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"Markus Lanz" | Ukraine-Botschafter über Putin: "Sind für ihn ein Hindernis"


"Weiß, wie es ist, Waffen in der Hand zu haben"
Ukraine-Botschafter kritisiert Scholz – und wird von Lanz belehrt

Eine TV-Kritik von Nina Jerzy

Aktualisiert am 16.02.2022Lesedauer: 4 Min.
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Dr. Andrij Melnyk in einer TV-Sendung (Archivbild): Der Botschafter der Ukraine wirbt weiter für Waffenlieferungen.Vergrößern des Bildes
Dr. Andrij Melnyk in einer TV-Sendung (Archivbild): Der Botschafter der Ukraine wirbt weiter für Waffenlieferungen. (Quelle: Eventpress/imago-images-bilder)

Die Ukraine wünscht sich Militärhilfe von Deutschland, das betont Botschafter Andrij Melnyk bei "Markus Lanz" erneut und mit Nachdruck. Doch dem Moderator reicht das nicht aus.

"Was will die Ukraine bloß mit deutschen Waffen?", fragt Lanz. Länger kämpfen und mehr Tote – "ist das Ihr Interesse?" Der Botschafter versteht die Frage nicht. Lanz legt nach: "Haben Waffen jemals etwas besser gemacht?"

Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, kritisierte den Auftritt von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Moskau. "Diese Botschaft ist gar nicht gut angekommen in Kiew", sagte er am Dienstagabend bei "Markus Lanz". Melnyk meinte damit die Aussage des Regierungschefs, ein Nato-Beitritt der Ukraine stehe in den nächsten Jahren nicht zur Debatte. "Was bleibt uns sonst?", fragte der Diplomat.

Die Gäste

  • Andrij Melnyk, ukrainischer Botschafter in Deutschland
  • Alexander Graf Lambsdorff, FDP-Fraktionsvize und Außenpolitikexperte
  • Daniela Schwarzer, Politologin der Open Society Foundations
  • Michael Bröcker, Chefredakteur der Nachrichtenseite "The Pioneer"

Mindestens 14.000 Menschen seien bislang in dem achtjährigen Krieg gestorben. Deutsche Waffen seien doch aber auch keine Lösung, belehrte ihn Lanz: "Dann würden Sie sich doch im Zweifel ein paar Tage länger einen blutigen Krieg gegen Putin liefen und hätten dann am Ende Tausende Tote mehr im Land. Ist das ernsthaft Ihr Interesse?" Melnyk versuchte Lanz zu erklären, wozu Waffen in einem Krieg gut sein können.

"Ich war selber beim Militär. Ich weiß, wie das ist, Waffen in der Hand zu haben", schien der Moderator seinen Worten Gewicht verleihen zu wollen. Dann sagte er fast vorwurfsvoll an den Botschafter gerichtet: "In Ihrem Land werden Waffen gebaut." Ja, bestätigte Melnyk, die Ukraine liefere zum Beispiel die Motoren für türkische Drohnen, die auch angekauft würden.

Und Frankreich habe Patrouillenboote geliefert. "Es wäre ja nicht so, dass es in der Ukraine einen Mangel an Waffen gibt", unterstrich Lanz. Er verstehe deshalb die hartnäckige Forderung nach deutschen Waffen nicht – "als ob Waffen jemals etwas ernsthaft besser gemacht hätten". Russland sei natürlich eindeutig der Aggressor. "Aber es ist ein sinnloser Krieg", bekräftigte Lanz.

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Lanz gegen den ukrainischen Botschafter

Dass der Moderator von "Mordgeräten" sprach, Melnyk hingegen von verzweifelter Selbstverteidigung, brachte die unterschiedlichen Positionen wohl ganz gut auf den Punkt. Der Botschafter betonte, dass deutsche militärische Unterstützung, etwa in Form von Luftabwehrraketen, durchaus etwas bewirken könne. Wichtig wäre aber auch die Symbolkraft. "Es geht darum, dass man auch ein bisschen Solidarität demonstriert, nicht nur schöne Worte. Es geht darum, dass, wenn jemand in ihr Haus eindringt, man in der Lage ist, sich zu schützen." Er warf dem russischen Präsidenten vor, unter "Wahnvorstellungen" zu leiden: "Wir sind für ihn ein Hindernis, um an der Macht zu bleiben."

Melnyk verteidigte seine wiederholten öffentlichen Forderungen an Deutschland. Die Menschen müssten sensibilisiert werden, dass es tatsächlich in Europa zu einem Krieg kommen könnte: "Wir sind die Stimme eines Schreienden in der Wüste, um darauf hinzuweisen: Es ist sehr ernst." Den Lanz-Vorschlag, dass die Ukraine ihr Streben nach einer Nato-Mitgliedschaft aufgibt und sich ähnlich wie Finnland politischer Neutralität verschreibt, wies der Botschafter zurück. "Wir waren neutral, die Ukraine war ein bündnisfreier Staat, als die Krim okkupiert wurde. Das hat uns nicht verschont."

Die Politologin Daniela Schwarzer unterstützte die Forderung der Ukraine nach deutschen Waffen. Diese könnten sicherlich die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine erhöhen und zudem Moskau signalisieren, was der politische Preis eines Angriffs wäre. Hier sah die politische Beobachterin jedoch durch den Scholz-Besuch in Moskau einen wichtigen Schritt nach vorn getan. "Der Appell an die Vernunft kam zum richtigen Zeitpunkt", fand die Direktorin für Europa und Eurasien der Open Society Foundations, einer Gruppe politischer Stiftungen des US-Milliardärs George Soros.

Ein neuer Olaf Scholz?

"So kennen wir den Kanzler bislang nicht", sagte der FDP-Außenexperte Alexander Graf Lambsdorff über die Spitze des Bundeskanzlers, er und womöglich auch Putin seien längst nicht mehr im Amt, wenn die Nato-Mitgliedschaft der Ukraine ein echtes Thema werde. "Was Scholz da gemacht hat, war ein diplomatischer Grenzbereich", urteilte der Liberale über den lockeren Seitenhieb des Kanzlers. Der habe aber damit das richtige Signal gesendet. Lob kam ebenfalls vom Journalisten Michael Bröcker. "Seine beste Szene bislang als Kanzler", urteilte er über den Aufruf von Scholz an die Verantwortlichen, ihre "verdammte Pflicht" zu tun und eine Eskalation zu verhindern.

Dass Russland angeblich Truppen von der ukrainischen Grenze abgezogen hat, bezeichnete der Botschafter als "vermutlich ein Geschenk an den neuen Bundeskanzler". "Es ist kein schlechtes Signal der Entspannung", meinte Melnyk – warnte aber, es könne sich auch um ein "Hütchenspiel mit Truppen" handeln. Im Ernstfall könne Moskau ganz schnell handeln: "Der Krieg ist noch lange nicht gebannt. Das wird auch ein Blitzkrieg sein." "Es ist viel zu früh", meinte auch Lambsdorff. Für ihn war der Antrittsbesuch von Scholz in Moskau aber ein Etappenerfolg: "Solange wir reden, wird nicht geschossen. Das ist die Hoffnung."

Verwendete Quellen
  • "Markus Lanz" vom 15. Februar 2022
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