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"Disney100" in München: Das erwartet Sie in großen Disney-Ausstellung


Mickey Maus, Donald Duck und Co.
Disney feiert 100 Jahre: So ist die Ausstellung in München

MeinungVon Jonas Voss

24.04.2023Lesedauer: 5 Min.
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Der Schneemann Olaf in der Disney100-Ausstellung: In der Kleinen Olympiahalle kann man in die Magie des Disney-Universums eintauchen. An mancher Stelle bleibt aber ein schaler Beigeschmack. (Quelle: Disney100)

In München kann man nun bis September in die Geschichte von Disney eintauchen. Dabei: Magische Momente für Fans - aber auch ein paar Wermutstropfen.

Und plötzlich ist sie da, die Gänsehaut. Als im Rücken des Besuchers die ersten Töne von "Circle Of Life" erklingen, überströmen einen sofort all die Kindheitserinnerungen, die man mit dem "König der Löwen" verbindet. Von solchen Momenten lebt die Ausstellung "Disney100", bei der Fans der Entstehungsgeschichte von Mickey Maus, Donald Duck und Co. nachgehen können. Bereits beim Betreten der Ausstellung wird man von Mickey im Zauberergewand aus dem Trickfilmklassiker "Fantasia" von 1940 empfangen.

Zu dieser Zeit war Disney bereits einer der prägenden globalen Film- und Unterhaltungskonzerne. Dabei hat alles ganz bescheiden begonnen: Mit 300 geborgten Dollar, wie man in der Ausstellung in der Kleinen Olympiahalle erfährt. Zusammen mit seinem Bruder machte sich Walt Disney Anfang der 1920er-Jahre auf, ein Imperium zu schaffen: Walter Elias, 22 Jahre – und Roy, 30 Jahre alt. Der eine mit dem Gespür für Stift und Strich, der andere eher für das Geld. Gemeinsam gründeten sie das Disney Brothers Cartoon Studio.

Bereits als Kind zeichnete Walt Disney das Pferd seines Nachbarn – für fünf Cent. Aber seine professionellen Anfänge im Kunstgeschäft waren zum Scheitern verurteilt: Die Rechte an seinen Comics um "Oswald den lustigen Hasen", schon sehr disney-typisch mit diesen Figuren, mehr Mensch als Tier, verlor er an einen Geschäftspartner. "Ich glaube, es ist wichtig, dass man als junger Mensch einmal so richtig scheitert", soll Walt einmal gesagt haben. Ein Einfall während einer Zugahrt von Manhattan nach Hollywood soll es gewesen sein, der ihn rettete – und Geschichte schrieb: Mit den 300 Dollar Startkapital von Bruder Roy beauftragte er die Zeichner Ub Iwerks und Les Clark: Malt mir eine Maus.

Walt Disney erschuf Mickey Maus in Anlehnung an Charlie Chaplin

Später erinnerte sich Walt Disney so, wie man in der Ausstellung nachlesen kann: "Wir dachten an eine kleine Maus, die etwas von der Wehmut Charlie Chaplins hat. Ein kleiner Kerl, der versucht, sein Bestes zu geben." In "Steamboat Willy" lernt die Menschheit die Maus kennen, bei der Kinopremiere in New York am 18. November 1928. Da steht Micky noch am Ruder eines Dampfers. Heute umfasst der Disneykonzern weit mehr als Trickfilmfiguren: Er bietet Heldenepen zwischen den Sternen ("Star Wars") und spektakuläre Weltenrettungen im Kampf Gut gegen Böse (Marvel-Superheldenfilme).

Disney, das ist die Menschwerdung von Maus und Erpel und das Universum, das daraus erwuchs. Eben bis zu den heute wahrhaft kosmischen Ausmaßen. Dafür brauchte es laut Walt Disney nur wenige, simple Zutaten: "Sie heißen Neugier, Selbstvertrauen, Mut und Beständigkeit, und das Größte von ihnen ist das Selbstvertrauen. Wenn man an eine Sache glaubt, muss man bedingungslos und ohne zu hinterfragen daran glauben."

Es gibt in dieser Ausstellung also viel zu sehen und zu entdecken – die Schaffenskraft dieses Konzerns ist enorm groß und er hatte beinahe 100 Jahre Zeit. Und dennoch gibt es in der Kleinen Olympiahalle Licht und Schatten, ganz wie im Film. Die verschiedenen simultan ertönenden Ausstellungsmusiken der einzelnen Räume überschneiden sich unangenehm oft, statt in die Zauberwelt Disneys hineinzuziehen, befördert die Kakofonie allzu oft hinaus. Und was haben die Macher aus Walt Disneys magischster Fähigkeit gemacht, dem Storytelling? Leider viel zu wenig.

