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Kindergrundsicherung I In der Ampel fliegen die Fetzen


Tagesanbruch
Demaskiert


Aktualisiert am 22.03.2023Lesedauer: 5 Min.
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Lisa Paus (Archivbild): Die Bundesfamilienministerin wird von FDP-Kollege Christoph Meyer kritisiert. (Quelle: IMAGO/Chris Emil Janssen)

Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

man hat ja gerade oft das Gefühl, dass sich die da in der Ampelregierung einfach gar nicht mehr verstehen. Da ist es umso schöner, wenn jemandem ab und zu ein Licht aufgeht. So ist es in diesen Tagen offenbar dem FDP-Politiker Christoph Meyer ergangen, der verstanden hat, was die Grünen und ihre Familienministerin Lisa Paus mit dieser Kindergrundsicherung eigentlich wollen.

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Zugegeben, Herr Meyer hat das etwas wütender formuliert als ich. Aber davon sollten wir uns nur kurz ablenken (und vielleicht belustigen) lassen, um dann dem dahinterstehenden ernsten Problem nachzuspüren. Herr Meyer sagte dem "Tagesspiegel" nämlich: "Mit ihrem jetzigen Vorschlag lässt Frau Paus ihre Maske fallen und zeigt, dass es ihr offenbar vor allem um Umverteilung geht."

Ja, Donnerwetter!

Sie mögen mir vorwerfen, leicht zu erheitern zu sein, aber ich musste lachen, als ich das las. Nicht so sehr über die Maske, wobei ich auch da einige Fragen hätte (Was für eine? Und warum lässt Frau Paus sie plötzlich fallen?). Sondern über den Teil mit der Umverteilung. Denn Lisa Paus mit Inbrunst vorzuwerfen, es ginge ihr mit der Kindergrundsicherung um Umverteilung, ist in etwa so, als würde man der SPD vorwerfen, ihr ginge es mit dem Mindestlohn darum, dass die Leute endlich mehr verdienen.

Genau das ist Sinn und Zweck der Übung. Die Kindergrundsicherung soll umverteilen, nämlich das Geld von denen, die viel davon haben, zu denen, die wenig haben. Sozialpolitik eben. Im Prinzip recht simpel. Und weil das so simpel ist und wir davon ausgehen sollten, dass auch Herr Meyer das eigentlich weiß, lässt sich an diesem Beispiel wunderbar die eigentliche Frage begutachten, die gerade allerorten zum Problem wird in der Ampelregierung: Wofür soll der Staat sein Geld ausgeben, und wer soll davon am meisten profitieren?

Bevor wir das am Beispiel der Kindergrundsicherung mit Herrn Meyer durchgehen, ist es erst einmal hilfreich, sich zwei Dinge bewusst zu machen. Zum einen: Dem Staat ist es streng genommen fast unmöglich, nicht umzuverteilen. Wenn er Steuern erhebt und sie für etwas ausgibt, sei es fürs Kindergeld, für Zuschüsse beim Wärmepumpenkauf oder für Straßen, landet bei niemandem exakt so viel Geld, wie sie oder er an Steuern gezahlt hat. Ist ja auch logisch, sonst könnte man den Leuten ihr Geld ja gleich dalassen.

Zum anderen sollten wir uns bewusst machen, dass das Geld, das die Ampelregierung umverteilen kann, faktisch knapper wird. Das liegt nicht daran, dass der Staat weniger einnimmt. Schätzungen zufolge steigen die Steuereinnahmen 2023 sogar, weil die Wirtschaft wächst. Es liegt an den steigenden Zinskosten, aber vor allem liegt es daran, dass die Bundesregierung diesmal deutlich weniger Schulden machen und zugleich keine Steuern erhöhen möchte. Besonders der FDP ist das wichtig.

Es ist also kurz gesagt so: Der Staat verteilt ohnehin um. Die Frage ist, wie viel Geld er umverteilt (und umverteilen kann) und wer davon profitiert.

Womit wir wieder bei Herrn Meyer und der Kindergrundsicherung wären. Denn genau darüber streitet die Ampelregierung auch in diesem Fall. Die FDP will für die Kindergrundsicherung am liebsten nicht mehr Geld umverteilen, als bisher schon umverteilt wird. Sie argumentiert, die Ampel habe ohnehin das Kindergeld erhöht und begreift die Kindergrundsicherung als eine Art Verwaltungsreform, die bestehende Leistungen bündelt und leichter zugänglich macht.

Die Grünen aber wollen mehr umverteilen. Zwölf Milliarden Euro will Lisa Paus zusätzlich für die Kindergrundsicherung haben, die FDP rechnet nur mit zwei, drei Milliarden mehr für die Verwaltungsreform. Und weil die Grünen wissen, dass die Ampel gerade knapp bei Kasse ist, haben sie ein paar Vorschläge gemacht, wo das Geld herkommen könnte. Klimaschädliche Subventionen wie das Dienstwagenprivileg könne man gerne streichen, ist einer dieser Vorschläge. Findet die FDP allerdings nicht so gut.

Die neueste Idee der Grünen ist deshalb, die Kinderfreibeträge zu senken. "Es ist absurd, dass wohlhabende Familien über die Kinderfreibeträge deutlich stärker entlastet werden als ärmere Familien, die nur das Kindergeld erhalten", hatte Lisa Paus der "Neuen Osnabrücker Zeitung" gesagt. Und genau das ist der Vorschlag, der Herrn Meyer von der FDP nun so auf die Palme gebracht hat. Das sei "ein Schlag ins Gesicht von Millionen von Familien", schimpfte er.

Was noch einmal im Konkreten illustriert, was der Ampel bei immer mehr Problemen zu schaffen macht: Die Partner haben oft grundverschiedene Vorstellungen davon, für wen sie Politik machen. Und welche Politik.


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Ihr Johannes Bebermeier
Politischer Reporter
Twitter: @jbebermeier

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Mit Material von dpa.

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