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Beherbungsverbote treffen Hotels: Wie schlimm ist die Lage?


Der Ärger wächst
Beherbergungsverbote treffen Hotels: Wie schlimm ist die Lage?


12.10.2020Lesedauer: 4 Min.
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Hotels in der Kölner Innenstadt: Die Beherbergungsbranche ist massiv von der Corona-Krise betroffen.Vergrößern des Bildes
Hotels in der Kölner Innenstadt: Die Beherbergungsbranche ist massiv von der Corona-Krise betroffen. (Quelle: Archivbild/Future Image/imago-images-bilder)

Und jetzt auch noch Beherbergungsverbote: Das deutsche Gastgewerbe ächzt seit Monaten unter der Coronakrise und fürchtet nun den K.O. vieler Betriebe. Einige Gebiete leiden ganz besonders.

Der Herbsturlaub fällt aus. Denn seit letzter Woche gelten in vielen Bundesländern Beherbergungsverbote für Einreisende aus Infektionsgebieten: also aus Landkreisen, in denen sich in den letzten sieben Tagen mehr als 50 von 100.000 Einwohnern mit dem Coronavirus ansteckten. Eine Ausnahme gilt für Gäste, die einen negativen Corona-Test vorweisen können. Der darf allerdings nicht älter als 48 Stunden sein – und ist an vielen Orten kaum noch zu bekommen, weil die Teststellen überrannt werden.

Für viele Urlauber ist das ärgerlich. Für das Gastgewerbe ist die Regelung eine Katastrophe. Denn der Tourismus ächzt ohnehin unter der Pandemie. Der coronabedingte Einbruch im Hotel- und Gaststättengewerbe ist beispiellos. Allein im ersten Halbjahr, in dem die Monate März bis Juni besonders stark von der Pandemie betroffen waren, ging der Umsatz im Gastgewerbe um fast 40 Prozent zurück. Bei den Beherbergungsbetrieben war der Absturz sogar noch tiefer: minus 48 Prozent.

Fast alle Übernachtungen brachen weg

Schlimmster Monat war der April, als staatliche Reglementierungen den Hotels, Bars, Clubs und Restaurants kollektiv eine Zwangspause auferlegten. Die Umsätze brachen um 75 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat weg, die Anzahl der Übernachtungen um fast 90. In konkreten Zahlen ausgedrückt bedeutete das einen Umsatzverlust von 5,7 Milliarden Euro.

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Folglich trug das Gastgewerbe mit seinen oft unsicheren Arbeitsverhältnissen auch überproportional zum Anstieg der Arbeitslosigkeit bei. Unter den sechs größten Wirtschaftsbranchen kamen über 70 Prozent der Neumeldungen bei den Jobcentern von den Gastbetrieben. Die bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldeten Stellen ging um rund 40 Prozent zurück, über eine Million Angestellte mussten in Kurzarbeit.

In den Städten schlägt sich die Krise besonders heftig nieder

Besonders stark litten die Städte unter der Krise. Weil der Städtetourismus stärker vom Einbruch betroffen ist und das Tagungs- und Kongressgeschäft größtenteils fehlt, sind die Umsätze hier besonders tief im Keller. Der Dehoga-Landesverband in Berlin bezifferte den Umsatzverlust pro Hotelzimmer zuletzt auf über 70 Prozent.

Und seit Berliner Bezirke zu Risikogebieten erklärt wurden, habe sich die Lage nochmals verschärft, erklärt Hauptgeschäftsführer Thomas Lengfelder. Massiv seien Reservierungen storniert worden, die Buchungen für Oktober bis Dezember seien zusammengebrochen. Lengfelder sieht die Branche quasi "vor dem Abgrund".

In Nordrhein-Westfalen ist die Lage angespannt

Auch einige Bundesländer traf es besonders hart, wie etwa Nordrhein-Westfalen. Einer Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) vom September zufolge bangen über 70 Prozent der Betriebe um ihre Existenz. Das sind nochmal zehn Prozentpunkte mehr als im Bundesdurchschnitt. Der Umsatzrückgang von März bis August belief sich auf durchschnittlich 60 Prozent. Selbst im August und September blieb der Umsatz trotz Lockerungen fast 50 Prozent unter dem Vorjahresniveau.

Der Chef des Dehoga-Landesverbandes, Bernd Niemeier, verweist auf den fehlenden Geschäftsreiseverkehr sowie die Absage von Sportveranstaltungen, Messen und Konzerten und warnt vor einer gewaltigen Pleitewelle. Nach Angaben seines Verbandes rechnet jeder sechste Betrieb noch im Oktober mit der Pleite.

In Sachsen konnte man aufatmen

Andere Länder kommen hingegen ebesser durch die Krise: Sachsen zum Beispiel. "Im Sommer konnten einige Betriebe etwas Verlust aufholen", sagt Axel Klein, Hauptgeschäftsführer des Dehoga-Landesverbands Sachsen, "es lief wieder gut an." Anders als in anderen Bundesländern kamen selbst große Städte besser durch den Sommer: "Im August hatten einzelne Hotels in Dresden eine Auslastung von 90 Prozent", sagt Klein – auch wenn es trotzdem zu Umsatzeinbrüchen kam, weil der Tagungsbereich brach lag.

Doch die neuen Regeln um die Beherbergungsverbote könnten auch die Lage in Sachsen verschärfen. Das Absurde an der Situation im Freistaat: Dort gilt die Regelung bereits seit Ende September. Für Frust sorgt sie allerdings erst jetzt, weil in ganz Deutschland immer mehr Landkreise und Städte den kritischen Corona-Grenzwert von 50 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner pro Woche überschreiten. "Jetzt kommen viele Stornierungen", sagt Klein, "die Verunsicherung ist groß."

"Das Ganze ist nicht durchdacht"

Hinzu kommt der Aufwand, den die Beherbungsverbote für die Pensionen und Hotels bedeuten: "Das Ganze ist nicht durchdacht", sagt Klein, "und die ganze Arbeit hat man einfach in die Hotels und Pensionen verlagert." Dort sind nun Mitarbeiter damit beschäftigt herauszufinden, welche Gäste aus Infektionsgebieten kommen – und das ist komplizierter als gedacht.

Denn das Robert Koch-Institut, das die Gebiete bekannt gibt, nennt nur die Namen der Landkreise, während den Hotels meist nur die Postleitzahlen ihrer Gäste vorliegen. "Jetzt suchen sich die Rezeptionisten die Finger wund, um zu schauen, welche Postleitzahl zu welchem Landkreis gehört“, sagt Klein – zumal momentan täglich neue Gebiete dazukommen.

Wie es für die Branche weitergeht, kann Klein nicht sagen. Unter Berlinern ist die Sächsische Schweiz ein beliebtes Reiseziel. Doch seit letzter Woche gilt die Hauptstadt als Risikogebiet, ein Corona-Test ist seitdem nur noch schwer zu ergattern. Klein hofft, dass die Beherbergungsverbote bald aufgehoben werden. Infektionsschutz und Hygiene seien gerade in Hotels sehr wichtig, betont er. Außerdem habe die Branche längst bewiesen, dass sie die Vorgaben umsetzen könne: "Wir machen das doch schon seit Mai."

Verwendete Quellen
  • Sächsische Corona-Schutz-Verordnung
  • Eigene Recherchen
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