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Wüst: Früherer Kohleausstieg und Corona-Strategie


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Wüst: Früherer Kohleausstieg und Corona-Strategie

Von dpa
03.11.2021Lesedauer: 4 Min.
Hendrik Wüst (CDU)Vergrößern des BildesHendrik Wüst (CDU), neuer Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, lächelt bei einem Interview. (Quelle: Rolf Vennenbernd/dpa/Archivbild/dpa-bilder)
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Eine Woche nach seinem Amtsantritt schlägt der neue nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) neue Töne in der Regierungspolitik an. Wüst vollzog beim Streitthema Kohle eine Kehrtwende zu seinem Vorgänger Armin Laschet (CDU) und will sich für einen Kohleausstieg schon 2030 einsetzen. In seiner ersten Regierungserklärung im Landtag präsentierte sich der 46-jährige ehemalige Verkehrsminister am Mittwoch als Macher, der für eine "Politik der Mitte" stehe.

Für ihn gehörten "soziales Miteinander und wirtschaftlicher Erfolg zusammen", versprach Wüst. Er stehe für eine Politik, "die Probleme angeht und löst". Neue soziale Herausforderungen seien die steigenden Energiekosten und Mieten. "Pragmatisch, mutig, unerschrocken" - mit solchen Worten umriss Wüst seine Politik. "Lassen Sie uns gemeinsam durchstarten - für ein Land, das alle Chancen hat", rief der junge Familienvater am Ende seiner 45-minütigen Regierungserklärung.

Ein ganz anderes Bild des neuen Landesvaters zeichnete SPD-Oppositionsführer Thomas Kutschaty. Er warf dem ehemaligen NRW-Verkehrsminister soziale Kälte vor. Der neue Regierungschef habe jahrelang die Interessen von Unternehmensverbänden vertreten. Soziale Gerechtigkeit aber müsse man "spüren können".

Wüst war vor einer Woche zum Nachfolger von Laschet gewählt worden, der in den Bundestag wechselte. Eine echte Probezeit hat der neue Regierungschef des bevölkerungsreichsten Landes nicht. Schon in sechseinhalb Monaten wird ein neuer Landtag gewählt. Nach derzeitigen Umfragen liegt die zusammen mit der FDP regierende CDU weit hinter der SPD. Ob Wüst als "Ministerpräsident des Aufbruchs oder nur des Übergangs" in die Geschichte eingehe, werde sich zeigen, konstatierte die Grünen-Fraktionschefin Josefine Paul.

Corona: Auch bundesweit muss sich der neue NRW-Regierungschef noch bekannt machen. Schon kommende Woche könnte auf Wüst, der neuer Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz ist, die erste öffentliche Bewährungsprobe zukommen. Angesichts der rasant steigenden Corona-Zahlen dringt Wüst auf eine neue Bund-Länder-Runde zur Corona-Lage - und schon bläst ihm Gegenwind aus den Reihen seiner Ministerpräsidenten-Kollegen entgegen. In Berlin, Schleswig-Holstein oder Thüringen halten sie ein Treffen für nicht notwendig. Wüst aber forderte ein abgestimmtes Handeln von Bund und Ländern und eine "gemeinsame Einschätzung" der Lage.

Während Wüst umfassende Auffrischungsimpfungen forderte, warfen die Grünen der CDU/FDP-Landesregierung vor, zu spät eine Strategie für die Millionen notwendigen Booster-Impfungen entwickelt zu haben. Dass in NRW die Maskenpflicht im Klassenraum ausgerechnet jetzt falle, sei zudem ein falsches Signal.

Kohleausstieg: Die größte Überraschung Wüsts ist der Satz: "Wir sind in Nordrhein-Westfalen zu einem Ausstieg aus der Kohle auch schon 2030 bereit und wollen alles dafür tun, dass uns das gelingt." Damit setzt sich Wüst von seinem Vorgänger Laschet ab, der einen früheren Ausstieg erst kürzlich noch skeptisch beurteilt hatte. Für Wüst ist es absehbar, dass die Kohleverstromung immer unwirtschaftlicher und die noch erforderliche Braunkohlemenge weiter abnehmen wird. "Und wir haben es selbst in der Hand, dies zu beschleunigen." Die Landesregierung wolle in den kommenden Wochen eine "Energieversorgungsstrategie 2.0" vorlegen.

Nach bisheriger Planung soll Deutschland bis 2038 aus der Gewinnung und Verbrennung der klimaschädlichen Kohle aussteigen. Die geplante Ampel-Koalition von SPD, Grünen und FDP will den Kohleausstieg "idealerweise" auf 2030 vorziehen. Wüst forderte von der neuen Bundesregierung Klarheit über den Ausbau der erneuerbaren Energien und der Netze sowie Antworten, wie die Alternative für Kohle bei der Versorgungssicherheit aussehen solle.

Wüst sagte, er wolle im Rheinischen Braunkohlerevier "so viele Dörfer wie möglich" erhalten. Die NRW-Regierung sei zu einer neuen Leitentscheidung bereit. Bisher orientiert sich die CDU/FDP-Leitentscheidung zum Ende des Braunkohletagebaus am Ausstiegsdatum 2038. Eine Entscheidung über die Zukunft von fünf Dörfern am Rande des Tagebaus Garzweiler soll Ende 2026 fallen. Das Bündnis "Alle Dörfer bleiben" sah in Wüsts Botschaft "einen riesigen Teilerfolg des Widerstandes vor Ort", forderte aber auch den Erhalt der akut bedrohten sechsten Ortschaft Lützerath.

Für das rheinische Revier forderte SPD-Chef Kutschaty einen wirklichen Strukturwandel. "Neue Bushaltestellen, ein Bergbaumuseum und eine Außenstelle des Forschungszentrums Jülich sind kein Strukturwandel." Bis heute sei "völlig unklar", wann und welche Arbeitsplätze dort entstehen sollten.

Kinder: Wüst kündigte ein Kinderschutzgesetz noch für diese Legislaturperiode an. Als Lehre aus den Missbrauchsskandalen von Lügde, Münster oder Bergisch Gladbach soll das Gesetz dazu beitragen, möglichst viele Kinder und Jugendliche vor Gewalt zu bewahren. Die Justiz bearbeite mehr als 4100 Ermittlungsverfahren.

Flut: Den Menschen in den Hochwassergebieten versprach Wüst mehr Anstrengungen beim Wiederaufbau durch beschleunigte Verfahren und mehr Personal. "Klar ist: Wir werden in der Zukunft immer häufiger solche Unwetterereignisse erleben. Umso wichtiger ist es, darauf vorbereitet zu sein." In den kommenden Wochen würden ein Vorsorgeprogramm zur Klimaanpassung und ein Zehn-Punkte-Plan mit Lehren aus der Flutkatastrophe vorgelegt.

Altschulden: Wüst will mit der künftigen Bundesregierung über eine weitere Entlastung der Kommunen von ihrem Schuldenberg sprechen. Die NRW-Regierung sei bereit, "einen angemessenen Beitrag" dafür zu leisten. Das nächste Ziel sei die weitere strukturelle Entlastung der Kommunen bei den Soziallasten.

Reaktionen: FDP-Fraktionschef Christof Rasche sicherte Wüst die Kooperation des Koalitionspartners zu. "Gemeinsam werden wir den Politikwechsel in NRW fortsetzen." AfD-Fraktionschef Markus Wagner sagte, Wüst werde der NRW-Ministerpräsident mit der kürzesten Amtsperiode werden. "Sie haben 200 Tage Zeit bis zu ihrer wahrscheinlichen Abwahl."

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