t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomePanoramaKriminalität

Gericht prüft: Sind 15 Jahre Haft ausreichend Buße für Kindsmord?


Mordfall Jakob von Metzler
Sind 15 Jahre Haft genug für einen Kindsmord?

dpa, Ira Schaible, mvl

22.09.2017Lesedauer: 3 Min.
Vor 15 Jahren ermordete Magnus Gäfgen den von ihm entführten Bankierssohn Jakob von Metzler. Vor dessen ehemaliger Schule steht heute ein Gedenkstein.Vergrößern des BildesVor 15 Jahren ermordete Magnus Gäfgen den von ihm entführten Bankierssohn Jakob von Metzler. Vor dessen ehemaliger Schule steht heute ein Gedenkstein. (Quelle: Frank Rumpenhorst/dpa-bilder)
Auf Facebook teilenAuf x.com teilenAuf Pinterest teilen
Auf WhatsApp teilen

Vor 15 Jahren entführte und ermordete Magnus Gäfgen den Bankierssohn Jakob von Metzler.

Der kleine Jakob aus Frankfurt am Main wäre heute 26 Jahre alt. Der Bankierssohn wurde im Alter von elf Jahren von Magnus Gäfgen gekidnappt und ermordet. Sein Entführer habe mittels der Erpressung eines Lösegelds ein "luxuriöses Leben mit reichen Freunden" weiterleben wollen, stellte der Vorsitzende Richter des Landgerichts 2003 in seiner Urteilsbegründung fest. Und: Der verschuldete Jura-Student Gäfgen habe den Tod des Kindes von Beginn an gewollt. Lebenslange Haft mit besonderer Schwere der Schuld lautete das Urteil.

Jetzt prüft das Landgericht in Kassel, wo der inzwischen 42-Jährige seine Strafe verbüßt, wann Gäfgen auf Bewährung frei kommen könnte. Seinen Namen hat der verurteilte Kindermörder mit Blick auf seine Resozialisierungschancen bereits geändert.

Erstickt mit Klebeband

Am letzten Schultag vor den Herbstferien 2002, dem 27. September, hatte Gäfgen den ihm flüchtig bekannten Jakob auf dem Heimweg abgepasst und in seine nah gelegene Wohnung gelockt. Der damals 28-Jährige erstickte den Jungen mit Klebeband.

Mit der Leiche im Kofferraum fuhr Gäfgen zur nahen Villa der Bankiersfamilie von Metzler und warf einen Erpresserbrief mit der Lösegeldforderung von einer Million Euro ab. Bei der nächtlichen Geldübergabe an einer Bushaltestelle beobachtete ihn die Polizei und nahm Gäfgen noch am selben Tag fest - nachdem er keine Anstalten gemacht hatte, die Geisel zu versorgen oder frei zu lassen.

Der Entführer nannte im Verhör zunächst zwei frühere Bekannte als angebliche Komplizen und ein falsches Geiselversteck. Weil die Zeit drängte, ließ ihm der damalige Frankfurter Vize-Polizeipräsident Wolfgang Daschner schließlich Folter in Form von Schmerzen androhen. Bald darauf nannte der Mörder Gäfgen das wahre Versteck des längst toten Jungen an einem kleinen See bei Schlüchtern in Osthessen.

Folterandrohung, um ein Leben zu retten

Weil die Polizei Gäfgen im Verhör Folter angedroht hatte, um das Leben des Kindes zu retten, fand der Fall über Deutschland hinaus Resonanz. Der Polizist Daschner hatte in einem Aktenvermerk selbst auf diese "schwerste Entscheidung im Leben" aufmerksam gemacht und sich darauf berufen, der Polizei sei "unmittelbarer Zwang" als letztes Mittel erlaubt.

Politiker zeigten Verständnis, ein Teil der Bevölkerung feierte Daschner sogar als Helden. Es entbrannte eine kontroverse Diskussion. Daschner wurde später wegen Nötigung verurteilt, eine Geldstrafe aber nur angedroht.

Gier nach Luxus

Minderwertigkeitskomplexe und die Gier nach Luxus seiner elf Jahre jüngeren Freundin nannte der Essener Psychiater Norbert Leygraf in dem Strafverfahren gegen Gäfgen als Motive für den Mord an dem Kind. Der hochintelligente Täter habe nach dem Prinzip "Mehr Schein als Sein" gelebt, um sein schwaches Selbstwertgefühl zu verdecken.

Der verurteilte Kindermörder zog nach dem Urteil vor zahlreiche Gerichte. Zehn Jahre nach der Tat wies das Oberlandesgericht Frankfurt (OLG) seine angestrebte Wiederaufnahme des Strafverfahrens in zweiter Instanz rechtskräftig zurück. In seinem Antrag hatte sich Gäfgen auf den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) berufen, der 2010 festgestellt hatte, dass ihm während des Verhörs Folter angedroht worden war.

Einen Erfolg erzielte der Täter allerdings in einem zivilrechtlichen Schadenersatzprozess: Danach musste das Land Hessen Gäfgen wegen der vom EGMR festgestellten Verletzung der Menschenwürde 3000 Euro plus Zinsen Entschädigung zahlen. Das hatte das OLG im Oktober 2012 rechtskräftig festgestellt.

Strafe mit Perspektive gefordert

Jakobs Familie sagt bis heute öffentlich zu alledem nichts und blieb auch den Gerichtssälen fern. Die Verfilmung der schrecklichen Ereignisse als Spielfilm für das ZDF vor fünf Jahren ("Der Fall Jakob von Metzler") war den von Metzlers allerdings ein persönliches Anliegen. Dabei ging es der Familie dem Vernehmen nach darum, zu zeigen, wie sehr sich die Polizei eingesetzt hat.

Gäfgen hatte in seinem Schlusswort im Strafprozess 2003 für sich eine Strafe mit Perspektive gefordert, "die mich hart anfasst, aber nicht vernichtet". Wann der Verurteilte mit neuem Namen auf Bewährung frei kommt, ist noch offen. Auch, wie lange die Strafvollstreckungskammer in Kassel dies noch prüft. "Das ist ein nicht-öffentliches Verfahren und das nehmen wir ernst", sagte ein Sprecher.

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website