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Trump und die US-Krise: Drei Gründe, warum Amerika noch hoffen kann


USA in der Krise
Drei gute Nachrichten aus Trumps Amerika

MeinungEin Kommentar von Fabian Reinbold, Washington

Aktualisiert am 08.06.2020Lesedauer: 3 Min.
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Menschen nehmen an einer Mahnwache nach dem Tod von George Floyd teil: Drei Entwicklungen versprechen Hoffnung in den USA.Vergrößern des Bildes
Menschen nehmen an einer Mahnwache nach dem Tod von George Floyd teil: Drei Entwicklungen versprechen Hoffnung in den USA. (Quelle: Stephen Maturen/getty-images-bilder)

Die USA erleben eine ihrer tiefsten Krisen. Weltweit grassiert die Sorge um die US-Demokratie. Dabei werden allerdings drei wichtige Entwicklungen übersehen.

Die USA durchleben traumatische Zeiten. Der Protest gegen Rassismus und Polizeigewalt hat Hunderte Städte erfasst. Er schüttelt eine Nation durch, die von der Corona-Krise und den wirtschaftlichen Verheerungen ohnehin arg gebeutelt ist.

Und dann sitzt an der Spitze noch ein Präsident namens Donald Trump, der nicht trösten oder versöhnen will, sondern Spaltungen vertieft und mit Militäreinsatz droht, weil er glaubt, dass es ihm persönlich hilft.

Doch das Bild, das momentan in vielen Berichten von der Lage in Amerika gezeichnet wird, ist zu negativ und zu einseitig. Wenn es heißt, das Land stehe nun vor der Militärdiktatur oder richte sich selbst zugrunde, dann ist das übertrieben. Wer so auf die USA blickt, übersieht allzu leicht mehrere Entwicklungen der vergangenen Tage, die Hoffnung machen.

1. Die Proteste sind friedlich

Ja, anfangs gab es Plünderungen und brennende Barrikaden in zahlreichen Städten – die frühen Tage des Protests gegen die Tötung George Floyds prägten das Bild der Demonstrationen, doch die Lage hat sich längst gewendet. Seit einer knappen Woche sind die Proteste weitestgehend friedlich, auch weil viele Demonstranten Krawallmacher in die Schranken wiesen und weil ein großes Aufgebot an Polizeikräften unter Verstärkung durch die Nationalgarden in Städte geschickt wurde.

In der Hauptstadt Washington, wo am letzten Maiwochenende noch Feuer vor dem Weißen Haus brannten, ist seit einer Woche ein friedfertiger Protest zu beobachten: getrieben von Zorn über die Zustände, aber nicht nur gewaltfrei, sondern in fast schon entspannter Atmosphäre. Bleibt der Protest so, wie er sich zuletzt gezeigt hat, dann werden in den USA Demokratie und Meinungsfreiheit nicht abgeschafft, wie in manchen Analysen befürchtet wird, im Gegenteil: Dann wird die Demokratie gestärkt.

2. Trump wird Einhalt geboten

Trump hatte versucht, die Demonstranten einzuschüchtern mit seinen wiederholten Drohungen, das Militär mithilfe eines "Aufruhr-Gesetzes" von 1807 im Inland gegen die Proteste einzusetzen. Die symbolträchtige Verdrängung friedlich Protestierender vor dem Weißen Haus am Pfingstmontag schien schlimmste Befürchtungen wahr werden zu lassen, die USA befänden sich auf dem Weg in den militärischen Ausnahmezustand.

Doch Trumps Drohung ist vorerst wirkungslos verpufft. Sein eigener Verteidigungsminister bügelte sein Ansinnen ab: Ein Einsatz des Militärs, sagte Mark Esper, könne nur Mittel der letzten Wahl in Notsituationen sein und eine solche Lage gebe es schlichtweg nicht. Auch viele hohe Offiziere meldeten sich zu Wort – mit Botschaften, die friedliche Proteste unterstützen. Die meisten martialischen Bilder, die man aus US-amerikanischen Städten sah, zeigten die Nationalgarden – das sind Reservisteneinheiten der Bundesstaaten, die zu zivilen Einsätzen geschult sind, anders als das Militär, das für den Kampfeinsatz ausgebildet ist. Das US-Militär hat sich innenpolitisch vom Oberbefehlshaber nicht vereinnahmen lassen – ein ermutigendes Signal für jene, die den Abbau der Demokratie fürchten.

Interessieren Sie sich für US-Politik? Washington-Korrespondent Fabian Reinbold schreibt über seine Arbeit im Weißen Haus und seine Eindrücke aus den USA unter Donald Trump einen Newsletter. die dann einmal pro Woche direkt in Ihrem Postfach landet.

3. Es gibt ein neues Bewusstsein

Das Leid der Sklaverei und ihre Folgen peinigen Amerika seit 400 Jahren, Proteste gegen die Polizeigewalt gegen Schwarze flackern seit Jahrzehnten immer wieder auf. Doch der Unterschied zu den Unruhen der Sechzigerjahre und der vergangenen Jahre ist dieser: Es gehen auch sehr viele US-Amerikaner auf die Straße, die nicht schwarz sind. In Washington ist gut die Hälfte der Demonstranten weiß – wie es ihrem Bevölkerungsanteil in der Hauptstadt entspricht.

Eine große Mehrheit der Bevölkerung sieht laut Umfragen, dass Schwarze auch 150 Jahre nach Abschaffung der Sklaverei benachteiligt und beim Umgang mit der Polizei besonderen Bedrohungen ausgesetzt sind. Und immer weniger Weiße sind gewillt, rassistisch motivierte Polizeigewalt und eine allgemeine Diskriminierung ihrer Mitbürger hinzunehmen. Diese Unterstützung weißer Amerikaner ist wichtig, weil es ohne sie keine wirklichen Reformen geben wird.

Die USA stehen an einer Wegscheide. Die Präsidentschaftswahl in fünf Monaten wird eine grundlegende Richtungsentscheidung. Nicht nur die Polizeigewalt, sondern auch die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise haben der Welt vor Augen geführt, wie verletzlich die Nation ist und wie ungerecht das Land zu vielen seiner eigenen Bürger ist.

Wie es jetzt weitergeht, ist unklar. Bleibt der Protest friedlich? Was macht Trump, der wenige Monate vor der Wahl politisch in die Defensive geraten ist, als Nächstes? Kommt es in den Städten, den Bundesstaaten und im parteipolitisch gelähmten Washington wirklich zu Reformen im Polizeiwesen?

Die USA haben in ihrer Geschichte oft Unrecht begangen, aber auch immer wieder begangenes Unrecht korrigiert. Ob das auch in diesen Monaten gelingt, steht wegen der gegenwärtigen Spaltung und eines egozentrischen Präsidenten stärker infrage als zu anderen Zeiten. Doch die vergangenen Tage bieten Zuversicht, dass eine Korrektur zumindest möglich ist.

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