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USA I Debakel für die Demokraten – Republikaner Youngkin siegt in Virginia


Wahlen in Virginia und New Jersey
Ein Debakel für die Demokraten

  • Bastian Brauns
Von Bastian Brauns, Washington

Aktualisiert am 03.11.2021Lesedauer: 4 Min.
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Terry McAuliffe: Der Demokrat unterlag bei den Gouverneurswahlen in Virginia knapp gegenüber dem Republikaner Glenn Youngkin.Vergrößern des Bildes
Terry McAuliffe: Der Demokrat unterlag bei den Gouverneurswahlen in Virginia knapp gegenüber dem Republikaner Glenn Youngkin. (Quelle: Tom Brenner/Reuters-bilder)

Im US-Bundesstaat Virginia erleben die Demokraten unter Präsident Joe Biden ihre erste schwere Niederlage bei der Gouverneurswahl. Auch in New Jersey droht ein Schock. Das kann für sie gefährlich werden.

"Wen ich unterstütze, der gewinnt." Diesen Satz sagte ein zufrieden wirkender Donald Trump, als er vor wenigen Tagen bei Foxnews ein Interview gab. Das war kurz vor der Gouverneurswahl im Bundesstaat Virginia, die für die US-Demokraten Dienstagnacht zu einem Desaster wurde.

Die Moderatorin, selbst eine Trump-Anhängerin, fragte nach, ob der Ex-Präsident denn den republikanischen Kandidaten Glenn Youngkin unterstütze. "Ich unterstütze ihn sehr", antwortete Trump. Dabei hatte er im Wahlkampf wohl kalkuliert keine gemeinsamen Auftritte mit dem Kandidaten der Republikaner veranstaltet.

Und Trump sollte recht behalten. Die Republikaner und ihr Spitzenkandidat Glenn Youngkin erzielten, nachdem zuletzt ein Kopf-an-Kopf-Rennen prognostiziert wurde, einen regelrechten Erdrutschsieg. Noch in der Nacht riefen die US-Nachrichtensender ihn mit rund 51 Prozent zum deutlichen Sieger vor Terry McAuliffe (rund 48 Prozent) aus. Ausgerechnet im Nachbarbundesstaat von Washington, wo Joe Biden im vergangenen Jahr mit zehn Prozentpunkten vor Donald Trump lag.

Ein noch größerer Schock droht im eigentlich sicher geglaubten Bundesstaat New Jersey. Hier wurde ebenfalls ein neuer Gouverneur gewählt und der Sieg könnte auch hier noch den Republikanern zufallen.

Jack Ciattarelli könnte den bisherigen demokratischen Gouverneur Phil Murphy ablösen. In der Nacht lag Ciattarelli leicht in Führung, doch es waren auch erst rund 80 Prozent der Stimmen ausgezählt. Selbst wenn die Demokraten noch aufholen können, ein derartiges Kopf-an-Kopf-Rennen mit den Republikanern hatte kaum jemand auf dem Zettel. Ein knapper Sieg wäre trotzdem ein Desaster.

Die Krise der Demokraten

Bei den Demokraten brennt spätestens jetzt das Haus. Panik macht sich breit. Dass diese Ergebnisse mehr als nur ein Warnschuss sind, das orakelte die Vizepräsidentin Kamala Harris noch vor kurzem selbst bei einem Wahlkampfauftritt für den demokratischen Spitzenkandidaten Terry McAuliffe. "Was in Virginia passiert, wird entscheidend beeinflussen, was 2022, 2024 und danach passieren wird", sagte Harris.

Sie meinte die Zwischenwahlen zum Kongress, die nächsten Präsidentschaftswahlen und letztlich das Schicksal der Nation.

Die Demokraten in Virginia, ihr Spitzenkandidat Terry McAuliffe, sowie deren Unterstützer Präsident Joe Biden, Ex-Präsident Barack Obama und Vizepräsidentin Kamala Harris gaben sich alle Mühe, den Republikaner Glenn Youngkin als Trump-Kopie zu brandmarken. “Trump steht auf dem Stimmzettel”, rief Biden noch vor wenigen Tagen von einer Wahlkampfbühne in Arlington.

