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Michael Schumacher: Kai Ebel im Interview zehn Jahre nach dem Unfall


Schumacher-Kenner Kai Ebel
"Da läuft immer derselbe Film bei mir ab"

InterviewVon Julian Buhl

29.12.2023Lesedauer: 6 Min.
Interview
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Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.

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Michael Schumacher: Der siebenmalige Weltmeister fuhr insgesamt 19 Jahre in der Königsklasse.Vergrößern des Bildes
Michael Schumacher 1995: Der siebenmalige Weltmeister fuhr insgesamt 19 Jahre in der Königsklasse. (Quelle: IMAGO/BEAUTIFUL SPORTS/Bernhardt/imago images)

Vor zehn Jahren erschütterte der tragische Skiunfall von Michael Schumacher die Sportwelt. Kai Ebel erzählt t-online, warum und wie das Drama ihn heute noch einholt.

Wer möchte, kann in diesen Tagen die ganze Reise noch einmal miterleben. Sie beginnt mit knatternden Karts in Kerpen, mit einem Jungen, der in rheinischem Singsang von der großen Karriere träumt. Und dieser Junge bricht dann auf, um ein ganzes Land mitzunehmen: in die Formel 1, zu Ferrari, zu Rekorden und weltweiter Bekanntheit.

"Being Michael Schumacher" heißt die ARD-Doku, die im Dezember im TV und in der Mediathek zu sehen ist, eine Hommage an einen der berühmtesten Deutschen. Anlass allerdings ist der Schicksalsschlag, der alles veränderte: Am 29. Dezember 2013 erlitt Schumacher bei einem Skiunfall schwere Kopfverletzungen, seit genau zehn Jahren ist der Rekordweltmeister der Formel 1 nun aus der Öffentlichkeit verschwunden.

Seine Familie hat diesen Bereich für ihn geschaffen, denn "privat ist privat", so hat Corinna Schumacher es einmal erklärt: "Michael hat uns immer beschützt. Und jetzt beschützen wir Michael."

Einfach war das nie. "Wie geht es ihm?" Diese Frage bewegte Deutschland nach dem Unglück, und sie führte zu einem Ansturm, nicht selten zu Übergriffen. Hunderte Journalisten und Fotografen vor dem Krankenhaus in Grenoble, tagelange Spekulationen, Pressekonferenzen der Mediziner, um diesem Andrang Herr zu werden. Und immer wieder taten sich seither Abgründe auf in der deutschen Medienlandschaft.

Kai Ebel begleitete Schumacher vor seinem Unfall jahrzehntelang, kennt ihn wie kaum ein anderer. Im Interview mit t-online erinnert sich der langjährige Formel-1-Reporter daran, wie er das Drama um Schumacher erlebt hat.

t-online: Herr Ebel, am heutigen Freitag, den 29.12., jährt sich der tragische Skiunfall von Michael Schumacher zum zehnten Mal. Sicher auch für Sie ein sehr spezielles Datum, oder?

Kai Ebel: Logisch. Da läuft immer derselbe Film bei mir ab.

Welcher genau?

Ich habe in dem besagten Jahr damals gemeinsam mit Michael Schumacher eine Vortragsreihe gemacht. Das war ein anderthalbstündiges Bühnenprogramm für ausgewählte Zuschauer. Michael hat dabei über sein Leben erzählt, über Freundschaft, Adrenalin und auch Privates. Unser letzter gemeinsamer Abend war kurz vor Weihnachten in Herzogenaurach. Da hat er noch gesagt: "Mensch, das ist unsere letzte Veranstaltung für dieses Jahr. Wollen wir nicht was essen und trinken gehen?" Also sind wir dann in so einen Nürnberger Keller und haben dort viele Witze erzählt und viel zusammen gelacht. Ich hab' ihn dann noch gefragt, wie es für ihn jetzt weiter geht. Und er erzählte mir, dass er mit der Familie nach Méribel in den Skiurlaub fliegt. Ich habe dann noch gesagt, dass ich da auch schon war und es ein sehr schönes Skigebiet ist. So sind wir dann auseinandergegangen. An diesen Abend denke ich immer wieder zurück und werde auch ständig daran erinnert.

Warum?

Ich war ja außerhalb seiner Familie der Letzte, der ihn vor seinem Urlaub und dem Unfall noch gesehen hat. In den ersten Jahren wurde ich fast täglich auf Michael Schumacher angesprochen, mittlerweile zumindest wöchentlich. Die Leute fragen mich, ob ich nicht eine Ahnung davon hätte, wie es dem Michael denn geht und ob ich nicht was wüsste. So werde ich ständig daran erinnert.

Wissen Sie noch, wie Sie von Schumachers Unglück erfahren haben?

Auf der Couch. Meine Frau hat mich zum Fernseher gerufen und gesagt, ich solle mal schnell kommen, weil da eine Textzeile laufen würde: "Michael Schumacher schwer verunglückt." Ich habe im ersten Moment gesagt: "Die Spinner, der ist doch im Urlaub." Ich habe immer gedacht, wenn ihm mal ein Unfall passiert, dann nur im Rennauto. Dann passiert ihm das im Skiurlaub. Am Anfang habe ich gehofft, es sei nichts Schlimmes. Es gab ja unterschiedliche Meldungen, unter anderem die, dass er den Rettungshelikopter noch selbst rangewunken habe. Ich dachte: Der ist tough und kommt schon wieder auf die Beine.

Es kam leider anders. Wie gehen Sie damit heute um?

