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Corona-Notfallplan: Wie schützen Pflegeheime ihre Senioren?


Besondere Risikogruppe
Notfallplan: Wie sich Alten- und Pflegeheime jetzt schützen


13.03.2020Lesedauer: 4 Min.
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Bayern zieht Konsequenzen: Der Freistaat hat es Angehörigen weitgehend untersagt, Alten- und Pflegeheime zu besuchen.Vergrößern des Bildes
Bayern zieht Konsequenzen: Der Freistaat hat es Angehörigen weitgehend untersagt, Alten- und Pflegeheime zu besuchen. (Quelle: Tom Weller/dpa)

Besonders ältere Menschen haben ein höheres Risiko am Coronavirus zu erkranken. t-online.de hat bei Trägern und Einrichtungen nachgefragt, wie sich Deutschland darauf einstellt. Die Caritas hat eine wichtige Forderung an die Politik.

Die Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus betrifft derzeit besonders ältere Menschen. Wie das Robert Koch-Institut (RKI) mitteilt, ist das Risiko einer schweren Erkrankung ab einem Alter von 50 Jahren höher. Insbesondere ältere Menschen können, bedingt durch das weniger gut reagierende Immunsystem, nach einer Infektion schwerer erkranken. Da unspezifische Krankheitssymptome wie Fieber die Antwort des Immunsystems auf eine Infektion sind, können diese im Alter schwächer ausfallen oder fehlen. Dadurch gehen Erkrankte dann auch erst später zum Arzt.

Aber wie sieht die Situation in der ambulanten und stationären Pflege aus? Besonders wichtig ist derzeit, das Risiko einer Infektion zu mindern. Deshalb hat der Freistaat Bayern Angehörigen den Besuch in Alten- und Pflegeheimen untersagt. Zuvor hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel gesagt, dass "wo immer es möglich ist, auf Sozialkontakte verzichtet werden" soll.

Das RKI hat für die Situation in Alters- und Pflegeheimen Verhaltensregeln veröffentlicht. Die wichtigsten Punkte:

  • Beim Auftreten von Atemwegserkrankungen oder fieberhaften Erkrankungen sollte eine Abklärung auf SARS-CoV-2 erwogen werden.
  • Mitarbeiter und Besucher mit akuten Atemwegserkrankungen sollten zu Hause bleiben.
  • Erkrankte Bewohner mit Atemwegserkrankungen oder fieberhaften Erkrankungen sollten nach Möglichkeit isoliert werden.
  • Wenn sie ihren Wohnbereich verlassen müssen, sollten sie einen Mund-Nasenschutz aufsetzen (sofern tolerierbar).
  • Hände-Desinfektionsmittel und Einmaltaschentücher sollten in allen Bereichen, auch den Wohnbereichen der Bewohner, bereitgestellt werden.
  • In der Pflege von Erkrankten mit Fieber- oder Atemwegserkrankungen sollte entsprechende Schutzausrüstung verwendet werden.
  • Schutzausrüstung und Hinweise zu deren Benutzung sollten unmittelbar vor den Wohnbereichen platziert werden.
  • Mülleimer zur Entsorgung von Einmalartikeln sollten im Innenbereich vor der Tür aufgestellt werden.
  • Bei Transfer in eine Einrichtung sollte eine Vorab-Information bezüglich Atemwegserkrankung oder einer COVID-19 verdächtigen Erkrankung erfolgen.

An diese Vorgaben halten sich viele große Träger, die Pflegeheime unterhalten. Der Bundesverband des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) teilte mit, er orientiere sich bei einer Gefährdungslage älterer Menschen an die Vorgaben. Meist sind es Kreisverbände des DRK, die als Träger von Pflegeeinrichtungen mit der aktuellen Lage umgehen. Zur Unterstützung der Mitgliedsverbände würde eine bedarfsbezogene Handreichung erarbeitet, teilte Katharina Puche, Sprecherin des DRK Bundesverbands, mit. Auch der Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland arbeite mit den Vorgaben des RKI. "Im Vordergrund stehen dabei Maßnahmen, die die Einhaltung der Hygienevorschriften sicherstellen", erklärte Alexandra Valentino, Sprecherin des ASB, t-online.de. Auch Mitarbeiter würden geschult, im Hinblick auf Übertragung, Ansteckungsgefahren und Symptome des Coronavirus. Jede Einrichtung habe zudem einen betrieblichen Pandemieplan, der an die Gegebenheiten in der jeweiligen Einrichtung angepasst werde, heißt es vom ASB.

