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Die USA retteten Europa: Verdammt lang her. Nicht vorbei


Verdammt lang her, aber nicht vorbei

Eine Kolumne von Gerhard Spรถrl

15.01.2018Lesedauer: 4 Min.
Meinung
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Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung รผbernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

US-Prรคsident Franklin D. Roosevelt: Am 08.12.1941 unterzeichnete er die Kriegserklรคrung gegen Japan. Damit traten die USA in den Zweiten Weltkrieg ein.
US-Prรคsident Franklin D. Roosevelt: Am 08.12.1941 unterzeichnete er die Kriegserklรคrung gegen Japan. Damit traten die USA in den Zweiten Weltkrieg ein. (Quelle: Office of War Information Library of Congress)
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Warum beschรคftigen wir uns mit der Vergangenheit? Weil sie nicht vergangen ist. 2018 ist auch ein Jahr, in dem wir an Amerikas beste Zeiten erinnert werden: Als es Europa in zwei Kriegen rettete.

Vor genau einhundert Jahren legte ein amerikanischer Prรคsident einen Plan vor, der die Grundlage fรผr Frieden nach dem schrecklichen Weltkrieg legen sollte. Er hieรŸ Woodrow Wilson und war ein ungewรถhnlicher Prรคsident: ein moralisch inspirierter Intellektueller, der in Princeton gelehrt hatte und erst spรคt in die Politik ging; ein Mann, der sich vom ersten Kriegstag an Gedanken machte, welche internationale Ordnung die europรคischen Mรคchte von kรผnftigen Gemetzeln abhalten kรถnnte.


NACHRICHTEN DES TAGES


Vierzehn Punkte legte Wilson am 8. Januar 1918 vor. Ihr erster Zweck bestand darin, โ€žDeutschlands Macht zum Bรถsenโ€œ einzuschrรคnken, weshalb es Gebiete im Osten und Westen abtreten musste. Er wollte aber auch ein groรŸzรผgiger Sieger sein und Deutschland in den Vรถlkerbund aufnehmen, der kรผnftig die kollektive Ordnung sichern sollte. Seinen Idealismus symbolisierte das Recht auf Selbstbestimmung, das er jeder Nation zusprach.

Trump steht fรผr die USA, wie sie vor 1914 waren

In der heutigen Terminologie war Woodrow Wilson ein Internationalist, ein Globalist. In die amerikanische Geschichte ging er als derjenige Prรคsident ein, der sein widerstrebendes Land in den Krieg fรผhrte. Amerika entschied den Krieg, bereitete den Frieden vor, und war dabei, zur Weltmacht aufzusteigen.

Aber die Isolationisten hinderten die Internationalisten daran. Sie wollten sich nur mit sich selbst beschรคftigen. Amerika รผberlieรŸ Europa sich selber. Das รคnderten erst Franklin Delano Roosevelt und der Zweite Weltkrieg.

Heute nehmen wir mit gutem Grund an, dass die Weltmacht Amerika im Niedergang begriffen ist. Dafรผr ist Donald Trump, der Inbegriff des Vulgรคren und Schamlosen, ein grelles Symptom. Zugleich verkรถrpert er das egozentrische, isolationistische, xenophobe Land, wie es damals war, vor 1914.

Viel Gelegenheit zur Rรผckschau

In diesem Jahr wird es viele Gelegenheiten geben, zurรผckzublicken. Vor hundert Jahren, im Jahr 1918, fing vieles an, was uns heute beunruhigt, beschรคftigt, verรคngstigt.

Syrien und Irak und Palรคstina sind Produkte der Nachkriegsordnung, die keinen Frieden brachte, sondern fรผr Konflikte sorgte, die sich bis in die Gegenwart auswirken. Die Tรผrkei unter Erdogan knรผpft an das im Ersten Weltkrieg untergegangene Osmanische Reich an und wรคre nur zu gerne ein Vorbild fรผr die muslimische Welt. Auch Russland, das 1917 den Kommunismus in die Welt gebracht hatte, gehรถrt zu den revisionistischen Mรคchten, die sich mit dem Status Quo nicht abfinden wollen.

Hundert Jahre ist das her, aber die Vergangenheit ist wieder zur Gegenwart geworden. Hundert Jahre kรถnnen aber auch die Fantasie beleben.

