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Ukraine-Krieg: Angriff auf Putins letzten Goldesel und Handelspartner


Trump-Ultimatum
Angriff auf Putins letzten Goldesel


05.08.2025 - 17:18 UhrLesedauer: 4 Min.
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Kremlchef Wladimir Putin: Macht Trump Ernst mit Sanktionen gegen Käufer russischen Öls? (Quelle: IMAGO/Sergei Bulkin/imago)
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Die USA wollen Russlands Öleinnahmen treffen – und machen Druck auf Moskaus Handelspartner. Doch das ist nicht die einzige Gefahr für Putins Kriegskasse.

Es wäre keine große Überraschung, wenn US-Präsident Donald Trump bis Freitag einen Rückzieher macht und doch keine neuen Sanktionen gegen Russland verhängt. Schon mehrfach hatte Trump dem Kreml mit Strafen gedroht, nur um die Entscheidung darüber im letzten Moment wieder zu vertagen. Doch zuletzt verdichteten sich die Hinweise, dass es für Putins Kriegskasse nun wirklich eng werden könnte – nicht nur wegen der Drohungen aus Washington.

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Anfang Juli hatte Trump Russland ein 50-tägiges Ultimatum gestellt, um sich auf ein Friedensabkommen mit der Ukraine zu einigen. Nach mehreren verheerenden russischen Angriffen auf ukrainische Städte verkürzte Trump die Frist zuletzt auf den 8. August. Seine Drohung richtet sich dieses Mal nicht direkt gegen den Kreml, sondern gegen die größten Abnehmerländer russischen Öls.

Trump schießt sich auf Indien ein

So droht Trump Handelspartnern Russlands mit Strafzöllen von 100 Prozent, sollten sie weiter Geschäfte mit Moskau machen. In dieselbe Richtung geht bereits ein Gesetzentwurf im US-Senat, der Strafzölle von bis zu 500 Prozent für Länder vorsieht, die weiterhin russisches Öl kaufen. Zuletzt war Trump immer mehr auf die Linie des Senats eingeschwenkt, auch wenn offen ist, ob das von Republikanern und Demokraten getragene Sanktionspaket jemals umgesetzt wird. Jetzt hat sich Trump besonders auf einen Handelspartner Russlands eingeschossen: Indien.

Das mit 1,45 Milliarden Einwohnern bevölkerungsreichste Land der Erde ist nach China der größte Abnehmer für Öl aus Russland: 35 Prozent seines Bedarfs deckt Indien mit Einfuhren aus Russland. Vor dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 lag der Anteil bei gerade 2,5 Prozent. Dabei hat Indien die Importe durchaus mit Billigung des Westens hochgefahren: In Europa und den USA befürchtete man negative Auswirkungen auf die Weltwirtschaft, falls russisches Öl gar nicht mehr auf den Weltmarkt gelangen und die Ölpreise infolgedessen stark steigen sollten. Doch diese Sorge scheint inzwischen nachrangig.

Indien wehrt sich gegen Trumps Vorwürfe

Vorige Woche drohte Trump der Regierung in Neu-Delhi erstmals mit Zöllen in Höhe von 25 Prozent, sollte das Land weiter russisches Öl kaufen. Am Montag macht Trump Indien erneut Vorwürfe: "Es ist ihnen egal, wie viele Menschen in der Ukraine durch die russische Kriegsmaschinerie getötet werden", sagte der US-Präsident und schraubte seine Zolldrohung noch in die Höhe. Im Raum steht nun die Drohung von rund 100 Prozent Zöllen.

Indien wies die Kritik aus den USA am Montag als "ungerechtfertigt und unvernünftig" zurück. Wie jede große Volkswirtschaft werde man alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um seine nationalen Interessen und seine wirtschaftliche Sicherheit zu schützen, sagte ein Sprecher des Außenministeriums. Doch die vier staatlich kontrollierten indischen Raffinerien haben die Käufe russischen Öls vorige Woche bereits eingestellt und sich nach alternativen Quellen auf dem Weltmarkt umgeschaut. Ob sich Indien tatsächlich vom russischen Öl abbringen lässt, dürfte aber frühestens am Freitag abzusehen sein.

