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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Nach Drohung gegen Journalisten Rücktritt gefordert – scharfe Kritik an Warken-Sprecher

Nach einer Hintergrundrunde mit Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) droht ihr Sprecher Journalisten. Die Opposition tobt. Er selbst räumt Fehler ein.
Nach einer Drohung gegen Journalisten durch seinen Sprecher Hanno Kautz ist das Bundesgesundheitsministerium von Nina Warken (CDU) um Schadensbegrenzung bemüht, während die Opposition Konsequenzen fordert.
Mehrere Stunden nach dem Bericht von t-online, der die Drohmail an Teilnehmer einer Hintergrundrunde mit der Ministerin öffentlich machte, räumte Kautz am Freitagabend in einer weiteren E-Mail an die Teilnehmer Fehler ein. Erneut bezeichnete er die Formulierungen als Ironie, die allerdings "deplatziert" sei, "wenn es um so wichtige Werte wie Vertrauen und Pressefreiheit geht". Auch diese E-Mail liegt t-online vor. Zuvor hatte das Ministerium eine Stellungnahme zum Eklat abgelehnt.
Drohung oder Ironie?
Kautz hatte sich in der Drohmail nach dem Hintergrund am Dienstagabend über einen angeblichen Bruch von Vertraulichkeitsabsprachen empört. "Sie schaden sich damit selber. Das heißt in der Konsequenz: weniger Informationen, weniger Zugang, kleinere Hintergrundkreise – keine Unterlagen." Anschließend setzte er eine Art Kopfgeld aus: "Für Hinweise, die zur Ergreifung des Übeltäters/der Übeltäterin führen, setze ich eine Belohnung in Höhe von Exklusiv-Informationen nicht unter einer Agenturmeldung aus." Aus der Mail dürfe nicht zitiert werden.
Als Teilnehmer sich über den Einschüchterungsversuch beschwerten, ruderte Kautz einen Tag später in einer weiteren Mail zurück. "Die Drohung war ironisch gemeint", hieß es darin.
"Das war's im Grunde genommen"
Nach dem Bericht von t-online verschickte Kautz dann eine dritte Mail, die nun auch zitiert werden dürfe: "Die Mail war ein Fehler, der mir mit meiner Erfahrung als Journalist und als Sprecher nicht hätte passieren dürfen. Die gewählten Formulierungen und der Einsatz von Ironie sind deplatziert, wenn es um so wichtige Werte wie Vertrauen und Pressefreiheit geht."
Der Pressereferent des Bundesgesundheitsministeriums, Sebastian Gülde, schloss sich dieser Darstellung am Montagmittag in der Bundespressekonferenz an. Die Vertraulichkeit sei durch Teilnehmer der Hintergrundrunde gebrochen worden, die E-Mail sei ironisch gewesen, und das sei anschließend kommuniziert worden. "Und das war's im Grunde genommen", sagte Gülde.
"Kein kommunikativer Ausrutscher"
Die gesundheitspolitischen Sprecher der Oppositionsfraktionen im Bundestag reagierten hingegen mit scharfer Kritik. "Wenn ein Ministeriumssprecher versucht, Einschüchterung und Verunsicherung von Journalistinnen und Journalisten als 'Ironie' zu deklarieren, beweist das nicht nur ein seltsames Demokratieverständnis, sondern auch, dass im Ressort von Frau Warken momentan die Nerven blank liegen", sagte Ates Gürpinar von den Linken t-online.
Janosch Dahmen von den Grünen sagte t-online: "Das ist kein kommunikativer Ausrutscher – sondern möglicherweise sogar ein justiziabler Eingriff in die Pressefreiheit. Ministerin Warken muss sich jetzt fragen lassen: Wird hier im Stil und in der Sache in ihrem Namen gesprochen? Falls nicht, ist es offensichtlich Zeit für klare Konsequenzen." Kautz habe "definitiv eine rote Linie überschritten".
Martin Sichert von der AfD forderte in einer Pressemitteilung von Ministerin Warken, ihren Sprecher abzusetzen: "Exklusivinformationen sind die wichtigste Währung für Journalisten. Hanno Kautz vergibt diese für Denunziantentum." Ministerin Warken beschädige das Vertrauen in die Regierung, sollte sie an Kautz als Sprecher festhalten.
- Eigene Recherchen