Bereich ambulante Pflege spielt große Rolle

Die Caritas betreibt in Deutschland etwa 2.900 Einrichtungen der Altenhilfe, mit über 130.000 Betten. "Für uns spielt auch der Bereich ambulante Pflege, der in der aktuellen Diskussion oft ein bisschen außen vor gelassen wird, eine große Rolle", erklärte die Sprecherin der Caritas, Mathilde Langendorf auf Nachfrage t-online.de. Der Verband sei dezentral organisiert und die einzelnen Träger der Einrichtungen seien rechtlich unabhängig und würden auch so agieren. "Deshalb können die getroffenen Maßnahmen vor Ort je nach Einschätzung der Risikolage unterschiedlich sein", so Langendorf. Es gebe allerdings einige Punkte, die auch verbandsübergreifend zutreffen würden.

Kostenlose Zimmertelefone statt Besuche

Pflegeheime hätten immer mal wieder mit Viren zu kämpfen, teilt die Caritas mit. Noroviren, die zu Erbrechen und Durchfall führen können, würden ebenfalls in den Einrichtungen besondere Schutzmaßnahmen erfordern. "Das Personal hat Übung darin, die nötigen Barrieren zu errichten", so Langendorf. Auch die Caritas versuche, Besucherzahlen so gut es geht einzudämmen. "Der Caritasverband in Berlin hat zum Beispiel die Zimmertelefone in seinen Krankenhäusern freigeschaltet, so dass Patienten jetzt kostenfrei damit telefonieren können – anstatt Besuch zu empfangen", erklärt die Caritas-Sprecherin.

Ausreichender Schutz des Personals wichtig

Neben dem Schutz der Senioren spiele auch der Schutz des Pflegepersonals eine große Rolle. Auch sie können infiziert sein und als direkte Kontaktperson Viren übertragen. "Gerade im ambulanten Bereich ist das ein Thema, denn gerade in der häuslichen Situation sind die Pflegebedürftigen möglicherweise mit symptomlos infizierten Personen in Berührung kommen. Das heißt nicht, dass die ambulanten Dienste diese Hausbesuche nicht mehr machen – aber es erfordert, dass sich die Pflegenden gut schützen, unter anderem mit Schutzmasken wie im OP", erklärt Mathilde Langendorf.

Die Caritas habe allerdings auch einen ganz klaren Appell an die politischen Entscheidungsträger: Die Ausstattung mit Schutzkitteln und entsprechenden Schutzmasken muss verbessert werden. Neben den Krankenhäusern und den niedergelassenen Ärzten müssen auch die Pflegeeinrichtungen ausreichend ausgestattet werden. Im Moment sei das nicht der Fall. Das sei auch wichtig, um "die Arbeitsfähigkeit der Pflegekräfte aufrecht zu erhalten", sagt die Sprecherin der Caritas.

In Hamburg reagieren einige Einrichtungen auf die drohende Ausbreitung des Coronaviruses bereits mit der gleichen Maßnahme, wie sie in Bayern schon Vorschrift ist. "Wir schränken Besuche komplett ein und verzichten auf Veranstaltungen", sagt Thomas Fischer, Einrichtungsleiter bei Dorea Familie in Hamburg-Rahlstedt, t-online.de. Die Einrichtung stehe in engem Kontakt mit den Angehörigen. Außerdem seien die Hygienemaßnahmen verschärft worden. Dazu gehöre die Anpassung von internen Abläufen. Mehrmals täglich würden nun auch Handgriffe und Türklinken desinfiziert werden.

Manche Hygieneregeln in Einrichtungen leichter umsetzbar

Der Bundesverband der Arbeiter Wohlfahrt (AWO) sagte gegenüber t-online.de, dass es grundsätzlich Regeln und Notfallpläne zum Thema Infektionsschutz und Hygiene gebe, die nun an das Coronavirus angepasst werden. "Die Anpassungen der Maßnahmen beziehen sich beispielsweise auf die Inkubationszeit des Coronaviruses, das sich von anderen Infektionskrankheiten unterscheidet", sagte ein AWO-Sprecher. Man dürfe in der Debatte um die Sicherheit von älteren Menschen aber nicht vergessen: Ältere, pflegebedürftige Menschen würden immer eine besondere Risikogruppe hinsichtlich Infektionskrankheiten darstellen. Deshalb seien Pflegeeinrichtungen diesbezüglich auch sensibilisiert und geschult. "Tatsächlich lassen sich manche Rahmenbedingen des Infektionsschutzes in Pflegeeinrichtungen leichter umsetzen und kontrollieren als bei allein lebenden älteren Menschen zuhause", sagte er. Das sei auch der Grund, weshalb Menschen im Pflegeheim zwar gefährdet, aber nicht stärker gefährdet seien, als die vergleichbare Gruppe älterer Menschen zuhause.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Robert Koch-Institut: Empfohlene Infektionsschutzmaßnahmen und Ziele
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