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Körperkontakt in der Corona-Krise? "Umarmungen zeugen von Ignoranz"


Frage der Woche
"Wer die Regeln nicht kapiert, hat in der Öffentlichkeit nichts zu suchen"

  • Noah Platschko
Pro & KontraVon Noah Platschko und Florian Wichert

Aktualisiert am 23.05.2020Lesedauer: 1 Min.
Interview
Was ist ein Pro & Kontra?

Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.

Sieht man aktuell nicht häufig: Eine feste Umarmung zwischen zwei Menschen in der Öffentlichkeit (Symbolbild).Vergrößern des Bildes
Sieht man aktuell nicht häufig: Eine feste Umarmung zwischen zwei Menschen in der Öffentlichkeit (Symbolbild). (Quelle: t-online.de/imago-images-bilder)

Die Menschen sehnen sich nach körperlichem Kontakt. Eine Umarmung verstößt aber gegen die Corona-Regeln. Nicht alle halten sich daran. Verständlich? | Von Noah Platschko und Florian Wichert

Noch immer gelten in Deutschland Regeln und Empfehlungen zum Schutz gegen das Coronavirus. Eine davon: Der Mindestabstand von 1,50 Meter zu anderen Menschen. Umarmungen gilt es zu vermeiden, Händeschütteln und Berührungen zu unterlassen. Vielen fällt das offensichtlich von Woche zu Woche schwerer. Auch Prominente verstoßen immer wieder gegen das Abstandsgebot.

  • Am vergangenen Wochenende herzten sich die Profifußballer von Hertha BSC nach den erzielten Toren während einer Bundesliga-Partie
  • FDP-Chef Christian Lindner umarmte Anfang der Woche einen Bekannten zum Abschied im Berliner Restaurant "Borchardt"
  • Beim Finale der Castingshow "Germany´s Next Topmodel" fiel der Moderator Gewinnerin Jacky vor Freude für ein Foto von hinten um den Hals.

Die aufgezählten Beispiele wurden in den vergangenen Tagen in der Öffentlichkeit breit diskutiert. Vor allem die Hertha-Spieler und Lindner ernteten heftige Kritik.

Denn in der aktuellen Phase der Pandemie hilft vor allem die Distanz zu anderen Menschen. Niemand kann vorhersagen, wie und ob man einen Covid-19-Infekt überstehen und wen man zusätzlich anstecken würde. Und ein Medikament oder ein Impfstoff sind noch nicht da.

Haben Sie Verständnis für Menschen, die sich aus der Emotion heraus umarmen?

Pro
Noah PlatschkoNoah PlatschkoSportredakteur

Ja, eine emotionale Umarmung ist völlig in Ordnung

Vorab: Ich bin nicht der Advokat von Christian Lindner. Und als der FDP-Chef jüngst seinen Freund umarmte, beging er einen Fehler. Er verhielt sich konträr zu dem, was seit Wochen gepredigt wird: Mundschutz tragen, Abstand halten.

Doch ist das grundsätzliche Stabbrechen über jemanden, der mit einer Umarmung das Hygienekonzept missachtet, absolut daneben. Der Moralapostel echauffiert sich gerne über jeden Fehler, den er seinem Gegenüber anheften kann. Die heuchlerische und besserwisserische Attitüde derjenigen, die nur darauf warten Schuldzuweisungen auszusprechen, zeugt von gesellschaftlichem Hochmut.

Denn fast jeder hat in den vergangenen zwei Monaten gegen Corona-Richtlinien verstoßen. Das Wiedersehen mit einer alten Freundin oder den Eltern startete und endete mit einer Umarmung. Und das ist, sofern das Risiko gering ist, verständlich. Eine absolute Garantie sich NICHT zu infizieren gibt es ohnehin nicht. Dass Fußballspieler auf dem Platz in Zweikämpfe gehen, sich aber beim Jubeln nicht umarmen dürfen, ist grotesk.

Markus Söder sagte jüngst im "Doppelpass", Spieler sollten die Umarmungen aus "symbolpolitischen Gründen" unterlassen. Dass gerade Söder, ein Meister der Symbolpolitik, das fordert, ist symptomatisch. Ich finde: Eine aus der Emotion vollzogene Umarmung ist völlig in Ordnung.

Kontra
Florian WichertStellvertretender Chefredakteur

Nein, Umarmungen zeugen von Ignoranz

Halten Sie einen Abstand von mindestens 1,5 Metern, verzichten Sie auf Berührungen, vermeiden Sie Umarmungen. So besagen es die Verhaltensregeln der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zum Schutz vor dem Coronavirus – einer Pandemie, die die ganze Welt lahmgelegt, knapp 350.000 Menschen das Leben gekostet hat und womöglich mit einer zweiten Welle in Deutschland wüten wird. Ganz einfache und nachvollziehbare Regeln in Anbetracht der tödlichen Bedrohung, oder?

Wohl nicht für jeden.

Wenn sich Fußballer von Hertha BSC herzen und gegenseitig auf den Rücken springen, wenn FDP-Chef Lindner überschwänglich einen Freund umarmt und bei "Germany's next Topmodel" der Moderator vor einem Millionenpublikum die Gewinnerin drückt, dann ist das nicht mit Menschlichkeit, sondern vielmehr mit Ignoranz und teilweise auch Arroganz zu erklären.

Mit einem Moralapostel oder Sittenwächter hat es wenig zu tun, wenn man behauptet: Es muss möglich sein, diese Regeln für ein paar Monate zu befolgen und damit ein Vorbild abzugeben – gerade für Stars, Politiker oder Fußballer. Man schützt nicht sich selbst, sondern seinen Gegenüber. Wer das nicht versteht oder sich nicht für ein paar Monate im Griff haben kann, hat in der Öffentlichkeit nichts zu suchen.

Wer hat recht?

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