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Drohnen über Moskau: Die Abwehr wird zur Lotterie


Mutmaßliche Angriffe auf Moskau
Drohnenabwehr wird zur Lotterie

Von t-online
23.08.2023Lesedauer: 3 Min.
imago images 0302155545Vergrößern des BildesZersplittertes Fenster an einem Moskauer Hochhaus: Laut Verteidigungsministerium soll dort eine Drohne eingeschlagen sein. (Quelle: Sofya Sandurskaya/imago images)
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Immer wieder meldet Russland Drohnenangriffe auf Moskau. Doch warum können die Fluggeräte nicht abgewehrt werden – und werden die Angriffe aus der Ukraine gesteuert?

Die Berichte häufen sich: Am frühen Mittwochmorgen meldete das russische Verteidigungsministerium, wie es aus seiner Sicht einen "Terroranschlag" verhinderte, den das "Kiewer Regime" geplant habe. Drei Drohnen wurden von Russland bei dem Versuch eines weiteren Angriffs auf die Hauptstadt Moskau ausgeschaltet. Zwei wurden abgeschossen. Bei der dritten sei das Steuerungssystem gestört worden, wodurch das Fluggerät anschließend in ein Hochhaus in der Moskwa City gekracht sei, das sich noch im Bau befindet.

So geht das schon eine ganze Weile: Auch in der Nacht zuvor hatte das Verteidigungsministerium einen ähnlichen Versuch eines Drohnenangriffs gemeldet, der ebenfalls hatte verhindert werden können. Am Mittwochnachmittag wurde von Moskau ein weiterer Abschuss einer Drohne gemeldet, diesmal über der Region Belgorod, die im Süden an die Ukraine grenzt.

Ukraine schweigt sich aus

Die ukrainische Regierung tut das, was sie in diesen Fällen immer tut: Sie schweigt – oder äußert sich maximal kryptisch. "Alles, was als Nächstes in Russland passieren wird, ist ein objektiver historischer Prozess. Es wird mehr unidentifizierte Drohnen, mehr Zerstörung, mehr Konflikte zwischen Bürgern und mehr Krieg geben", hatte etwa einmal der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak getwittert.

Konkreter wird man in Kiew nicht, während auch die Angaben aus Moskau wohl eher mit Vorsicht zu genießen sind. Was ist also über die Drohnenangriffe bekannt?

Der Krieg in der Ukraine ist zunächst einmal nicht der erste, in dem die unbemannten Flugobjekte eingesetzt werden. Allerdings wurden wohl noch nie zuvor Drohnen in einem solch großen Ausmaß eingesetzt. Für Aufmerksamkeit in Moskau sorgte erstmals ein Drohnenangriff am 3. Mai: Damals kursierten Videos im Netz, die zwei Drohnen zeigten, die über dem Kreml abgestürzt waren.

Während aus Russland schnell die Schuld in der Ukraine gesucht wurde, dementierte die ukrainische Regierung schon damals jegliche Beteiligung: "Wir greifen weder Putin noch Moskau an. Wir kämpfen auf unserem eigenen Territorium. Wir verteidigen unsere Dörfer und Städte", sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zu den Vorfällen.

"Das ist wie Lotto"

Bis heute gehen die Theorien zu dem Vorfall auseinander: Manche Beobachter hielten es für möglich, dass die Ukraine selbst in einer geheimen Operation den Angriff initiiert hatte. Denkbar war auch, dass proukrainische Gruppen in Russland dahinter steckten. Ebenso wurde über eine False-Flag-Operation Russlands spekuliert: Damit ist gemeint, dass Russland möglicherweise selbst für den Angriff verantwortlich war, um anschließend eine Gegenreaktion in der Ukraine zu begründen.

In jedem Fall meldete die russische Seite in den vergangenen Monaten immer wieder ähnliche Vorfälle: Wie vom Verteidigungsministerium berichtet, waren zuletzt mehrere Drohnen in das Geschäftszentrum Moskwa City gestürzt. Aber warum kann das russische Militär die Fluggeräte nicht stoppen?

Der israelische Sicherheitsexperte Sergej Migdal sagte der Deutschen Welle, dass die russische Luftverteidigung auf solche Angriffe schlecht eingestellt sei. Die Flugabwehr fuße auf Flugabwehrraketen des Typs Panzir-S1. Das Problem: Das System löse erst in letzter Sekunde vor dem Einschlag aus. "Das ist wie Lotto. Kein System bietet hundertprozentigen Schutz. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Panzir-System eine Drohne nicht abfängt, ist sehr hoch. Sie liegt zum Teil bei mindestens 50 Prozent", so Migdal.

Aufstrebender Rüstungsproduzent?

Bisher seien die Angriffe auf Moskau in erster Linie peinlich für den Kreml, schrieb die Militärexpertin Ulrike Franke vom European Council on Foreign Relations kürzlich in einer Analyse. Auch sie hält es für möglich, dass die Ukraine oder proukrainische Gruppen innerhalb von Russland an den Angriffen beteiligt sein könnten. Franke hebt dabei hervor, dass die Angriffe bisher zu keinen Verletzten oder Toten geführt haben.

Sollte es über Moskau allerdings zu weiteren Drohnenangriffen kommen, kann sich das laut Franke auch auf die Kampfhandlungen innerhalb der Ukraine auswirken: "Wenn die Angriffe anhalten und an Häufigkeit und Stärke zunehmen, muss die russische Armee möglicherweise den Schutz Moskaus und anderer Städte verstärken, was bedeutet, dass Luftverteidigungssysteme oder Experten möglicherweise von der Front abgezogen werden müssen."

Wenig ist dagegen weiterhin darüber bekannt, welche Drohnen konkret bei den Vorfällen über Moskau eingesetzt wurden. Die Ukraine lässt sich bei der Nutzung und Herstellung der Geräte kaum in die Karten schauen. Allerdings zeigt der bisherige Kriegsverlauf, dass das Land durchaus erfinderisches Geschick in der Drohnenproduktion besitzen könnte: Die jüngsten ukrainischen Angriffe von Marinedrohnen nennt Ulrike Franke etwa ein "Zeugnis für den innovativen militärisch-industriellen Sektor der Ukraine." Die ukrainische Drohnenproduktion sei auf dem besten Weg, nach Kriegsende ein ernst zu nehmender Akteur in dem Bereich der Rüstungsindustrie zu werden.

Verwendete Quellen
  • eng.mil.ru: "Statement by Russian Defence Ministry, 23.8.23, 04.01"
  • eng.mil.ru: "Statement by Russian Defence Ministry, 23.8.23, 12.05"
  • eng.mil.ru: "Statement by Russian Defence Ministry, 22.8.23, 03.45"
  • ecfr.eu: "Drones in Ukraine and beyond: Everything you need to know" (englisch)
  • dw.com: "Wie Experten die Drohnenangriffe auf Moskau einschätzen"
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