"Nicht sonderlich nachhaltig" US-Wirtschaft wächst überraschend stark

Die US-Wirtschaft ist im zweiten Quartal deutlich gewachsen. Doch hinter dem Aufschwung stehen Sondereffekte, die bald nachlassen könnten, schätzen Experten.
Die US-Wirtschaft ist im zweiten Quartal um 3,0 Prozent gewachsen und hat damit die Erwartungen deutlich übertroffen. Das teilte das US-Handelsministerium am Mittwoch mit. Analysten hatten im Schnitt mit einem Anstieg um 2,5 Prozent gerechnet. Im ersten Quartal war die weltgrößte Volkswirtschaft noch um 0,5 Prozent geschrumpft. Als wesentliche Treiber des jüngsten Wachstums gelten ein deutlicher Rückgang der Importe sowie ein moderater Anstieg des privaten Konsums.
Hintergrund: Sondereffekte durch Trumps Zölle
Die starken Schwankungen im ersten Halbjahr führen Ökonomen vor allem auf die Zollpolitik von Präsident Donald Trump zurück. Viele Unternehmen hatten Importe vorgezogen, um Zollerhöhungen zu umgehen. Dadurch war das Handelsdefizit im ersten Quartal stark gestiegen. Im zweiten Quartal brachen die Importe dann ein, was statistisch das BIP erhöhte. "Zollbedingte Vorzieh- und Rückpralleffekte lassen die Wachstumsrate erst runter-, dann hochgehen", sagte Bastian Hepperle von der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe.
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In der US-volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung werden Importe als negativer Beitrag zum BIP bilanziert. Ein Rückgang der Importe wirkt daher statistisch wachstumsfördernd, auch wenn der reale Konsum dahinter stagniert.
Die Commerzbank spricht angesichts eines durchschnittlichen Quartalswachstums von 1,2 Prozent im ersten Halbjahr von einem deutlichen Verlust an Schwung. "Wir gehen aber weiterhin davon aus, dass eine Rezession vermieden wird", so Volkswirt Christoph Balz.
Konsum schwach, Investitionen rückläufig
Die Binnennachfrage bleibt schwach: Der private Konsum stieg nur um 1,4 Prozent. Bauinvestitionen gingen zurück, unter anderem wegen hoher Zinsen. "Das Wachstum scheint nicht sonderlich nachhaltig zu sein, denn es ist vor allem von Rückpralleffekten im Außenhandel getrieben", sagte Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank. Die Investitionstätigkeit gehe auffällig stark zurück, auch Konsumenten hielten sich zurück.
Trotz Rufen aus der Politik nach Zinssenkungen dürfte die US-Notenbank Fed an ihrer Zinspolitik vorerst festhalten. Die Finanzmärkte erwarten, dass der Leitzins in der Spanne von 4,25 bis 4,50 Prozent bleibt. In seinem Onlinenetzwerk Truth Social forderte Trump erneut eine deutliche Senkung des Leitzinses um drei Prozentpunkte. "Lasst die Leute kaufen und ihre Häuser refinanzieren", schrieb er. Dem Fed-Chef Jerome Powell drohte er zuletzt mit Entlassung, sollte dieser nicht liefern.
Zinsentscheid am Mittwochabend
Die Fed wolle jedoch zunächst abwarten, wie sich die Zollpolitik auf Inflation und Arbeitsmarkt auswirke, heißt es aus dem Umfeld der Zentralbank. Der Zinsentscheid wird am Mittwochabend (Ortszeit) erwartet.
Auch am Devisenmarkt zeigten sich Reaktionen: Der Euro fiel nach den US-Daten auf ein Tagestief von 1,1469 Dollar, die Kurse von US-Staatsanleihen gaben nach.
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa, afp und reuters