"Disney100" zieht den Besucher nicht vollends in den Bann

Dabei sind alle Zutaten dafür vorhanden: In der Jubiläums-Ausstellung gibt es unter anderem ein Schaukelpferd aus dem Karussell von "Mary Poppins", den lebensgroßen Schneemann "Olaf" aus Disneys "Eiskönigin", ein Laserschwert aus "Star Wars", die Hakenhand von Captain Hook aus "Peter Pan", es gibt Filmmusik und -szenen. Die vielen Kostüme, Requisiten, Skizzen, Storyboards oder interaktiven Displays ziehen den Besucher beinahe schwerelos von einem Höhepunkt zum nächsten im Disney-Kosmos. Doch die recht lieblos an den Wänden platzierten Texttafeln reißen immer wieder heraus aus der magischen Reise: Inhaltlich oft belanglos, mit schlechter Grammatik oder im Marketingsprech verfasst.

Wobei, vielleicht passt auch das hervorragend in das Konzept des Disney-Universums. Denn auch dort ist alles einige Stufen größer, bunter, lieblicher, auch harmonischer, als in der Welt da draußen. Dass zahlreiche Filme oder Figuren auch stereotypischen oder rassistischen Vorurteilen das Wort redeten? Davon will man hier nichts hören. Auch Kritik von Umweltschützern oder Gewerkschaftern am Gigantismus der Disney-Themenparks oder der Kreuzfahrtflotte findet hier keine Erwähnung.

Nicht nur bei den Filmen, auch bei seinen Freizeitparks bediente sich Walt Disney an Europas kulturellem Fundus. Die Idee dazu muss ihm in den 1950er-Jahren gekommen sein, wie man in der Ausstellung erfährt. 1953 rief er unvermittelt seinen Art Director Herb Ryman an und verkündete, er wolle einen Freizeitpark erschaffen: "Mein Bruder Roy muss am Montagmorgen nach New York fliegen", soll Disney Ryman erklärt haben. "Sie wissen ja, dass Banker keine Fantasie haben ... Roy muss ihnen zeigen, wie dieser Ort aussehen wird."

Der erste Disneypark feierte 1955 in Anaheim Premiere

Und so erschuf Ryman die Blaupause für die Disney-Parks: Eine Landschaft mit Eisenbahn, ein See samt Rad-Dampfer, und in der Mitte ein Märchenschloss, wie es sich auch König Ludwig II. in Bayern nicht schöner hätte erträumen können (Disney soll sich tatsächlich beim Bau an Schloss Neuschwanstein orientiert haben).

Das erste Disney-Neuschwanstein feierte 1955 Eröffnung in Anaheim, USA. Die Münchner Jubiläums-Ausstellung zeigt Bilder und Modelle dieser ganz realen Disney-Märchenwelten: Mittlerweile gibt es Ableger in Hongkong, Tokyo und Paris. 155 Millionen Besucher weltweit besuchten 2019, vor der Pandemie, die Disney-Parks. So zumindest die Statistik des Unternehmens. Wer mit Kindern hier durchgeht, wird wohl bereits den nächsten Familienurlaub im Kopf durchrechnen können – günstig ist die Disneywelt nicht zu haben.

"Disney100" ist eine Familienausstellung, der nicht alles gelingt

Ja, "Disney100" ist eine Familienausstellung – und insbesondere die Kinder haben in den Räumen sichtlich Spaß, sie können so richtig eintauchen in den Querschnitt dieses magischen Universums. Aber der Mangel an einer komplexeren Aufarbeitung der Konzerngeschichte ist für erwachsene Besucher doch erstaunlich. Oder überhaupt an mehr Hintergründen zum Handwerk der Trick- oder Animationsfilmkunst. Stattdessen beschäftigen sich gleich mehrere Räume mit den Disney-Themenparks, den Musicals oder Realfilmen. Und zwischendrin gibt Werbetafeln für die konzerneigene Streaming-Plattform "Disney Plus".

Spätestens am Ende im ziemlich großen Merchandisestore kann sich der Besucher des Eindrucks nicht erwehren: "Disney100" dient vor allem dem Marketing. Dabei hätte der Konzern das gar nicht nötig. Denn dass seine Produkte voller Magie sind und Erinnerungen fürs Leben prägen - auch das erlebt man in der Ausstellung. Spätestens, wenn der erste Ton des persönlichen Disneylieblingsfilms ertönt.

Die Ausstellung "Disney100" in der Kleinen Olympiahalle geht noch bis zum 3. September.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche vor Ort
  • disney.de: "Disney100"
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