Krieg um Bello - Hundediebe in Vietnam

Als Nguyen Van Cuong den Nachbarn schreien hΓΆrte "Ein Dieb! Ein Dieb!", war es schon zu spΓ€t. Zwei MΓ€nner auf einem Moped hatten seinen Hund Black geschnappt und knatterten davon. Cuong und der Nachbar sprinteten hinterher. Da schleuderten die Hundediebe Ziegelsteine auf die Verfolger. Ein Passant wurde am Kopf getroffen und getΓΆtet.
Γberall in Vietnam spielen sich solche Auseinandersetzungen ab zwischen professionellen HundefΓ€ngern, die den besten Freund des Menschen fΓΌr gutes Geld an Restaurants verkaufen, und wΓΌtenden Hundebesitzern. Die haben es zunehmend satt, dass die Polizei kaum etwas unternehmen kann, und greifen mehr und mehr zur Selbstjustiz. Aufgebrachte Menschenmengen auf den DΓΆrfern hetzten schon hinter Dieben her und schlugen sie tot, einer wurde sogar in Brand gesteckt. Die Banditen ihrerseits verteidigen ihr eintrΓ€gliches GeschΓ€ft mit Steinen und Pfeilen.
Lieb und teuer
"Die Hundediebe werden immer aggressiver; sie stehlen Dorfbewohnern am helllichten Tag die Hunde", sagt Tran The Thieu, Polizeichef des Dorfes Hung Dong in der Provinz Nghe An. "Die Leute sind sehr zornig, dass ihre Hunde gestohlen und die TΓ€ter selten verhaftet werden."
Hundefleisch gilt in Vietnam als Delikatesse und wird vor allem im Norden gern bei Festen gereicht. Auf gebratene Vierbeiner spezialisierte Restaurants sind besonders am Ende jedes Mondmonats gut besucht, wenn die MΓ€nner einem Aberglauben folgend Hund zu speisen pflegen, um Pech abzuwenden. Mit der rasanten Wirtschaftsentwicklung Vietnams boomen auch die Hunderestaurants in der Hauptstadt Hanoi. Doch da auch die Inflation zunimmt, hat sich so mancher auf eine kreative Methode des Geldverdienens verlegt.
Da Hunde in der Regel frei herumlaufen, sind sie ein leichtes Ziel. Hund bringt in Hanoi umgerechnet rund 4,50 Euro pro Kilo Lebendgewicht, etwas mehr als Huhn. Ein 20 Kilogramm schweres Tier kann mit gut 80 Euro mehr als den durchschnittlichen Monatslohn eines Arbeiters einbringen. Das ist viel Geld fΓΌr die Diebe, die auf Mopeds durch die Gegend streifen und sich die Vierbeiner im Handumdrehen schnappen. Manchmal setzen sie die Tiere erst mit Elektroschocker-Pfeilen auΓer Gefecht.
Die meisten Vietnamesen hegen Hunden gegenΓΌber zwiespΓ€ltige GefΓΌhle. Sie halten sie als Wachhunde und geben ihnen hΓ€ufig Namen, betrachten sie aber nicht als Familienmitglieder, wie das im Westen gang und gΓ€be ist. Doch das heiΓt nicht, dass ihnen nichts an den Tieren liegen wΓΌrde.
Kampf bis aufs Messer
In der Provinz Nghe An nimmt der Hundekrieg an SchΓ€rfe zu, wie Polizeichef Thieu berichtet. Im Juni verfolgten aufgebrachte BΓΌrger einen Dognapper und erschlugen ihn. Dann zΓΌndete der Mob seinen Leichnam an und lieΓ ihn als Warnung am StraΓenrand liegen. Bei anderen ZwischenfΓ€llen wurden sieben Dorfbewohner von flΓΌchtenden Dieben mit Messern, Flaschen und Schleudern verletzt. Ende September stellten sich zwei MΓ€nner der Polizei, die einen Hundebesitzer, der sie verfolgt hatte, mit einem Pfeil ins Herz getΓΆtet hatten.
Die meisten machen sich nicht die MΓΌhe, die Polizei zu rufen. "Die Einwohner sagen, die Polizei nimmt denen nur ein BuΓgeld ab und lΓ€sst sie laufen", sagte ein leitender Ermittler in Nghe An einer Zeitung. "Das stimmt. Ein Dieb muss nur mit einem Strafverfahren rechnen, wenn die betreffende Sache mindestens zwei Millionen Dong (rund 70 Euro) wert ist. Ein Hund ist viel billiger, und der Dieb bekommt nur eine GeldbuΓe."
Der illegale Hundehandel ist grenzΓΌberschreitend. Vorigen Monat wurden in Nordthailand zwei MΓ€nner festgenommen, die 120 Hunde in SΓ€cke gestopft nach Vietnam schmuggeln wollten. Ebenfalls auf dem Weg nach Vietnam waren 120 elende Kreaturen in KΓ€figen auf einem Lastwagen, die im August in Thailand beschlagnahmt wurden. Die HΓ€lfte davon verendete spΓ€ter, wie die Lokalpresse berichtete.
Hundefleisch nur im Restaurant
MittelgroΓe struppige KΓΆter, in engen DrahtkΓ€figen hinten auf Mopeds geschnallt, sieht man in Vietnam hΓ€ufig. Geschlachtet, abgezogen und auf dem Rost gebraten, baumeln sie spΓ€ter an DrΓ€hten vor Restaurants. Hundefleischgerichte reichen vom Braten bis zur Suppe, die mit beiΓender Krabbenpaste serviert wird. Das Fleisch hat eine wildΓ€hnliche Textur und schmeckt etwas streng.
Hundebesitzer Cuong, der kΓΌrzlich seinen 15 Jahre alten Black einbΓΌΓte, berichtete, dass die Polizei die zwei Diebe gefasst habe, die den Passanten mit dem Ziegelstein erschlugen. Sein entfΓΌhrter Hund sei nach Auskunft der Polizei fΓΌr 900.000 Dong (35 Euro) verkauft worden. Cuong ist immer noch zornig. Schon an die zehn Tiere seien ihm ΓΌber die Jahre weggefangen worden. "Es ist sehr schwierig, einen guten und klugen Hund aufzuziehen", sagte der 54-JΓ€hrige. "Wenn ich den Schuldigen erwischt hΓ€tte, ich hΓ€tte ihn verdroschen!"
WΓΌrde er seine eigenen Hunde essen? Cuong schΓΌttelt energisch den Kopf: "Wenn ich Hundefleisch will, gehe ich ins Restaurant."