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Keine Festnahme nach Amokfahrt in Münster: Was das Video wirklich zeigt


Männer in Münster gestellt
Video nach Amokfahrt: Was diese Bilder zeigen

  • Lars Wienand
Von Lars Wienand

09.04.2018Lesedauer: 3 Min.
Nachrichten
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Umstellt: Die Kontrolle von zwei Männern am Historischen Rathaus von Münster. Die Szene ist aus einem Video, das mit irreführenden Angaben in sozialen Medien Verwirrung stiftet.Vergrößern des Bildes
Umstellt: Die Kontrolle von zwei Männern am Historischen Rathaus von Münster. Die Szene ist aus einem Video, das mit irreführenden Angaben in sozialen Medien Verwirrung stiftet. (Quelle: Screenshot YouTube)

Ein Video des Polizeieinsatzes nach der Amokfahrt in Münster wird von Verschwörungstheoretikern verbreitet. Die Bilder entstanden, als die Polizei noch weitere Täter befürchtete.

Es ist ein Video, das in sozialen Netzwerken kursiert und Verschwörungstheorien blühen lässt: Am Samstagabend um 18.24 Uhr tauchten auf YouTube Szenen auf, die angeblich zeigen, wie "der Täter" gefasst wird. So heißt es im Titel: "Amok – Alarm in Münster Täter wird gestellt".

Dies wäre ein Widerspruch zu den Erklärungen der Behörden, dass der 48-jährige Jens R. alleine mit seinem Kleinbus in die Menschen gefahren ist und sich erschossen hat. t-online.de hat sich von der Polizei erklären lassen, was es mit den Bildern im Video auf sich hat.

Eine erste Recherche hatte ergeben, dass das Video kein Fake ist und auch nicht aus völlig anderem Zusammenhang stammen kann. Die Bilder zeigen den Prinzipalplatz mit dem Historischen Rathaus in Münster, 350 Meter vom "Kiepenkerl" entfernt, dem Ort der Amokfahrt. Und es können keine alten Bilder sein, zu sehen ist eine aktuell eingerichtete Baustelle neben dem Rathaus mit einem Kran.

Polizist schloss Komplizen nicht aus

Das Video ist echt, bestätigt auch die Polizei am Montag. "Die beiden Personen in dem Video haben allerdings mit dem Geschehen am 'Kiepenkerl' nichts zu tun", so eine Sprecherin. Das wussten die Beamten in Alarmzustand aber noch nicht, während der Szenen gegen 18 Uhr, die in dem YouTube-Film zu sehen sind: Die beiden Männer standen in Verdacht, mögliche Komplizen zu sein, erklärt die Polizei.

Kurz nach dem schrecklichen Geschehen hatte die Polizei von Aussagen von Zeugen berichtet, zwei Männer seien aus dem Auto gesprungen. Die Polizei nahm das ernst, sogar eine sehr grobe Beschreibung gab es. Dann sahen kontrollierende Beamte am Prinzipalmarkt zwei Männer, auf die die Beschreibung hätte passen können. Auf erste Zurufe reagierten sie laut Polizei nicht. "Sie waren der deutschen Sprache nicht mächtig und verhielten sich unkooperativ", so die Sprecherin der Polizei zu t-online.de. Nervenaufreibende Momente für die Polizisten, die nichts ausschließen konnten.

Männer waren indische Touristen

Es waren Inder, die als Touristen in Deutschland sind, wie sich laut Polizei später herausstellen sollte. "Sie haben den Ernst der Lage nicht erkannt." Deshalb zwangen die Polizisten einen der beiden mit vorgehaltenen Waffen, sich erst auf den Boden zu knien und dann mit ausgebreiteten Armen hinzulegen. Ein anderer Polizist richtete in dieser Zeit ein Gewehr auf den zweiten Mann, der still etwas abseits stand – "wie aufgefordert".

Nur kurze Zeit nach der Personalienaufnahme konnten die Männer wieder gehen. "Es waren wenige Minuten." Sie mussten die Polizisten auch nicht mit auf eine Dienststelle begleiten.

Das hätte vielleicht auch die Person mitbekommen können, die das Video gefilmt hat. Dann hätte es aber sicher weniger Zuschauer gefunden. Inzwischen gibt es davon auch mehrere Kopien, versehen mit Titeln wie "Amok Alarm in Münster – Täter live gestellt" oder "Terroranschlag in Münster: Augenzeugen, Täter auf der Flucht?". In rechten Kreisen dient das Video dazu, Zweifel zu säen an der Glaubwürdigkeit der Behörden.

Junger Mann als Täter am Pranger

Die Polizei hat in sozialen Netzwerken bisher selbst nicht auf dieses Video reagiert. "Uns beschäftigt eine andere Verschwörungstheorie mehr": Ein aus Münster stammender Mann mit dunklen Haaren, dunklerem Teint und Bart wird im Netz vielfach als Täter präsentiert, obwohl das völliger Unsinn ist: Der in Wien studierende Mann lebt, er hatte dem österreichischen Portal "oe24.at" die Örtlichkeiten in Münster erklärt und war dafür eingeblendet worden – zeitweilig mit seinem Namen und dem Zusatz "Ortskundiger".

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Screenshots des Beitrags werden seither verbreitet. Mehr als 10.000-mal geteilt ist etwa das Bild, das ein Nutzer am Sonntag auf Facebook gepostet hat. Der Nutzer mit dem Spruch "Ich habe die AfD gewählt" und dem Schattenriss einer Schlägerei sowie dem Spruch "Good night left side" im Profilbild schreibt "stocksauer" zu dem Screenshot: "Hier ein Foto vom psychisch gestörten "deutschen" Jens, der für das Attentat in Münster verantwortlich ist. Was fällt euch dabei auf???"

Seither hat er mehrfach andere Postings geschrieben, den Beitrag mit dem Bild des Unschuldigen aber weder verändert noch gelöscht. Auf eine Anfrage von t-online.de hat er bisher nicht reagiert. Geteilt wurde das Posting etwa in Gruppen "Viktor Orban Fanclub“, "FPÖ", "AfD Events", "Pro Putin Partei" oder bei "Pegida Norway".

Nach der tödlichen Messerattacke auf das Mädchen Keira in Berlin kürzlich hatte bereits Pegida-Chef Lutz Bachmann das Foto eines Unbeteiligten gepostet und in den Raum gestellt, bei diesem Schüler könne es sich um den Tätern handeln.

Verwendete Quellen
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