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Michael Mittermeier über Söder und Aiwanger: "Das war ein Fehler"


Comedian zur Bayern-Wahl
Michael Mittermeier über Söder: "Das war ein Fehler"

InterviewVon Reinhard Franke

Aktualisiert am 10.10.2023Lesedauer: 6 Min.
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Michael Mittermeier findet "beschämend", wie Hubert Aiwanger mit seiner Flugblatt-Affäre umgegangen ist. (Quelle: IMAGO/Eibner-Pressefoto/imago-images-bilder)

Comedian Michael Mittermeier ist nie um eine Meinung verlegen. Erst recht nicht nach der Landtagswahl in Bayern, wie er im Gespräch mit t-online deutlich macht.

Jetzt schlägt’s 13! Mit seinem aktuellen Programm ist der Kabarettist und Komiker Michael Mittermeier derzeit auf der Bühne zu sehen. Der 57-Jährige findet nebenbei noch Zeit, sich einen Traum zu erfüllen – mit der Eröffnung des "Lucky Punch Comedy Clubs" in München am Donnerstag. Im Interview mit t-online spricht Mittermeier über seinen Club, die Landtagswahl in Bayern und über die Zahl 13.

t-online: Herr Mittermeier, Bayern hat am Sonntag gewählt, was sagen Sie zum Wahlergebnis?

Michael Mittermeier: Ist sehr ernüchternd. Und deswegen ist es umso wichtiger, dass die Politik gute Lösungen zu den wichtigen Themen dieser Zeit findet, um den Populisten nicht das Feld zu überlassen.

Warum hat die Flugblatt-Affäre den Freien Wählern bei der Landtagswahl offenbar nicht geschadet oder eher noch genützt?

Das müssen Sie die Wählerinnen und Wähler fragen.

Wie haben Sie die Affäre Aiwanger verfolgt und gesehen?

Es war definitiv keine Schmutzkampagne. Der Aiwanger wusste es, wurde ja vorher auch von der Presse informiert. Niemand hat ihn mit Schmutz beworfen, nur er selbst – damals und dann zuletzt, indem er erst alles abgestritten und sich dann als Opfer hingestellt hat. Ich mag dieses Rumgeeier und Rumgelüge nicht. Ich hoffe, dass die Menschen erkennen, dass einige Bauernfänger unterwegs sind.

Warum bekam Aiwanger in Bayern weiterhin diesen Anklang?

Es ist ein bisschen wie bei Trump. Ich finde es schade, wenn oft gesagt wird, dass die Medien immer so schlecht schreiben und Fake News verbreiten. Das ist totaler Quatsch. Es wird über Dich negativ berichtet, weil Du etwas gemacht hast, was nicht okay war. Ich habe zuletzt auf der Wiesn mit einem Typ ein Selfie gemacht, danach ist er komplett durchgedreht und hat mich als Volksverräter beschimpft. Ich habe in den vergangenen Jahrzehnten für Deutschland mehr gemacht als viele von denen, die mich beschimpfen. Ich mache Gags über die Roten, die Schwarzen, die Grünen. Die Rechten und die Linken haben leider eins gemeinsam, sie haben keinen Humor.

Die politischen Verhältnisse in Bayern sind anders als im Rest der Republik. Mit der CSU gibt es eine eigene Volkspartei, nur hier sind die Freien Wähler im Landtag vertreten. Beide pflegen eine Art bayerischen Patriotismus. Ist das ein Problem?

Nein. Die Freien Wähler sind vor Jahren stark geworden, weil sie lokalpolitisch viel gemacht haben. Der Gedanke, dass man in Bayern etwas voranbringen möchte, ist schön. Aber bitte, seid nicht verblendet. Ein Wort wie Heizungsideologie ist ein Quatsch-Wort, weil es einfach Blödsinn ist.

Hätten Sie sich lauteren Protest aus der Bevölkerung gegen Aiwanger gewünscht?

Ich hätte mir schon gewünscht, dass einige Leute mehr darüber nachdenken, was er da gemacht hat. Ich finde es beschämend, wie er damit umgegangen ist. Man kann jeden Fehler verzeihen, aber Du musst mit offenen Karten spielen. Wenn man sich verstellt, führt es zu nichts.

Sie sagten mal "Söder hatte keine Eier, er hatte keine Hoden" – das war schon böse.

Söder ist leider in sich gefangen. Es war ein Fehler, dass er auf die Demo in Erding gegen das Heizungsgesetz ging. Es war ein Sammelsurium von allen Unzufriedenen. Dann geht Söder da hin und tut so, als ob es eine ganz normale politische Veranstaltung ist. Zusammen mit "Hubsi" (Hubert Aiwanger, Anm. d. Red.) kam er da nicht mehr raus. Dessen Satz "Wir werden uns die Demokratie zurückholen" geht so nicht. Das ist beschämend. Das war ein dämlicher Satz, denn er ist gerade Teil dieser Demokratie in der bayerischen Landesregierung und macht auch mit die Gesetze.

