, wenn wir sie im Jahr 2024 geschlagen haben werden."

Es sind große Ambitionen, die Pence da hegt. Sein Wunsch ins Weiße Haus zu gelangen, mag vor allem angesichts seiner schlechten Umfragewerte überraschen. Aber Pence hat diesen Willen im Grunde schon vor Jahren offenbart. Nämlich genau in dem Moment, als er 2016 Donald Trumps Angebot annahm, mit ihm gemeinsam gegen das Team der Demokraten aus Hillary Clinton und Tim Kaine anzutreten. Im Grunde muss jeder Vizepräsident das Bestreben haben, den eigenen Chef zu beerben, zumal er oder sie jederzeit bereit sein muss, das Amt im Notfall zu übernehmen. Viele einstige Stellvertreter wurden später tatsächlich auch zu Präsidenten gewählt.

Woher aber will Mike Pence die Stimmen nehmen, die er bräuchte, um Donald Trump in den Vorwahlen zu schlagen? Bei seinem ersten Auftritt in Iowa wurde zumindest deutlich, dass der ehemalige Vizepräsident neben Angriffen auf Trump vor allem dessen Echo zu spielen scheint. Auffallend ähnlich sprach Pence vom Niedergang Amerikas, der nach der gemeinsamen Amtszeit von ihm und Trump eingesetzt habe.

"Die Krisen sind überall", sagte Pence und prangerte illegale Migration an den US-Grenzen an, die Inflation, die hohen Benzinpreise, die Kriminalitätsraten, den Abzug aus Afghanistan und einen vorherrschenden Werteverfall. Beenden wolle er eine vorherrschende "politische Korrektheit" und die "woken Brigaden" zurückschlagen. Was ihn von Trump unterscheide: die ihn ausmachenden christlichen Werte.

Christlicher Hardliner

Wofür Pence inhaltlich steht, daraus macht er wahrhaftig kein Geheimnis. Er sei zuerst ein Christ, dann ein Konservativer und dann ein Republikaner. "Genau in dieser Reihenfolge", betonte Pence unter Applaus auf der Bühne in Iowa. Er erinnerte an seine Zeit als langjähriger Kongressabgeordneter seines Bundesstaates Indiana und seine Amtsjahre als Gouverneur.

Er erließ damals ein Gesetz, das es Geschäftsinhabern erlaubte, Homosexuellen Dienstleistungen aus religiösen Gründen zu verweigern. Zu seiner beschworenen Liebe zur amerikanischen Verfassung wollen solche diskriminierenden Vorhaben nicht passen. "Ich glaube, Gott hat seinen Plan für Amerika noch nicht beendet", schloss Pence seine Rede.

Ein unwahrscheinliches Szenario

Sollte er auch nur annähernd eine Chance haben sollen, dann müsste Trump wohl erstens hinter Gittern landen und zweitens müsste Ron DeSantis, der Gouverneur aus Florida, seine Kandidatur zurückziehen. Anders dürfte sich die Parteibasis kaum von ihm als geeigneten Kandidaten überzeugen lassen.

Doch sollte dieses unwahrscheinliche Szenario eintreten, bekämen wohl auch die inzwischen zahlreichen anderen Kandidaten wie Tim Scott oder Nikki Haley eine Chance. Pence einziger Vorteil ihnen gegenüber: Im Gegensatz zu ihnen ist er schon jetzt im ganzen Land bekannt.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen und Beobachtungen
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