Fall Anis Amri Ermittlungen gegen LKA-Beamte eingestellt

Ein Verfahren gegen zwei Beamte, die mit Anis Amri, dem Attentäter vom Breitscheid-Platz, zu tun hatten, wurde eingestellt. Ihnen konnte Aktenfälschung nicht nachgewiesen werden.
Im Fall des Vorwurfs einer nachträglichen Manipulation der Verfahrensakten zum späteren Breitscheidplatz-Attentäter Anis Amri hat die Staatsanwaltschaft Berlin ihre Ermittlungen gegen zwei Beamte des Landeskriminalamts (LKA) eingestellt. Der für eine Anklageerhebung erforderliche hinreichende Tatverdacht könne nicht nachgewiesen werden, teilte die Behörde am Mittwoch mit. Die Erklärungen des beschuldigten Sachbearbeiters L. zu bestimmten "Auffälligkeiten" konnten demnach nicht widerlegt werden.
Im Frühjahr nach dem Anschlag vom 19. Dezember 2016 auf den Berliner Weihnachtsmarkt hatte der vom Berliner Senat bestellte Sonderermittler Bruno Jost Widersprüche in den LKA-Unterlagen festgestellt. Daraufhin wurden ein Ermittlungsverfahren gegen den für den als Gefährder bekannten Amri zuständigen Sachbearbeiter L. und dessen Vorgesetzten O. eingeleitet.
Vorwurf: Aktenmanipulation, um von eigenen Fehlern abzulenken
Der Vorwurf lautete, L. solle nach dem Attentat mit zwölf Toten und mehr als 70 Verletzten Erkenntnisse über Amris Drogenhandel kleingeschrieben haben, möglicherweise um von eigenen Versäumnissen abzulenken. L. sollte schon seit Mitte August der Staatsanwaltschaft eine Strafanzeige zu Amris Drogenhandel übermitteln. Tatsächlich verfasste L.s Mitarbeiterin die Anzeige erst im Herbst. Bei L. lag der Vorgang unabgeschlossen seit dem 1. November.
Die aus Amris Überwachung gewonnenen Erkenntnisse zu seinem gewerbs- und bandenmäßigen Drogenhandel hätten nach Auffassung des früheren Bundesanwalts Jost für eine vorübergehende Festnahme reichen können. Genau diese verpasste Chance wollten die Beschuldigten L. und O. womöglich verschleiern, als L. nach dem Attentat Daten löschte und die Erkenntnisse zu Amris Drogenhandel zu "Kleinsthandel" umschrieb. Dieser Vorwurf hätte nämlich keine Festnahme gerechtfertigt.
Vorwuf der Fälschung entkräftete sich
Die zwei gegen O. und L. gemeinschaftlich ermittelnden Staatsanwälte konnten aber weder den Vorwurf der versuchten Strafvereitelung noch den Vorwurf der Fälschung beweiserheblicher Daten hinreichend nachweisen. Mit der Änderung der Unterlagen konnte demnach weder die Bestrafung des schon toten Amris verhindert werden, noch wäre Amris nachträglich aus den Unterlagen gelöschter Geschäftspartner zwingend früher bestraft worden.
L. will zudem bei der Übergabe der nachträglich veränderten Drogenhandelsvorwürfe den für Drogendelikte zuständigen Staatsanwalt mündlich auf noch fehlende Informationen hingewiesen haben. Das bestreitet die Staatsanwaltschaft, aber L. konnte nicht widerlegt werden. Dass L. diese Informationen auch später nicht wieder nachtrug, erklärte laut Staatsanwaltschaft mit seiner hohen Arbeitsbelastung. Die LKA-Staatsschutzabteilung war vor dem Attentat über Jahre unterbesetzt.
Amri hätte nicht so leicht aus dem Verkehr gezogen werden können
Die Staatsanwaltschaft erklärte ferner, selbst eine rechtzeitige Erstellung der Strafanzeige gegen Amri wegen gewerbs- und bandenmäßigen Drogenhandels hätte keinesfalls zwingend zu einem Haftbefehl geführt. Und selbst bei Erstellung eines Haftbefehls sei nicht sicher, dass die Polizei Amri rechtzeitig hätte festnehmen können. Es wird erwartet, dass die beiden Beschuldigten nach Einstellung der Ermittlungen demnächst vor den Ermittlungsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses geladen werden.
- AFP