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NSU-Prozess: Gericht legt schriftliches Urteil gegen Beate Zschäpe vor


NSU-Prozess
3.025 Seiten: Gericht legt schriftliches Urteil gegen Zschäpe vor

Von afp
Aktualisiert am 21.04.2020Lesedauer: 3 Min.
Beate Zschäpe: Die Rechtsterroristin ist zu lebenslanger Haft verurteilt worden.Vergrößern des BildesBeate Zschäpe: Die Rechtsterroristin ist zu lebenslanger Haft verurteilt worden. (Quelle: Sebastian Widmann/imago-images-bilder)
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Gerade noch rechtzeitig: Die schriftliche Urteilsbegründung zu Beate Zschäpes Verurteilung zu lebenslanger Haft liegt vor – 3.025 Seiten. Wäre es das Schreiben zu spät gekommen, hätte der Prozess wiederholt werden müssen.

Für die verurteilte Rechtsterroristin Beate Zschäpe beginnt jetzt die für die Dauer ihres Gefängnisaufenthalts entscheidende Phase. 93 Wochen nach Zschäpes Verurteilung im NSU-Prozess zu lebenslanger Haft hat das Oberlandesgericht München das schriftliche Urteil mit einer ausführlichen Begründung gegen die 45-Jährige und ihre vier Mitangeklagten abgegeben. Das teilte das Gericht auf seiner Internetseite mit. Das Schreiben umfasst demnach 3.025 Seiten. Sobald die Verteidiger es in den Händen halten, bleiben ihnen vier Wochen Zeit, um ihre Revision schriftlich zu begründen und das Urteil womöglich ins Wanken zu bringen.

Der Vorsitzende Richter Manfred Götzl und die weiteren Richter des Prozesses um den Nationalsozialistischen Untergrund schöpften ihre zeitlichen Möglichkeiten zwischen der mündlichen Urteilsverkündung am 11. Juli 2018 und dem Ende der Abgabefrist für das schriftliche Urteil fast vollständig aus. Spätestens am Mittwoch hätte das Urteil zu den Akten kommen müssen, andernfalls hätte der Prozess neu beginnen müssen.

438 Tage wurde verhandelt

Dass Götzl und sein Team so viel Zeit hatten, liegt am epischen Ausmaß des NSU-Prozesses mit seinen 438 Verhandlungstagen. Die Strafprozessordnung bemisst nach der Prozessdauer die Zeit für die Urteilsbegründung.

Ohne dass schon Inhalte bekannt sind, dürfte klar sein, dass der durch seine so präzise wie penible Prozessführung aufgetretene Götzl in allen Details exakt begründet. Götzl verurteilte die mittlerweile in Chemnitz im Frauengefängnis sitzende Zschäpe als Mittäterin der Morde an neun Migranten und einer Polizistin, obwohl sie laut der Beweisaufnahme an keinem einzigen Tatort war. Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, die sich 2011 nach einem Überfall mutmaßlich selbst das Leben nahmen, sollen alle Taten verübt haben.

Schon die Anklage Zschäpes durch die Bundesanwaltschaft als Mittäterin, ohne dass sie je an einem Tatort war, galt als kühn. Dass das Urteil diese Annahme bestätigte, wird unter Juristen bis heute kontrovers diskutiert. Zschäpes Verteidiger Mathias Grasel sagte am Urteilstag, die Verurteilung wegen Mittäterschaft sei "juristisch nicht haltbar".

Frage der Mittäterschaft bei Revision zentral wichtig

Grasel sagt auch heute, die Frage der Mittäterschaft werde die zentrale seiner Revision sein. Darum werde es vor allem gehen, auch einige andere Punkte der Urteilsbegründung wolle er sich sehr genau ansehen. Einen tieferen Einblick, wo er mögliche Schwachstellen des Urteils sieht, will er aber nicht geben.

Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe muss das Urteil prüfen. Dabei geht es aber nicht um inhaltliche Fragen, sondern um formale Fehler. Sollten irgendwo grobe Schnitzer vorliegen, müsste der ganze Fall im schlimmsten Fall neu beginnen. Wie lange der BGH für seine Prüfung braucht, ist nicht absehbar.

Sollte der BGH die Verurteilung Zschäpes bestätigen, wird diese wegen der vom Gericht festgestellten besonderen Schwere der Schuld noch viele Jahre im Gefängnis bleiben. Sollte der BGH das Urteil aber kippen, könnte sie absehbar auf eine Haftentlassung setzen.

Zwei Angeklagte kamen 2018 frei

Bereits seit 2018 sind der ehemalige NPD-Funktionär Ralf Wohlleben und der Neonazi André E. frei. Wohlleben verbrachte mehr als zwei Drittel seiner laut Urteil zehnjährigen Haftstrafe in Untersuchungshaft. Bei E. hingegen verhängte das Gericht nur zweieinhalb Jahre Haft, obwohl die Bundesanwaltschaft zwölf Jahre gefordert hatte.

Vor allem bei E. hoffen viele Hinterbliebene, dass seine Verurteilung gekippt und der Neonazi doch noch härter bestraft wird. Schließlich geht es in der Revision auch darum, ob der als NSU-Helfer zu drei Jahren Haft verurteilte Holger G. ins Gefängnis muss.

Nur bei einem ist der Fall bald abgeschlossen: Carsten S., der dem NSU die Waffe für die Morde an den neun Migranten übergeben hatte, akzeptierte seine Verurteilung zu drei Jahren Jugendstrafe. Einen Großteil der Strafe saß er ab, vermutlich kommt er nach dem Vorliegen der schriftlichen Urteilsgründe bald frei.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur AFP
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