Für Putin ist der Ölverkauf überlebenswichtig

Aus Sicht des Kreml dürfte die Entwicklung dennoch bedrohlich sein. Das Ölgeschäft ist der letzte große Devisenbringer für den russischen Staatshaushalt, nachdem die Einnahmen durch Gas und Kohle bereits deutlich zurückgegangen sind. Selbst wenn sich Indien dem Druck aus den USA nur teilweise beugt und seine Ölimporte aus Russland nicht gänzlich stoppt, dürfte sich der Einnahmeverlust im Moskauer Finanzministerium bemerkbar machen. In dem Fall dürfte Russland aber versuchen, mehr Öl nach China, in die Türkei oder Brasilien zu verkaufen – seine anderen großen Abnehmer.

Die US-Regierung dürfte sich auch deshalb auf Indien konzentrieren, weil sie sich von Sanktionsdrohungen gegen Neu-Delhi die größte Wirkung erhofft. So hat China die jüngsten Forderungen aus den USA bereits zurückgewiesen und angekündigt, weiterhin Öl aus Russland zu beziehen. Indien dagegen ist ein strategischer Partner Washingtons, auch im Ringen mit dem mächtigen Nachbarn China. Der Einfluss der USA auf die indische Politik ist daher ungleich größer als auf China oder die Türkei.

Indien hat sich Trump schon einmal gebeugt

Schon in Trumps erster Amtszeit beugte sich Indien dem Druck aus Washington und stoppte seine Ölimporte aus Venezuela und dem Iran. Die Erwartung, dass Indien auch dieses Mal der Linie Washingtons folgt, ist daher nicht abwegig. Zumal Indien im Streit mit den USA weniger Druckmittel hat als Washingtons strategischer Nato-Partner Türkei oder China, das mit den Exportbeschränkungen für Seltene Erden den Spieß im Handelsstreit mit den USA umgedreht hat.

Dass die neuen Sanktionsdrohungen aus den USA Moskau nicht kaltlassen, zeigen die jüngsten Äußerungen von Kremlsprecher Dmitri Peskow. Dieser bezeichnete die Drohungen gegen Indien am Dienstag als illegal: "Wir hören viele Aussagen, die praktisch nichts anderes sind als Drohungen und Versuche, Länder zu zwingen, den Handel mit Russland einzustellen", sagte Peskow bei einer Pressekonferenz. Dies sei nicht hinnehmbar. "Wir glauben, dass souveräne Länder das Recht haben, ihre Handelspartner selbst zu wählen", fügte er hinzu. Nach Gleichgültigkeit klingt das nicht.

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Ukraine greift wieder russische Raffinerien an

Dabei sind die Sanktionsdrohungen der USA nicht das einzige Problem für Russlands Ölwirtschaft. Seit Ende Juli greifen die Ukrainer wieder gezielt russische Öldepots und Raffinerien an. Als besonders folgenreich erwiesen sich zwei Angriffe auf Raffinerien in Nowokuibyschewsk und Rjasan, die zu den größten in Russland gehören.

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Nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters ist die Treibstoffproduktion in Nowokuibyschewsk nach dem ukrainischen Angriff komplett zum Erliegen gekommen. Die Anlage in Rjasan kann demnach nur noch mit halber Kapazität arbeiten. In Russland haben die Angriffe schon zu deutlich höheren Spritpreisen an den Tankstellen geführt. Für das Regime in Moskau ist diese Entwicklung nicht ungefährlich, da günstiger Sprit zu den wenigen Vorzügen gehört, die der Staat seinen Bürgern gewährt.

Schon Anfang 2024 setzten ukrainische Kamikazedrohnen fast täglich russische Ölanlagen in Brand. Im März vergangenen Jahres intervenierte dann aber die US-Regierung unter dem damaligen Präsidenten Joe Biden und drängte Kiew zu einem Ende der Angriffe – offenbar aus Sorge, dass diese weltweit die Benzinpreise in die Höhe treiben und Bidens Wahlchancen im November 2024 gefährden könnten.

Diese Sorge hat der amtierende US-Präsident offenbar nicht. Doch bislang hat Russland noch jede Herausforderung für die eigene Wirtschaft meistern können. Daher bleibt abzuwarten, ob neue Sanktionen und ukrainische Angriffe die russische Kriegsmaschinerie wirklich aufhalten können.

Verwendete Quellen

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