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Lkw-Streik beendet: "Für die Männer ist das ein Triumphmoment"


Lkw-Streik beendet
"Für die Männer ist das ein Triumphmoment"

Von dpa
28.04.2023Lesedauer: 3 Min.
urn:newsml:dpa.com:20090101:230428-911-008846Vergrößern des BildesOsteuropäische Lastwagenfahrer aus Georgien und Usbeskistan haben nach Beendigung ihres Streiks an der Raststätte Gräfenhausen zur Weiterfahrt Platz in einem Bus genommen (Quelle: Arne Dedert/dpa)
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Die streikenden Fernfahrer an der A5 bei Gräfenhausen haben ihren Lohn erhalten. Für die 60 Männer geht es nun nach Hause – doch der Abschied ist emotional.

Nach beinahe sechs Wochen ist der Streik georgischer und usbekischer Lastwagenfahrer wegen ausstehenden Lohns auf der Raststätte Gräfenhausen vorbei: Am frühen Freitagnachmittag verließ ein Bus mit einem Teil der mehr als 60 Männer die südhessische Raststätte an der A 5. Zuvor hatten die Fahrer einem Mitarbeiter des polnischen Speditionsunternehmens, für das sie gearbeitet hatten, Wagenschlüssel und Fahrzeugpapiere übergeben. "Alles konnte geklärt werden", sagte der niederländische Gewerkschafter Edwin Atema, der für die Fahrer verhandelt hatte.

Der Bus hatte bereits am Vorabend auf der Raststätte bereit gestanden. Da jedoch noch einige der Fahrer auf die angekündigten Geldüberweisungen warteten, entschied die ganze Gruppe, erst in den Bus zu steigen, "wenn der letzte Euro gezahlt wurde", sagt Michael Wahl vom Beratungsnetzwerk "Faire Mobilität", das zusammen mit Gewerkschaftern, Kirchenleuten und Privatpersonen die Fahrer in den vergangenen Wochen unterstützt hatte. Ein Teil der Fahrer wollte auf eigene Faust entweder in die Heimat oder zu neuen Arbeitsplätzen in Litauen, Polen oder der Slowakei aufbrechen.

Am Ende steht buchstäblich Kehraus: Mit einem Besen fegt einer der Fahrer Abfall zusammen, ein anderer entsorgt Pappkartons. Da ist die Habe bereits im Bus verstaut. Der Abschied ist emotional, mit Applaus und Freudentänzen. Der Georgier Kachaberi Macharadze drückt Michael Wahl vom Beratungsnetzwerk "Faire Mobilität" in einer Art Bärenumarmung an sich, strahlt über den langersehnten guten Ausgang des Streiks.

Lkw-Fahrer: "Danke, danke für die Unterstützung"

Mit hochgerecktem Daumen signalisiert Zura Baluchaschiwli: Jetzt ist alles in Ordnung. Der hochgewachsene Georgier war in den vergangenen Wochen durch Ruhe und Besonnenheit aufgefallen. Doch wenn er bei den Streikversammlungen sprach, hörten alle zu. Jetzt wirkt er sowohl erleichtert als auch nachdenklich. "Danke, danke für die Unterstützung", sagt er und meint die Gewerkschafter, Kirchenleute und Privatpersonen, die die Fahrer in den vergangenen Wochen unterstützt und versorgt hatten. Gemeint sind aber auch die Medienvertreter: "Das hat geholfen, auf uns aufmerksam zu machen", sagt er über die Berichte.

Denn auch wenn es bei dem Streik um ausstehenden Lohn ging und die Fahrer in den langen Wochen des Wartens und Kämpfens mehr als 303.000 Euro erstritten: Auch die Menschenrechtssituation im internationalen Gütertransport, vor allem bei Fahrern aus Drittländern in der EU, war plötzlich ein Thema in der Öffentlichkeit und sogar im Europaparlament.

Dabei wollten Männer wie der Georgier Zeze, der mit gebrochenem Fuß hinter dem Steuer saß und keine Krankenversicherung für die EU hatte, nur arbeiten und ein besseres Leben für ihre Familien. "Ich hatte Arbeit als Fahrer in Litauen. Dann habe ich (zu dem polnischen Unternehmen) gewechselt, weil es mehr Geld bot. Aber nach drei Monaten blieb dann zum ersten Mal das Geld weg", sagt er. Tränen der Wut sind in seinen Augen, wenn er erzählt, dass er in dem Job regelrecht gefangen war. Hätte er gekündigt, hätte er sein Geld nie wieder gesehen. Nun kann er auf einen neuen Anfang hoffen.

David gegen Goliath

"Für die Männer ist das ein Triumphmoment", sagt Michael Wahl von "Faire Mobilität". Es ist ein Moment, der Folgen haben könnte, weit über die mehr als 60 Fahrer des Streiks hinaus: "Wir hoffen, dass dieser Aufschrei der ausgebeuteten Fahrer Effekte hat, dass sich langfristig etwas in diesem Sektor ändert, dass die Arbeitsverträge besser werden, dass aber auch in den Lieferketten Verantwortung übernommen wird", betont Wahl.

Am Ende war es wohl die Drohung eines Kunden der Spedition, der auf seine Lieferung wartete und mit Vertragsstrafen drohte. "Wenn Menschenrechte und Arbeitsbedingungen gebrochen werden, scheint das niemanden zu interessieren, aber wenn mit 100.000 Euro Vertragsstrafe pro Tag nicht ausgelieferter Lieferung gedroht wird, dann kann auf einmal ganz schnell Geld gezahlt werden", so der Berater Wahl.

Bitterkeit soll an diesem Tag aber nicht aufkommen. Denn aus der Sicht der Fahrer und ihrer Unterstützer hat sich eine Gruppe von Davids gegen einen Goliath behauptet. Oder, wie der niederländische Gewerkschafter und Chefunterhändler Edwin Atema twitterte: "Sie haben gekämpft wie Löwen und gewonnen."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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