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Davos: Donald Trump sparte in seiner Rede nicht mit Eigenlob


Faktencheck
Wie Donald Trump in Davos seine Amtszeit schönredete


Aktualisiert am 22.01.2020Lesedauer: 4 Min.
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Donald Trump: In seiner Rede beim Weltwirtschaftsforum in Davos hat der US-Präsident seine Politik gelobt. Der Faktencheck zeigt: Nicht immer zu Recht.Vergrößern des Bildes
Donald Trump: In seiner Rede beim Weltwirtschaftsforum in Davos hat der US-Präsident seine Politik gelobt. Der Faktencheck zeigt: Nicht immer zu Recht. (Quelle: ap)

Donald Trump sparte in seiner Rede beim Weltwirtschaftsforum nicht mit Eigenlob. Unter ihm erlebten die USA den größten Boom, die Wirtschaft sei gerecht wie nie. Stimmt das?

"Das war die schlechteste Rede, die ich in meinem Leben gehört habe", kommentierte Grünen-Chef Robert Habeck die Eröffnungsansprache von Donald Trump beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Zuvor hatte der US-Präsident eine Lobrede auf die eigene Politik gehalten, die an Superlativen nicht sparte: "Der größte Boom", "die gerechteste Wirtschaft", "die sauberste Luft". Wie dick der US-Präsident auftrug, sehen Sie auch oben im Video. Doch halten diese Aussagen einem Faktencheck stand?

"Amerika erlebt einen Boom wie nie zuvor"

"Das stimmt", schreibt der US-Wirtschaftsforscher Ian Shepherdson auf Twitter – "aus der Sicht eines Dreijährigen". Auf Jahressicht habe das Wachstum seit Trumps Amtsantritt bei 2,6 Prozent im Durchschnitt gelegen, erläutert Shepherdson. Der Durchschnitt der vorherigen 50 Jahre betrug aber 2,8 Prozent.

In jedem Fall ist Trump damit weit von jenen 4 bis 6 Prozent Wachstum entfernt, die er im Wahlkampf und zu Beginn seiner Amtszeit versprochen hatte. US-Wirtschaftswissenschaftler warnen zudem davor, Trumps Zahlen überzubewerten. Sie verschleierten nämlich eine gefährliche Entwicklung: Dass das derzeitige Wachstum in den USA kein organisches, sondern zu großen Teilen auf einen bersorgniserregenden Anstieg der privaten Verschuldung zurückzuführen sei.

"Sieben Millionen neue Jobs"

Die Zahl kommt tatsächlich ungefähr hin. Nach Angaben der US-Seite factcheck.org sind in den USA seit Trumps Amtsantritt ungefährt 6,7 Millionen neue Arbeitsplätze entstanden. Allerdings setzt sich während seiner Präsidentschaft nur eine Entwicklung fort, die bereits vor fast zehn Jahren begann. Seit Oktober 2010 hat die Zahl der Arbeitsplätze in den USA in jedem Monat zugenommen.

Seinem Anspruch, der größte Jobbeschaffer zu sein, den Gott je geschaffen hat, ist Trump noch nicht gerecht geworden. Und was für ihn noch schlimmer sein dürfte: Er liegt hinter Barack Obama, den er auch in Davos nicht müde wurde zu attackieren. Sein Vorgänger als US-Präsident brachte es in seiner letzten Amtszeit auf ein monatliches Wachstum von durchschnittlich 217.000 Arbeitsplätzen. Donald Trump kommt bisher auf 191.000 im Schnitt.

"Ich will das sauberste Wasser und die sauberste Luft."

Trump, der Umweltschützer? Es hört sich wie ein schlechter Witz an. Der 45. Präsident der USA hat sein Land aus dem Pariser Klimaabkommen geführt, er hat zahlreiche Auflagen für die Industrie zum Schutz der Umwelt heruntergefahren oder abgeschafft, und er fördert fossile, umweltschädliche Energieträger. Sauberstes Wasser? Richtlinien zur Wasserverschmutzung beim umstrittenen Fracking wurden kassiert, Kohlefirmen dürfen wieder Minengeröll in Flüsse leiten. Sauberste Luft? Fracking-Firmen müssen nicht mehr berichten, wie viel Methan sie in die Atmosphäre pusten, das Verbot der Fluorkohlenwasserstoffe-Treibhausgase ist aufgehoben, Kraftwerke dürfen mehr Abgase verursachen.