Was die Niederlage der Demokraten in Virginia vor allem zeigt:

1. Trump als Feindbild mobilisiert nicht ausreichend

Es half nichts, vor Donald Trump zu warnen. Im Gegenteil. Es scheint vielmehr, als sei der Schuss geradezu nach hinten losgegangen. Noch bevor das Endergebnis feststand, verbreitete Trump dann auch feixend bereits folgende Botschaft: "Es sieht so aus, als ob Terry McAuliffes Wahlkampf gegen eine bestimmte Person namens ‘Trump’ Glenn Youngkin sehr geholfen hat", schrieb der ehemalige Präsident. "Alles, worüber McAuliffe gesprochen hat, war Trump, Trump, Trump und er hat verloren! Ich muss nicht mal für Youngkin Wahlkampf machen, weil es McAuliffe für mich gemacht hat."

Die Strategie von Glenn Youngkin und Donald Trump scheint aufgegangen zu sein. Durch eine völlig unentschiedene Abgrenzung, mit der Trump offenbar leben kann, konnte Youngkin den Anschein wahren, er trete vollkommen unabhängig von ihm an.

2. Neues Schlachtfeld: Schulen

Für künftige Wahlkämpfe scheinen die Republikaner eine neue Zielgruppe und ein neues Thema gefunden zu haben: Eltern und Schulen. Virginia war ein erfolgreiches Testfeld, um etwa gegen die antirassistische, sogenannte "Critical Race Theory" zu Felde zu ziehen, obwohl diese gar nicht unterrichtet wird.

Es ging gegen Masken- und Impfpflichten, gegen LGBTQ-Themen und generell gegen zu große Einmischung des Staates auf Lehrpläne. Die Republikaner schürten Angst bei Eltern, ihre Kinder könnten übermäßig indoktriniert werden. Glenn Youngkin erzeugte etwa Diskussionen darüber, den Roman "Beloved" der schwarzen Nobelpreisträgerin Toni Morrison (deutscher Titel: "Menschenkind") nicht mehr an Schulen lesen zu lassen, wenn Eltern dies nicht wünschen. Das Buch handelt von den physischen und psychischen Folgen der Sklaverei.

Die Demokraten und ihr Kandidat Terry McAuliffe scheinen darauf keine überzeugenden eigenen Antworten gefunden zu haben. McAuliffe vertrat die Ansicht, Eltern sollten nicht entscheiden können, was in der Schule gelehrt werde. Dies sei die Aufgabe von Bildungsexperten. Viele Eltern fühlten sich von dieser Aussage geradezu brüskiert.

3. Schlechte Umfragewerte für Joe Biden

Hinzu kam, dass das Klima für die Demokraten im ganzen Land derzeit desolat ist. Joe Bidens Zustimmungswerte sind derart im Keller, dass auch der Bundestrend auf Virginia und insbesondere auch auf New Jersey durchgeschlagen hat.

Die Demokraten bestimmen in den USA nun seit Monaten die Schlagzeilen fast ausschließlich damit, dass sie im Kongress zerstritten sind. Obwohl sie über eine Mehrheit in beiden Kammern verfügen: Progressive Abgeordnete kämpfen mit zwei moderaten Senatoren und blockieren jegliches Vorankommen bei längst versprochenen Gesetzesvorhaben.

4. Inflation und knappe Güter

Schließlich sorgte wohl auch die aktuelle wirtschaftliche Lage für Unmut bei den Wählern. Die Inflation in den Vereinigten Staaten befindet sich auf dem höchsten Stand seit 13 Jahren. Insbesondere Benzinpreise und Lebensmittelpreise sind extrem gestiegen. Die Lieferkettenprobleme sorgen zudem vielerorts für leere Ladenregale.

Wie geht es nun weiter?

Bei den Demokraten brach noch in der Nacht ein Streit um die Deutung dieser Ergebnisse aus. Wer ist schuld? Die Progressiven, weil sie zu links und zu fordernd sind? Die Moderaten, weil sie sich verhalten wie oppositionelle Republikaner?

Werden diese Diskussionen nicht bald enden, werden wohl auch weiterhin keine Gesetze verabschiedet, werden auch weiterhin keine Erfolge für die Demokraten in Sicht sein.

Lediglich an der Macht zu sein und vor den Gefahren vor einem Gegner zu warnen, der seine erneute Kandidatur noch nicht einmal offiziell gemacht hat, wird nicht ausreichen. Dafür sind die strategischen Züge der Republikaner viel zu filigran. Sie zu studieren und aus ihnen zu lernen, ist neben gelingender Gesetzgebung in Washington wohl die wichtigste Lektion.

Verwendete Quellen
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