Was wรคre gewesen, ohne den Versailler Vertrag?

Woodrow Wilson (l.), schon gewรคhlt, und sein Amtsvorgรคnger Taft: Wilson gab die Neutralitรคt der USA auf โ€“ und wollte die Welt neu ordnen.
Woodrow Wilson (l.), schon gewรคhlt, und sein Amtsvorgรคnger Taft: Wilson gab die Neutralitรคt der USA auf โ€“ und wollte die Welt neu ordnen. (Quelle: Reuters-bilder)

Ich zum Beispiel liebe โ€žWhat-If-Fragenโ€œ: Was wรคre gewesen, wenn sich Amerika 1918 nicht trumpmรครŸig dem Isolationismus hingegeben hรคtte, sondern Woodrow Wilson die Chance gehabt hรคtte, die 14 Friedenspunkte zu verwirklichen?

Die deutsche Rechte hรคtte es weniger leicht gehabt, von einem DolchstoรŸ in den Rรผcken der kรคmpfenden Truppen zu faseln. Die Weimarer Republik hรคtte nicht die Bรผrde riesiger Reparationen gehabt. Die Weltwirtschaftskrise wรคre dennoch รผber uns gekommen, mit Massenarbeitslosigkeit und einem Rechtsruck als Folgen. Aber Hitler kam vor allem wegen des Versailler Vertrags, der DolchstoรŸlegende und der Weltwirtschaftskrise an die Macht. Wรคre er es unter anderen Umstรคnden auch?

Nichts in der Geschichte ist vorherbestimmt. Immer gibt es Alternativen, die auch mรถglich sind, aber nicht zum Zuge kommen. Immer mal wieder sollten wir uns sagen: Die Geschichte lรคsst uns eine Wahl. So wie es kam, hรคtte es nicht kommen mรผssen. Und das Andere, das sich nicht durchgesetzt hat, wรคre vielleicht besser gewesen, vielleicht aber auch schlechter.

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Wer sich zurรผckzieht, wird vergessen

Seit 1929 litt Amerika mindestens genauso unter der Weltwirtschaftskrise wie Italien oder Deutschland. Mich hat immer beeindruckt, dass Amerika, das Urland des rohen Kapitalismus, einen demokratischen Weg aus dieser Krise fand. Auch dort lenkte der Staat die Wirtschaft, erlaubte Preisabsprachen und bรคndigte den Wettbewerb, aber ohne die Demokratie zu sprengen. Ohne den Faschismus triumphieren zu lassen, wie es Deutschland machte. Auch deshalb war Roosevelt der entscheidende Gegenspieler von Hitler.

Noch einmal: What if? Was wรคre passiert, wenn ein Isolationist wie Trump 1939 im WeiรŸen Haus gesessen hรคtte und nicht ein Internationalist wie Roosevelt? Wenn die Invasion in der Normandie 1944 ausgeblieben wรคre? Hรคtte dann, auch wenn Deutschland trotzdem nicht gesiegt hรคtte, der Krieg erheblich lรคnger gedauert? Mit noch mehr Toten, noch mehr Verbrechen?

Schrecklicher Gedanke. Gut, dass es so kam, wie es kam. Und wie gut, dass Europa zum zweiten Mal vor sich selber gerettet wurde, durch Amerika.

Auch daran werden wir in diesem Gedenkjahr erinnert. Auf unseren Streifzรผgen zurรผck in die Geschichte stoรŸen wir auf Amerika, die demokratische Weltmacht, die vieles richtig machte und nach 1945 fรผr eine Friedensordnung sorgte, die lange anhielt. Ziemlich gut. Ziemlich viel erreicht. Ziemlich viel auch wieder verspielt, in Vietnam, im Irak, in Syrien.

Lang her, verdammt lang her. Aber es gibt auch angenehme Nebeneffekte bei unserer Geschichtsbetrachtung. Von den drei Prรคsidenten, die zwischen Woodrow Wilson und Franklin Delano Roosevelt das Amt innehaben durften, habe ich nur eine vage Vorstellung. Wenn es gut geht, wenn der Atomalarm auf Hawaii das Schlimmste bleibt, dann rutscht uns auch Donald Trump bald schon wieder aus dem Gedรคchtnis.

Ein Irrtum der Geschichte, dieser Prรคsident, das wรคrโ€™s doch.

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