"Letzte Generation" besprühte Jacht: Neustädter Bürgermeister fordert Geld

Der Tag danach in Neustadt in Holstein. Der Bürgermeister will das Geld für den Einsatz zurück. Im Hafen herrscht Ruhe. Nur ein Missverständnis gilt es aufzuklären.

Mirko Spieckermann hat die Nase voll: Am Dienstag hatten Aktivisten der letzten Generation eine Luxusyacht in Hafen von Neustadt in Holstein geentert, diese besprüht und auf Transparenten Bundeskanzler Olaf Scholz zum Umdenken, seiner Klimapolitik aufgefordert.

Heute fordert Neustadts parteiloser Bürgermeister von den Aktivisten das Geld für den Einsatz zurück. "Die "Letzte Generation" hat meine Leute gefährdet", so der Politiker auf t-online-Nachfrage. Die Feuerwehr sei zum Großeinsatz ausgerückt. "Da durfte sonst nichts passieren", so Spieckermann. Die Wehr hätte kaum Kapazitäten gehabt, gleich zwei solcher Einsätze gleichzeitig zu stemmen. Auch die Sanitäter hätten sich an Bord der Luxusjacht durchaus verletzen können. Der Bürgermeister: "Das ist doch alles kein Scherz und nicht witzig. Dafür will ich kein Geld ausgeben". Die Kosten stelle er denen in Rechnung. "Cent für Cent".

Spieckermann fordert die "Letzte Generation" auch zum Umdenken auf. So geht es nicht weiter. Stoppen Sie diese Aktionen. Sie bringen nichts", lautet sein Appell.

Im Jachthafen herrscht großes Schweigen

Für ihn wird sich in seiner Stadt durch die Aktion, "nichts, aber auch gar nichts" ändern. Da ist er sich sicher. Die Marina werde weiter größter Anlaufpunkt an der Ostsee für Segler und Jachtbesitzer bleiben. Der Politiker: "Darauf ist ganz Neustadt stolz". Ausfälle beim Tourismus erwartet er "selbstverständlich nicht".

Im Jachthafen selbst herrscht heute allerdings großes Schweigen. Die Geschäftsleitung der "ancora Marina GmbH", sie betreibt den Jachthafen in Neustadt, lehnt brüsk jedes Pressestatement ab, droht mit der Polizei, wenn man nochmal nachfragt.

Hat die Lady M ihre besten Tage hinter sich?

Auch beim Jachtverleih "Sunseeker" will niemand öffentlich zur "Letzten Generation" etwas sagen, lediglich Missverständnisse sorgen für Gesprächsstoff. Die Charterfirma aus Neustadt wirbt auf ihrer Internetseiten nämlich für eine "Lady M", also mutmaßlich für jenes Schiff, das gestern beschmiert wurde und in Sichtweite des "Sunseeker"-Büros liegt. Kostenpunkt für eine Miete pro Woche: 42.000 Euro. Dem Unternehmen zufolge, ist das aber eine andere Lady M, als die in Neustadt. "'Lady M' für ein Schiff ist so häufig wie Müller, Meier als Nachnamen", so "Sunseeker"-Broker Sven Schulz auf t-online-Nachfrage. Die des Verleihs soll jünger, größer, noch prächtiger und wohl noch teurer sein, als das, was im Hafen Neustadt vor Anker liegt und vor Mallorca auf zahlungskräftiges Publikum warten.

Möglich ist das. Denn die Neustädter Namensschwester hat die Ostsee schon lang nicht mehr verlassen. Das zeigen Daten verschiedener Trackingdienste, mit denen man im Netz verfolgen kann, wo ein Schiff gerade ist und wo es vorher war. Danach war die Jacht mal teuer, hatte designtes Interieur und allerlei Extras. Das ist lang her.

1994 lief das Schiff zum ersten Mal aus. Die guten Tage scheinen vorbei. In den letzten Wochen und Monaten ist sie nur noch zwischen Heiligenhafen, Neustadt und Wismar unterwegs, so die Tracker. Kurzstrecke also, statt Prunk und Protz.