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Bildungssystem in Deutschland: Jetzt steht eine Revolution an


Demokratie in Gefahr
Jetzt steht eine Revolution an


Aktualisiert am 13.09.2023Lesedauer: 3 Min.
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Schüler in einer Schulklasse: Möglichst früh mitentscheiden. (Quelle: Martin Möller)

Eine Kommission der Hertie-Stiftung hat einen Bericht zur Förderung von Demokratie in Schulen vorgestellt. Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt will die Vorschläge entgegennehmen: Das Schulsystem könnte vor einem Wandel stehen.

Maja Finke kommt direkt zur Sache. Sie streckt den Rücken durch, schaut zu den Journalisten und sagt: "Ich habe in meiner Schulzeit mitgenommen, dass Demokratie, die im Unterricht vermittelt wird, oft gar nicht in die private Lebensrealität genommen wird." Finke ist ehemalige Schülerin, sie sitzt an diesem Mittwochvormittag in einer Pressekonferenz der gemeinnützigen Hertie-Stiftung. Man müsse "Brücken in die Zivilgesellschaft bauen", sagt Finke noch.

Darum geht es ihr: Finke ist Teil einer Kommission, die sich im Auftrag der Hertie-Stiftung mit der Demokratiebildung an Schulen befasst hat. Nun, am Mittwochmittag, hat die Kommission ihren Bericht vorgelegt. Es ist ein dickes Papier, 76 Seiten, eng bedruckt mit Vorschlägen, wie die Demokratie in den Bildungseinrichtungen gestärkt werden soll. Die insgesamt zehnköpfige Kommission ist prominent besetzt. Die ehemalige FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg zählt ebenso dazu wie der Soziologe Armin Nassehi, der Ökonom Ludger Wößmann und die CDU-Politikerin Diana Kinnert.

Nicht mit 18 Jahren zum ersten Mal wählen

Das Ziel des Berichts erläutert FDP-Politikerin Teuteberg im Interview mit t-online so: "Die AfD steht in den Umfragen bei 20 Prozent; die Gegner unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung schlafen nicht. Demokratie zu lernen ist eine anspruchsvolle Daueraufgabe gerade von Montag bis Samstag und nicht in erster Linie ein Baustein für Sonntagsreden. Schule ist der Ort, an dem die ganze Gesellschaft in einem prägenden Alter zusammenkommt."

Darum geht es: Die Demokratie soll möglichst früh in den Schulen erlernt werden. Zum einen können die Schüler dann die politischen Prozesse in der Bundesrepublik nachvollziehen, zum anderen sollen sie lernen, dass ihre eigene Stimme einen Unterschied machen kann. Egal, ob es um das Ziel einer Klassenfahrt oder die Verwendung von schulischen Geldern geht. Damit mancher eben nicht zum ersten Mal abstimmt, wenn er mit 18 Jahren bei einer Bundestagswahl teilnimmt.

Die Kommission hat am Mittwoch einen Termin bei Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt, einem engen Vertrauten von Olaf Scholz. Denn es soll nicht bei einem Bericht bleiben, die Vorschläge könnten ihre Wirkung in der Tagespolitik entfalten.

Die Schüler sollen lernen, dass ihre Stimme einen Unterschied macht

Wer den Bericht und eine von der Hertie-Stiftung veröffentlichte Kurzfassung liest, für den zeichnet sich das Bild einer Reform, die weitreichend sein könnte. An die Länder und die Bundesregierung wird appelliert, man empfehle eine "'konzertierte Aktion Demokratiebildung' – eine übergreifende Initiative der zuständigen staatlichen Ebenen, wie sie in ähnlicher Form bei der beruflichen Orientierung in der Bildung schon einmal erfolgreich ins Leben gerufen wurde". Damit das auch eingehalten wird, will die Kommission eine Art vorgeschriebene Kontrolle einführen. Die Rede ist dabei von einem "Demokratie-Pisa".

Es sind verschiedenste Hebel, die betätigt werden sollen. Zum einen sollen Schüler mehr über ihre Lebenswirklichkeit abstimmen können. Etliche Entscheidungen werden aktuell im Alltag noch von Lehrern getroffen, obwohl es ein Leichtes wäre, auch die Schüler über einiges entscheiden zu lassen. Worüber genau abgestimmt und mögliche Gelegenheiten zur Diskussion geschaffen werden, obliegt dabei jeder Schule selbst. Wo manche über einen neuen Pausenhof abstimmen können, kann eine andere Einrichtung darüber debattieren, wie man bestimmte Räume umgestaltet. Das primäre Ziel solle sein, den Schülern zu vermitteln, dass ihre Stimme einen Unterschied macht.

Vor allem Geld soll konkret entschieden werden

Die Kommission hat dabei auch intensiv über berufliche Schulen diskutiert, die vor allem Jugendliche in der Vorbereitung auf einen Beruf besuchen: "Die Schulen begleiten die Jugendlichen in einer sensiblen Entwicklungsphase. Wirtschaft und Kammern können hier eine wichtige Rolle übernehmen."

Gegen Ende des Berichts heißt es: "Die guten alten und neuen Initiativen für eine bessere und vor allem zeitgemäße Demokratiebildung in Schulen müssen aber aufgenommen, diskutiert und vor allem umgesetzt werden. Das erfordert konzentrierte Aufmerksamkeit und entschlossenes politisches Handeln."

Vor allem eines wird es dafür brauchen: Abstimmungen über Geld. Ein "Demokratiebudget" von mindestens fünf Euro pro Schüler könne eingeführt werden, worüber Schüler und Lehrer dann gemeinsam entscheiden. Die Stadt Paris habe bereits im Jahr 2016 ähnliche Schülerbudgets für ausgewählte Projekte eingeführt (die Technik zur Aufnahme von Podcasts, Anlage eines Gemüsegartens, Roboterbausätze), die sich an aktuellen Herausforderungen orientieren. So würde nicht nur die Demokratie an der Schule gestärkt – sondern auch die Bildung.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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