Es schüttelt einen immer noch durch, wenn man daran denkt. Ich sage mir deshalb immer: Genieß dein Leben, jeden Tag, lass dich nicht von irgendwelchen schlechten Nachrichten entmutigen. Michael ist immer ein Beispiel, wie schnell es von oben nach unten gehen kann, wie schnell alles von heute auf morgen vorbei sein kann. Er ist aus dem Flugzeug gesprungen, Motorrad und natürlich Autorennen gefahren. Ein gebrochenes Bein war alles, was ihm dabei mal passiert ist. Und da dann so ein horrender Unfall. Das ist schon schlimm. Es war einfach ein tragischer Unfall. Dass das so dermaßen schiefgeht, passiert wahrscheinlich auch keine zweimal.

Würden Sie sich als Freund von Schumacher bezeichnen?

Zu sagen, dass ich sein Freund bin, wäre übertrieben. Das wird mir zu inflationär verwendet. Wir kannten uns sehr gut, haben uns gegenseitig sehr respektiert für das, was wir tun. Es gab schon ein Vertrauensverhältnis zwischen uns.

An was denken Sie am 29.12. dann zurück? Mehr an die gemeinsamen Momente mit DER deutschen Formel-1-Legende?

Klar, das ist doch ganz normal. Meine 30 Jahre in der Formel 1 waren bestimmt durch Michael Schumacher. Wir haben die Sportart mit RTL ein bisschen bekannter gemacht. Und er ist weltberühmt geworden. Wir haben den Weg sehr lange gemeinsam beschritten. Er hat immer auch zu meinem Leben gehört. Deshalb werde ich so häufig darauf angesprochen. Und es kommt bei jeder Gelegenheit auch wieder hoch. Wenn man hört, was die Teams machen. Dann hört man, dass ein gewisser Teamboss bei Mama Rosella essen war. Dann denkt man natürlich: Klar, da war Michael auch gerne.

Haben Sie noch regelmäßig Kontakt zur Familie Schumacher?

Ich habe Corinna zuletzt noch mal bei der Formel 1 getroffen, auch Michaels Managerin. Aber insgesamt nicht mehr allzu oft. Auch dadurch, dass ich nicht mehr so häufig in der Formel 1 unterwegs bin und auch Mick Schumacher dort nun nicht mehr aktiv ist. Mein Lebensmittelpunkt ist jetzt ein anderer. Ich habe Michael auch nicht besucht und nie danach gefragt. Ich will die Familie in Ruhe lassen und mich da zurückhalten. Wenn da was Blödes rauskommt, heißt es, der Journalist hat gequatscht. Das ist Privatsache und geht nur die Familie was an. Ich will mich da nicht aufdrängen. Wenn ein Jean Todt da mal zu Besuch ist, dann ist das etwas anderes.

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Sie sprechen Michael Schumachers Sohn Mick an. Ist der Nachname seines berühmten Vaters vielleicht eine zu große Bürde für ihn?

Er ist ein ganz feiner und sehr netter Kerl, der auch sein Hobby zum Beruf gemacht hat: Rennen fahren. Unfairerweise wird immer zu viel von ihm erwartet. Für ihn persönlich ist es vielleicht ganz gut, jetzt bei der Langstrecken-WM zu fahren, damit die Vergleiche endlich mal aufhören.

Die sind aus Ihrer Sicht also unfair?

Ja. Warum muss denn jeder in irgendwelche Fußstapfen treten? Bei anderen ist das doch auch nicht so. Er soll einfach ein glückliches Leben führen. Er hat irgendwie auch zum Rennsport gefunden, aber Michael hat das nie forciert, ihn gleichzeitig trotzdem unterstützt. Aber das heißt ja nicht, dass Mick jetzt auch siebenmaliger Formel-1-Weltmeister werden muss. Er hat eben die gleiche Leidenschaft wie sein Vater. Punkt. Welcher Sohn von Franz Beckenbauer ist denn in dessen Fußstapfen getreten? Solche Vergleiche sind nie fair.

Glauben Sie trotzdem, dass wir Mick Schumacher noch mal in der Formel 1 sehen werden?

Das ist schwierig vorauszusagen. Im Motorsport geht es manchmal so schnell. Es gibt viele, die da noch eine Rechnung offen haben und wiederkommen. Wie oft hat zum Beispiel Nico Hülkenberg in der Formel 1 schon mit allem abgeschlossen und ist dann trotzdem immer wieder gekommen.

Wie geht's mit Ihnen weiter? RTL wird nun ja doch wieder Rennen übertragen. Erleben wir da also auch Ihr nächstes Comeback in der Formel 1?

Das ist im Moment ein offenes Buch. Ich muss mich zuerst mal mit dem Sender zusammensetzen und sehen, was beide Seiten wollen. Ob die Rolle noch die gleiche sein kann, wie sie war. Da ist es schwer, etwas seriös vorauszusagen. Ausschließen würde ich es auf keinen Fall. Das würde ich nur, wenn mir jemand sagt: Du musst noch mal 25 Rennen komplett machen. Ich habe 506 Rennen und das Ganze 30 Jahre lang gemacht. Es tut auch gut, wenn man sich am Flughafen nicht schon selbst entgegenkommen sieht. Es gibt auch ein Leben außerhalb der Formel 1. Fernsehauftritte machen mir schon noch Laune. Aber nicht mehr derart im Hamsterrad wie früher.

Verwendete Quellen
  • Telefonisches Interview mit Kai Ebel
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