Aber vielleicht ist ja doch was dran an der sauberen Luft – was allerdings weniger an Trump liegen könnte. Denn trotz seiner vollmundigen Versprechen an die Kohlekumpel geht das Grubensterben in den USA weiter, nimmt mithin die Verstromung von schmutziger Kohle ab. Die US-Energiewirtschaft ist im Umbruch begriffen – ob Trump das will oder nicht.

"Ewige Propheten des Untergangs"

"Wir müssen die ewigen Propheten des Untergangs und die Vorhersagen einer Apokalypse ablehnen", sagt Trump in Davos. "Dies ist keine Zeit für Pessimismus, dies ist eine Zeit für Optimismus." Man dürfe sich nicht von den Schwarzsehern beeinflussen lassen. Trump spricht ihre Namen nicht aus, doch es ist klar, wen er meint: die wachsende Klimabewegung und insbesondere die schwedische Aktivistin Greta Thunberg.

Wirtschaftsforscher widersprechen dem US-Präsidenten deutlich. "Herr Trump liegt hier eindeutig falsch", sagt der Direktor des Forschungs- und Prognoseinstituts der Wochenzeitung "The Economist", John Ferguson. "Wir müssen doch nur nach Australien schauen, um die verheerenden Auswirkungen des Klimawandels zu sehen. Die Wissenschaft hat uns jahrelang gesagt, dass diese Ereignisse häufiger auftreten werden und größeren Schaden anrichten werden. Je länger Personen wie Herr Trump ein Einschreiten hinauszögern, umso teurer und gefährlicher wird der Klimawandel sein."

Auch Frederik Dahlmann von der Warwick Business School in Großbritannien stimmt Thunbergs Kritik am mangelnden Fortschritt beim Klimaschutz zu: "Die Bewertung der 17 UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung, zu denen Klimawandel, Armut, Rückgang der biologischen Vielfalt, soziale Ungleichheiten, Frieden und Gerechtigkeit gehören, lässt vermuten, dass die Fortschritte im Allgemeinen langsam und ungleichmäßig sind. Unsere Welt erfordert eine starke Sammelaktion von Akteuren aus Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft, um die umfassenderen Ziele der Agenda 2030 zu erreichen", sagte Dahlmann der britischen Zeitung "The Guardian".

"Zum ersten Mal seit Jahrzehnten ist der Reichtum nicht mehr in den Händen von wenigen konzentriert. Wir (...) schaffen die inklusivste Wirtschaft, die es jemals gab."

Auch diese Behauptung ist kaum zu halten. Die Einkommensungleichheit ist in den USA im Jahr 2018 gegenüber 2017 vielmehr noch größer geworden, zeigen jüngste Zahlen der staatlichen US-Statistikbehörde aus dem "American Community Survey". Und das, obwohl das mittlere Einkommen (Median) im gleichen Zeitraum um 0,8 Prozent angestiegen ist und damit einen Rekordwert erreicht hat. Der Report sei beunruhigend, kommentiert ein Arbeitsmarkt-Experte der State University of New Jersey, William M. Rodgers. Denn er "verdeutliche die Unfähigkeit der aktuellen wirtschaftlichen Expansion – der längsten in der Geschichte – Ungleichheit zu vermindern."

Auch sonst ist nicht erkennbar, dass Trumps Politik eine Minderung sozialer Ungleichheit zum Ziel hat. Seine Steuersenkungen, die er auch in Davos ausführlich rühmt, kamen nachweislich vor allem den Reichsten der Reichen zugute. Zugleich attackiert seine Regierung beständig staatliche Förderprogramme für Schulen, für einkommensschwache Haushalte sowie für Menschen mit Behinderung.

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