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Fischsterben in der Oder könnte sich auf Ostsee ausweiten


"Nie dagewesene Katastrophe"
Polen: Quecksilber nicht Ursache für Fischsterben

Von dpa
Aktualisiert am 13.08.2022Lesedauer: 3 Min.
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Fischsterben: Tausende Fische treiben an der Oberfläche. Nun gibt es neue Erkenntnisse. (Quelle: Reuters)
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Das rätselhafte Fischsterben in der Oder geht weiter. Der Grund ist weiter unklar: Polen schließt nun eine Quecksilber-Vergiftung aus.

Polens Klima- und Umweltministerin Anna Moskwa hat am Samstag Berichte dementiert, Quecksilber sei die Ursache für das Fischsterben. Man habe Testergebnisse aus Deutschland erhalten, die allerdings keine Spuren von Quecksilber aufgewiesen hätten. Stattdessen sei ein "hoher Salzgehalt" festgestellt worden.

Zudem zeigten erste toxikologische Untersuchungsergebnisse von Proben toter Fische, dass Quecksilber nicht die Ursache sei, schrieb Moskwa am Samstagabend bei Twitter. "Das staatliche Veterinärinstitut hat sieben Arten getestet. Es hat Quecksilber als Ursache für das Fischsterben ausgeschlossen." Man warte nun auf die Ergebnisse von Untersuchungen auf andere Schadstoffe.

Die Ursache für massenhafte Fischsterben bleibt damit weiter unklar. Bisherige Laboranalysen brachten noch keinen genauen Aufschluss über die Belastung des Wassers und die Ursachen. Da die Ursache für die Umweltkatastrophe in Polen vermutet wird, wurden in Deutschland bereits Vorwürfe laut, das Nachbarland habe nicht rechtzeitig informiert und die übliche Meldekette bei solchen Ereignissen nicht eingehalten.

Umweltministerin räumt Probleme bei Zusammenarbeit ein

Bundesumweltministerin Steffi Lemke räumte anfängliche Probleme bei der Zusammenarbeit mit Polen eingeräumt. Die Grünen-Politikerin strebt nun eine bessere Koordinierung an. "Die Frage der deutsch-polnischen Zusammenarbeit hat an dieser Stelle ganz offensichtlich nicht funktioniert (...), sonst hätten wir früher Informationen erhalten, zumindest das Land Brandenburg oder auch die Anrainerkommunen", sagte Lemke am Samstagabend in Frankfurt (Oder).

"Tatsächlich wissen wir, dass diese Meldekette, die für solche Fälle vorgesehen ist, nicht funktioniert hat", hatte ein Sprecher des Umweltministeriums zuvor gesagt. Brandenburg hatte ebenfalls offen kritisiert, es sei von polnischen Behörden nicht informiert worden.

Quecksilber in Wasser festgestellt

Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) hatte am Donnerstag berichtet, dass Mitarbeiter des Landeslabors Berlin-Brandenburg in Wasserproben Quecksilber in hoher Konzentration festgestellt hatten. Demnach sei aber noch nicht geklärt, ob das Quecksilber die Ursache für das Fischsterben ist.

Der Leiter der Umweltverwaltung im Kreis Märkisch-Oderland, Gregor Beyer, bestätigte am Freitag die Hinweise auf hohe Quecksilberwerte im Fluss. "Ob das der alleinige [Grund für das Sterben] ist, wissen wir nicht."

Auswirkungen auf Ostsee erwartet

Das Umweltministerium in Mecklenburg-Vorpommern rechnet mit Auswirkungen des Fischsterbens in der Oder auf das Stettiner Haff. Es sei damit zu rechnen, dass die Belastungen die Odermündung nahe Stettin (Polen) abhängig von Wind- und Strömungsverhältnissen bereits am Abend erreichen, schrieb das Ministerium in einer Mitteilung am späten Freitagabend. Im Verlauf des Samstags könnte dann auch der vorpommersche Teil des Stettiner Haffs betroffen sein.

Das Ministerium von Till Backhaus (SPD) rief daher die Anlieger vorsorglich dazu auf, auf das Fischen in und die Wasserentnahme – unabhängig von der Nutzung – aus dem Gewässer zu verzichten. Die zuständigen Behörden in Mecklenburg-Vorpommern bereiten demnach aktuell Gewässer- und Fischproben vor.

Bürgermeisterin: "Katastrophe nie dagewesenen Ausmaßes"

Die Bürgermeisterin von Schwedt, Annekathrin Hoppe (SPD), bezeichnete das Fischsterben in der Oder als Umweltkatastrophe nie dagewesenen Ausmaßes. Der Nationalpark Unteres Odertal habe große Befürchtungen, dass die Auswirkungen so riesig seien, dass sie sich auch über Jahre hinziehen, sagte Hoppe im rbb-Inforadio am Samstag. "Für uns ist diese Vergiftungssituation, die sich jetzt in der Oder aufgebaut hat, eine Umweltkatastrophe von noch nie dagewesenem Ausmaß." Auch der Tourismus sowie die Weide- und Fischwirtschaft seien stark beeinträchtigt.

Am Samstag begann in Schwedt an der Oder eine Aktion zum Einsammeln der Kadaver. Die Einsatzkräfte seien mit Schutzanzügen ausgerüstet, sagte Hoppe im rbb-Inforadio. Es sei davon auszugehen, dass dort gesundheitsgefährdende Stoffe für den Menschen vorhanden seien.

Der Nationalpark Unteres Odertal bei Schwedt in der Uckermark wurde vor mehr als 25 Jahren gegründet und gilt als Deutschlands einziger Flussauen-Nationalpark. Das Gebiet an der deutsch-polnischen Grenze hat eine Länge von 50 Kilometern und erstreckt sich über eine Fläche von mehr als 10.000 Hektar.

Polnische Regierung unter Druck

Polen hat unterdessen eine hohe Belohnung für Hinweise ausgesetzt, die zur Ergreifung eines Täters führen. Die Polizei habe dafür eine Summe von umgerechnet 210.000 Euro ausgelobt, sagte Vize-Innenminister Marcin Wasik am Samstag in Gorzow Wielkopolski. "Wir wollen die Schuldigen finden und die Täter des Umweltverbrechens bestrafen, um das es hier wahrscheinlich geht", betonte Regierungschef Mateusz Morawiecki.

Polens Regierung und Behörden stehen unter Druck, weil sie zu zögerlich auf das Fischsterben reagiert haben. Am Freitagabend hatte Morawiecki deshalb den Chef der Wasserbehörde und den Leiter der Umweltbehörde entlassen. Er schließe weitere personelle Konsequenzen nicht aus, sagte der Regierungschef nun. Morawiecki räumte ein, er habe erst am 10. August von dem massiven Fischsterben erfahren. "Ich wurde auf jeden Fall zu spät informiert."

Das Fischsterben in der Oder beunruhigt seit Tagen die Menschen, die in Polen und Deutschland an dem Fluss leben. Polnische Behörden hatten nach Regierungsangaben bereits Ende Juli erste Hinweise darauf bekommen, dass in dem Fluss massenweise verendete Fische treiben.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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