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Proteste in Beirut: Demonstranten besetzen Ministerien – Armee greift ein


Wut auf Beiruts Straßen
Demonstranten besetzen Ministerien – Armee greift ein

Von afp, reuters, dpa, joh, dru

Aktualisiert am 08.08.2020Lesedauer: 3 Min.
Proteste in Beirut eskalieren: Etwa 5.000 Menschen demonstrieren gegen die Regierung. 130 Verletzte sind bislang bekannt.Vergrößern des BildesProteste in Beirut eskalieren: Etwa 5.000 Menschen demonstrieren gegen die Regierung. 130 Verletzte sind bislang bekannt. (Quelle: Hassan Ammar/AP/dpa)
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Nach der verheerenden Explosion in Beirut eskalieren die Proteste gegen die libanesische Regierung. Demonstranten besetzen das Außenministerium. Es gibt viele Verletzte, ein Polizist wurde getötet.

Wenige Tage nach der verheerenden Explosion sind in Beirut am Samstag regierungskritische Proteste massiv eskaliert. Dabei stürmten Tausende wütende Demonstranten verschiedene Ministerien in der libanesischen Hauptstadt. Von Schüssen wurde berichtet. Über 200 Menschen wurden verletzt, ein Polizist wurde getötet. Die Regierung kündigte Neuwahlen an. Am späten Abend griff die Armee ein.

Die Proteste begannen am Nachmittag und schlugen rasch in heftige Straßenschlachten um. Die Polizei setzte Gummigeschosse und Tränengas gegen Demonstranten ein. Auf Fernsehaufnahmen waren mehrere blutende Menschen zu sehen.

Die Protestierenden drangen in mehrere Regierungsgebäude ein. Ehemalige Armeeoffiziere führten einen Sturm auf das Außenministerium an. Das Gebäude wurde besetzt und zum "Hauptquartier der Revolution" erklärt, wie in Live-Aufnahmen örtlicher Fernsehsender zu sehen war. Später drangen die Demonstranten auch in die Gebäude des Wirtschafts- und Energieministeriums vor. Am Sitz des Verbandes der libanesischen Banken wurde Feuer gelegt. Nach drei Stunden beendete die Armee die Besetzung des Außenministeriums und vertrieb die Demonstranten.

Nach Angaben der Polizei fielen auch Schüsse. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete von entsprechenden Geräuschen im Zentrum von Beirut. Die Umstände waren zunächst unklar. Ein Polizist wurde nach Angaben der Sicherheitskräfte aus einer Menschenmenge heraus angegriffen, wobei er tödlich stürzte. Laut dem libanesischen Roten Kreuz wurden bis zum Abend mehr als 200 Menschen verletzt. Mehrere Dutzend von ihnen seien in umliegende Krankenhäuser gebracht worden.

Der libanesische Ministerpräsident Hassan Diab gab am Abend bekannt, dass er Neuwahlen beantragen will. Dies sei der einzige Weg, um die tiefe Krise des Landes zu überwinden, erklärt er. Diab wies eine Verantwortung für die wirtschaftlichen und politischen Probleme des Landes zurück.

"Rache bis zum Sturz des Regimes"

Die Beiruter gingen auf die zerstörten und mit Trümmern übersäten Straßen, um ihrer Wut auf die politische Elite Luft zu machen. "Rache, Rache bis zum Sturz des Regimes", skandierten sie. Viele Demonstranten hielten Flaggen oder Fotos von Unglücksopfern in die Höhe. "Verschwindet, ihr seid alle Mörder", stand auf Bannern. "Wir wollen eine Zukunft in Würde, wir wollen, dass das Blut der Explosionsopfer nicht umsonst vergossen wurde", sagte Rose Sirour, eine der Demonstrantinnen.

Vereinzelt schwenkten Protestierende auch Schlingen, auf dem Märtyrer-Platz im Zentrum von Beirut waren bereits am Freitag hölzerne Guillotinen errichtet worden. Protestaufrufe in Onlinenetzwerken wurden mit dem Hashtag #HangThem (#HängtSie) versehen. Sicherheitskräfte versuchten die Demonstranten auf dem Weg zum Parlamentsgebäude zurückzudrängen, die Polizei setzte Tränengas gegen Steinewerfer ein.

Vorwurf der Korruption gegen politische Elite

Viele Libanesen, die der politischen Elite schon seit langem Korruption und Unfähigkeit vorwerfen, machen die Regierung für die verheerenden Explosionen am Dienstag mit mehr als 150 Todesopfern verantwortlich. Der Libanon steckt schon seit Jahren in einer schweren Wirtschafts- und Währungskrise, die durch die Corona-Pandemie noch verschärft wurde.

"Wir können es nicht mehr ertragen. Wir werden als Geiseln gehalten, wir können das Land nicht verlassen, wir können unser Geld nicht von den Banken abheben. Die Menschen hungern, es gibt mehr als zwei Millionen Arbeitslose", beklagte die Demonstrantin Médéa Azoury. "Und jetzt ist Beirut durch Fahrlässigkeit und Korruption vollständig zerstört worden."

Am Dienstag hatten zwei gewaltige Explosionen den Hafen von Beirut erschüttert. Nach Regierungsangaben waren 2.750 Tonnen Ammoniumnitrat explodiert, die jahrelang ungesichert in einer Halle im Hafen lagerten. Die Ursache der Explosionen ist noch unklar. 21 mutmaßliche Verantwortliche wurden festgenommen.

Die Zahl der Todesopfer der Explosionen stieg am Samstag nach Angaben des Gesundheitsministeriums auf 158, die der Verletzten auf mehr als 6.000. 21 Menschen werden demnach noch vermisst.

Bundesaußenminister Heiko Maas kündigte in der "Bild am Sonntag" zehn Millionen Euro Soforthilfe für den Libanon an. "Die Menschen in Beirut brauchen unsere Hilfe und sie brauchen Anlass zur Hoffnung", sagte er. Dem Bericht zufolge sprach sich Maas auch für Reformen im Libanon aus, ohne die es weder nachhaltigen Wandel noch Stabilität geben werde.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen Reuters, dpa und AFP
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