Sie haben im Gasteig Ihren "Lucky Punch Comedy Club" eröffnet. Am Donnerstag ist offizielles Opening. Was ist die Idee dahinter?

Ich habe das schon seit fünf Jahren im Kopf. Wir haben bis heute keinen Businessplan, dafür einen Comedy-Plan. Wir wollen aus München das bestmögliche Comedy-Szenario basteln. An sechs Tagen in der Woche sollen lokale Comedians eine Bühne bekommen. Da kommt auch mal einer, der seinen ersten Auftritt hat. Wir filmen jeden Abend mit und jeder hat das beste Material, das er für Social Media verwenden kann.

Der eigene Club – ein langgehegter Traum?

Absolut. München ist so bereit für solch einen Club, vom Hinterzimmer auf die Hauptbühne. Er fördert die Szene mit einer tollen Plattform, und gleichzeitig will ich eine Marke etablieren. In einem Jahr soll es durch den Club einige Veranstalter mehr geben, die das hauptberuflich machen können. Ich sehe mich als Katalysator, sodass die Leute spielen können.

Ihr aktuelles Programm ist für alle, die auch gerne mal im Flugzeug in Reihe 13 sitzen oder im Hotel im 13. Stock die Minibar aus dem Fenster werfen. Wie kamen Sie darauf?

Diese Zahl ist eine Schicksalszahl. Ich erzähle in dem Progamm viele persönliche Geschichten, die um mich herum passiert sind, auch eine sehr dunkle, die ich auf der Bühne verarbeite.

Sie meinen die vier Totgeburten Ihrer Frau?

Ja, genau. Das haben wir lange verheimlicht. Ich bin damals immer mit Cap, Sonnenbrille und Schal ins Krankenhaus, damit mich keiner erkennt. Das war eine heftige Zeit für meine Frau und mich und eine extreme Achterbahnfahrt. Das verarbeitest du nicht einfach in einem Programm, das ging mir jahrelang im Kopf. Mir war klar, dass ich erst einen Stand-up dazu mache, wenn ich bereit bin. Wenn meine Frau gesagt hätte "Schmeiß die Nummer raus", hätte ich sie rausgeschmissen und nicht eine Sekunde nachgedacht. Es war schwer, aber das aktuelle Programm ist für mich das Beste, was ich je gemacht habe.

Haben Sie nach den vier Totgeburten ans Aufhören gedacht?

Nein, das war nie ein Thema. Das, was ich da mache, hat nicht nur etwas mit Humor und Witz zu tun. Sondern das ist der Ausdruck meiner Seele.

Ihre Anfänge kennen nur wenige. Sie wurden damals von Bono von U2 in der Münchner Olympiahalle auf die Bühne gebeten, und dann haben Sie drauflos gespielt.

Es war auf der U2-Tournee von 1987. Ich war Fan, Bono hat mich dann auf die Bühne gezogen und mir die Gitarre in die Hand gedrückt und gefragt, ob ich die Akkorde von "People Get Ready" spielen kann. Dann habe ich mitgespielt. Wir hatten auch mal eine legendäre Nacht in Berlin, als ich Bono einen Echo überreicht habe. Und bis heute sind wir befreundet.

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Besonders aus Bayern kommen oft Witze darüber, dass in Berlin nichts funktioniere. Erweist sich diese Arroganz aktuell als Fehler?

Es gibt in Berlin auch viele Witze über die Bayern, dass hier nur Prosecco getrunken wird und die Kinder in Bayern nur mit Aperol Spritz in der Flasche aufgezogen werden. Man muss nicht alles so eng sehen.

Apropos Arroganz. Ihr Herzensverein, der FC Bayern, hat in den vergangenen Jahren ein bisschen von seiner gesunden Arroganz eingebüßt. Oder?

Das stimmt, ein paar Dinge hätten smoother laufen können. Da hat der FC Bayern an Souveränität eingebüßt. Trotzdem werde ich immer Bayern-Fan bleiben. Ich stand als kleiner Bub im Olympiastadion und habe Paul Breitner, Uli Hoeneß und Sepp Maier zugeschaut. Das ist meine schöne Kindheitserinnerung.

Wie sehen Sie Thomas Tuchel und Jamal Musiala? Können beide eine neue Ära beim FC Bayern prägen?

Ich würde es mir wünschen. Musiala ist eine Augenweide. Wie er mit der Kugel umgeht, ist schon toll. Er hat mal in der Champions League diesen Wahnsinns-Pass gespielt. Irre. Er hatte den Ball eigentlich schon verloren, doch dann spielt er ihn im 16er so traumhaft rüber. What the hell! Das hat er in seinem System drin, es ist einfach nur wunderbar, diesem Jungen zuzuschauen. Ich hoffe, dass Musiala eine Ära prägt. Und bei Tuchel wünsche ich mir, dass er mal länger bleibt als die Trainer in den vergangenen Jahren. Eine Trainerdiskussion nach drei verlorenen Spielen braucht kein Mensch.

Verwendete Quellen
  • Interview mit Michael Mittermeier
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