Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Rechtsextremes Magazin Bundesverwaltungsgericht kippt "Compact"-Verbot

Das rechtsextreme "Compact"-Magazin darf weiterarbeiten. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig kippt eine Verbotsverfügung des Innenministeriums.
Das Bundesinnenministerium durfte das rechtsextreme "Compact"-Magazin nicht verbieten – das hat nun das Bundesverwaltungsgericht entschieden und die Verbotsverfügung aus dem Juli 2024 endgültig gekippt. Magazin und YouTube-Kanal können also weiterbetrieben werden. Das Verfahren wurde eingestellt, der Bescheid des Bundesinnenministeriums aufgehoben. Die Vereinigung erfüllt nicht sämtliche Voraussetzungen des Verbots, sagte der Vorsitzende Richter Ingo Kraft.
- Kommentar zu Nancy Faeser: Als Ministerin gescheitert
Die Entscheidung, die Kraft am Dienstag verkündete, gilt als Rückschlag für die frühere Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Sie hatte das Firmengeflecht hinter den Medien als eine Vereinigung nach dem Vereinsrecht verbieten lassen. Begründung war, dass das Handeln gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet und das Magazin dabei Sprachrohr für verfassungsfeindliche Ziele sei.
Richter Kraft erklärte: "Das Grundgesetz garantiert auch Feinden der Demokratie Meinungs- und Vereinigungsfreiheit." Deshalb sei ein Vereinsverbot mit Blick auf Verhältnismäßigkeit nur gerechtfertigt, wenn sich verfassungsfeindliche Haltungen als prägend erweisen. In der Gesamtheit sei das jedoch noch nicht erreicht. "Eine Vielzahl der Äußerungen lässt sich als überspitzte, aber zulässige Kritik an der Migrationspolitik verstehen."
Hausdurchsuchungen bei "Compact"-Chef Elsässer und Mitarbeitern
Vom Chefredakteur Elsässer gab es in der Vergangenheit etwa die Aussage, er und seine Kollegen machten "keine Zeitung, indem wir (…) irgendwelche Texte wie eine Laubsägearbeit auf den Markt bringen. Sondern das Ziel ist der Sturz des Regimes."
Einhergehend mit dem Verbot hatte es damals bei Elsässer, der Hauptgesellschafter und Chef der Compact-Magazin GmbH ist, und bei seinen Mitarbeitern Hausdurchsuchungen gegeben. Büromöbel und Technik waren beschlagnahmt worden.
Das Inventar war nach einer früheren Eilentscheidung bereits zurückgegeben worden. Drei der fünf Richter, die die am Dienstag verkündete Entscheidung trafen, hatten im August 2024 den Vollzug des Verbots ausgesetzt bis zur Entscheidung in der Hauptsache. Das Gericht hatte damals vor allem Zweifel an der Verhältnismäßigkeit, zugleich aber erklärt, der Ausgang im Hauptverfahren sei offen.
Elsässer: Gerichtsurteil hilft auch der AfD
Elsässer dankte nach dem Gerichtsurteil am Dienstag den Richtern dafür, dass sie "der entfesselten Exekutive etwas entgegensetzten". Unmittelbar werde auch die AfD profitieren: "Wenn es unmöglich war, Compact zu verbieten, ist es auch unmöglich, AfD zu verbieten." Anfang Mai hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz die Partei als "gesichert rechtsextremistisch" eingestuft, nach einer Klage der AfD die Einstufung jedoch wieder ausgesetzt. Seit Jahren läuft eine Debatte über ein AfD-Verbot, die durch die Einstufung nochmals an Fahrt aufnahm.
Elsässers Anwalt Laurens Nothdurft erklärte im Anschluss an den Prozess, dass es sich um einen "Präzedenzfall" handele: "Ein kritisches Medium lässt sich künftig nicht mehr durch einen Federstreich einer Ministerin beseitigen."
Der "Compact"-Chef stellte derweil eine Schadensersatzklage in Aussicht, da dem Magazin durch das vorübergehende Verbot ein Schaden entstanden sei. Elsässer räumte jedoch auch ein: "Es war aber natürlich für uns auch eine Werbemaßnahme von Frau Faeser."
Nach dem Urteil bezeichnete Elsässer sich und "Compact" als "Bundesregierungsbesieger". Vor versammelten Medienvertretern zeigte er zudem ein T-Shirt mit einem entsprechenden Aufdruck und dem Logo des rechtsextremen Magazins.
Innenministerium kann keine Rechtsmittel einlegen
Fraglich war in dem "Compact"-Prozess unter anderem, ob das Vereinsrecht, das ein Verbot auch von wirtschaftlichen Unternehmen wie einer GmbH zulässt, gar nicht genutzt werden kann, wenn im Ergebnis ein Presseerzeugnis verboten wird. Der Punkt ist grundsätzlicher: Während die Pressegesetze der Länder keine gesetzliche Grundlage für ein Verbot bieten und der Bund nicht für Medien zuständig ist, verfügt dieser aber über das Instrument des Vereinsgesetzes.
In Schriftsätzen und bei den beiden Hauptverhandlungsterminen hatte das Ehepaar Elsässer einzelne Aussagen als "PR" heruntergespielt. Das Magazin habe sich überhöht. Dieser Linie blieb Elsässer im Vorfeld der Leipziger Entscheidung treu. So schrieb er am Montag auf der "Compact"-Seite, der Dienstag sei der entscheidende Tag in der Geschichte des Magazins – "und in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland".
Das Innenministerium hat keine Rechtsmittel gegen die Entscheidung. Elsässer wollte sich im Fall einer Niederlage an das Bundesverfassungsgericht wenden. Diese Möglichkeit hat das Ministerium nicht, weil der Staat keine Verletzung seiner Grundrechte geltend machen kann.
Teilen Sie Ihre Meinung mit
Wie bewerten Sie die Entscheidung des Gerichts? Schreiben Sie eine E-Mail an Lesermeinung@stroeer.de. Bitte nutzen Sie den Betreff "Compact" und begründen Sie.
- Eigene Beobachtungen vor Ort