Klingbeil-Nachfolger Miersch zum SPD-Fraktionschef gewählt

Matthias Miersch ist wie geplant zum SPD-Fraktionschef gewählt worden. Sein bisheriges Amt als Generalsekretär will er abgeben.
Der bisherige SPD-Generalsekretär Matthias Miersch ist neuer Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion. Der 56 Jahre alte SPD-Linke wurde am Vormittag gewählt. Zuerst berichtete die Deutsche-Presse-Agentur. Nach t-online-Informationen entfielen auf Miersch 83,2 Prozent der Stimmen.
Bei der Wahl erhielt der Niedersachse 99 von 119 abgegebenen Stimmen, 18 Abgeordnete stimmten mit Nein, 2 enthielten sich. Damit fuhr Miersch ein etwas schlechteres Ergebnis ein als sein Vorgänger ein.
Er löst SPD-Chef Lars Klingbeil ab, der nun das Amt des Bundesfinanzministers in der neuen schwarz-roten Regierungskoalition innehat.
Miersch muss mit Spahn verhandeln
Im Zusammenspiel der neuen Koalition dürften die Fraktionschefs Schlüsselpositionen einnehmen. Nicht nur wird Miersch sich bemühen, dem Vizekanzler in den nächsten Jahren die Rückendeckung der SPD-Fraktion zu sichern. Er wolle die sozialdemokratische Handschrift des Koalitionsvertrags mit Leben füllen und in gute, gerechte Gesetzgebung übersetzen, sagte der Niedersachse.
Miersch wird auch viele der Themen mit Unionsfraktionschef Jens Spahn aushandeln müssen, die im Koalitionsvertrag bewusst offengehalten wurden. In der deutschen Parlamentsgeschichte gab es bereits geradezu legendäre Gespanne wie Volker Kauder (CDU) und Peter Struck (SPD), die unter Kanzlerin Merkel die Koalition stabil hielten und darüber sogar Freunde wurden. Spahn wird in der SPD-Fraktion allerdings durchaus kritisch gesehen, spätestens seit seinem umstrittenen Vorstoß, mit der AfD bei organisatorischen Fragen im Bundestag so umzugehen wie mit anderen Oppositionsparteien.
Sein Parteiamt gibt er ab
Sein Amt als Generalsekretär der Partei will Miersch abgeben – zwar nicht sofort, aber spätestens zum Parteitag Ende Juni. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Parteizentrale, dem Willy-Brandt-Haus, versicherte Miersch in einem Brief, er werde die wichtigsten Aufgaben weiterhin wahrnehmen – "bis meine Nachfolge geregelt ist".
Als Generalsekretär ist der 56-Jährige auch mit dafür verantwortlich, wie die SPD ihre desaströse Niederlage bei der Bundestagswahl aufarbeitet. Die Parteispitze soll Ende Juni auf einem Parteitag gewählt werden. Es wird erwartet, dass Klingbeil erneut als Vorsitzender kandidiert. Die Zukunft von Co-Parteichefin Saskia Esken dagegen ist offen.
Jahrelang Anführer des linken SPD-Flügels
Miersch ist einer der bekanntesten SPD-Linken. Jahrelang war er einer der Sprecher des linken Flügels der SPD-Bundestagsfraktion, bis er im Oktober 2024 nach dem überraschenden Rücktritt von Kevin Kühnert Generalsekretär wurde.
Miersch ist Rechtsanwalt, hat aber politisch bisher hauptsächlich in den Bereichen Umwelt- und Klimaschutz gearbeitet. Unter anderem war er als stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion von 2017 bis 2024 für diese Themen verantwortlich. In der Ampel-Regierung verhandelte er das umstrittene Heizungsgesetz mit Grünen und FDP und sammelte Ideen seiner Partei für eine bessere Industriepolitik zur Rettung von Arbeitsplätzen und für günstigen Industriestrom.
Miersch hat bereits in den vergangenen Jahren keinen Hehl daraus gemacht, dass er gerne Fraktionschef wäre, konnte sich bislang jedoch nicht durchsetzen. In der Fraktion wird er allerdings flügelübergreifend geschätzt.
Auch weitere Mitglieder der Fraktionsspitze wurden neu gewählt: Der bisherige Fraktionsvize Dirk Wiese ist nun neuer Erster Parlamentarischer Geschäftsführer. Wiese erhielt laut den Fraktionsangaben 82,5 Prozent der abgegebenen Stimmen.
Als weitere parlamentarische Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer wurden Derya Türk-Nachbaur, Marja-Liisa Völlers und Johannes Fechner nominiert, Fechner zudem als Justiziar. Auch die Posten für die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden werden neu vergeben. Diese Wahlen stehen noch aus.
- Nachrichtenagentur dpa