t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



Menü Icon
t-online - Nachrichten für Deutschland
HomeSport2. Bundesliga

Bundesliga-Uhr des Hamburger SV: "Ich laufe immer weiter"


Gespräch mit einer Institution
HSV-Uhr: "Ich laufe weiter, immer weiter"

t-online, Sebastian Schlichting

Aktualisiert am 05.05.2015Lesedauer: 4 Min.
Immer am Laufen: Die Bundesliga-Uhr des Hamburger SV, hier beim Spiel gegen den FC Augsburg im April.Vergrößern des BildesImmer am Laufen: Die Bundesliga-Uhr des Hamburger SV, hier beim Spiel gegen den FC Augsburg im April. (Quelle: Revierfoto/imago-images-bilder)
Auf Facebook teilenAuf x.com teilenAuf Pinterest teilen
Auf WhatsApp teilen

Seit über 51 Jahren ist der Hamburger SV in der Bundesliga. Seit der ersten Sekunde, ohne Unterbrechung. Als einziger Klub in Deutschland. Im Jahr 2001 hat der Verein eine Uhr anbringen lassen, die dies genau anzeigt. Die erste Bundesliga-Uhr gab 2012 den Geist auf, seit 2013 tickt eine neue Uhr im Stadion. Oft hart am Rande des Abstiegs-Abgrunds. Wir hatten die Gelegenheit, mit dieser HSV-Institution zu sprechen. Es geht um den Abstiegskampf, ihre eigene Zukunft und spottende Gäste-Fans.

t-online.de: Liebe HSV-Uhr, haben Sie kurz Zeit für uns?
HSV-Uhr: Wenn ich dabei weiterlaufen darf.

Kein Problem.
Dann gern. Stillstand kann ich mir nämlich nicht erlauben. Was verschafft mir denn die Ehre?

Der HSV spielt um die Existenz in der Bundesliga. Und damit ja auch um Ihre.
Ich gehe fest davon aus, dass wir es schaffen. Die Mannschaft funktioniert jetzt wie ein Uhrwerk und ich bin einfach noch zu jung fürs Museum.

Sie klingen erstaunlich ruhig. Gar keine Nervosität im Abstiegskampf?
Man gewöhnt sich an vieles. Es ist ja nicht meine erste Saison im Tabellenkeller.

Würden Sie in der 2. Liga den Dienst quittieren?
Ich will niemandem zu nahe treten. Aber mein Vorgänger und ich haben hier seit 2001 immer das Beste gesehen, was der deutsche Fußball zu bieten hat. Da ist man schon etwas verwöhnt. Und was sollte ich in der 2. Liga anzeigen: Die Zeit seit dem Abstieg? Wohl kaum.

Sie würden umgehend die Arbeit einstellen?
Vermutlich. Das würde ich mit dem Verein abstimmen. Aber eigentlich will ich darüber gar nicht groß sprechen. Ich laufe weiter, immer weiter. Da halte ich es mit Oliver Kahn. Der hat den Spruch ja 2001 bei uns im Stadion geprägt, als die Bayern in letzter Sekunde den Meistertitel holten.

Also sind Sie auch noch nach dieser Saison als Bundesliga-Uhr in Hamburg tätig?
Wenn ich Hellseher wäre, würde ich nicht im Stadion hängen. Aber um auf die Frage zurückzukommen: Ich gehe davon aus, noch sehr lange zu laufen. Weiter, immer weiter.

Wie groß ist Ihre Hoffnung?
Ich bin schon aus beruflichem Interesse ein Anhänger von Zahlen. Und wenn ich mir die Tabelle der 1. Liga ansehe, sehe ich uns auf Platz 14. Mit sechs Punkten aus den letzten zwei Spielen. Das gefällt mir wesentlich besser als in den zehn Wochen zuvor. "Kommt Zeit, kommen Punkte", habe ich mir immer gesagt. Und so war es.

Sie sehen jedes Heimspiel. Fällt es Ihnen manchmal schwer, ruhig zu bleiben?
Davon können Sie ausgehen. Aber ich muss ruhig bleiben. Gegen Augsburg…

…als der HSV vor anderthalb Wochen ein 2:0 verspielte und dann doch 3:2 gewann…
…wäre ich vor Aufregung fast zu schnell gelaufen. Aber wie sieht das denn aus, wenn die Zeit der Bundesliga-Zugehörigkeit plötzlich innerhalb weniger Minuten um mehrere Monate ansteigt. Oder um Jahre zurückfällt, wenn mir ein Spiel so auf den Zeiger geht, dass ich vor lauter Ärger rückwärts laufen würde. Nein, das geht nicht. Ich bin Profi. Nach mir kann man die Uhr stellen.

Können Sie der Mannschaft irgendwie helfen?
Ich zeige allen, dass es immer weitergeht. Sekunde für Sekunde. Tick, tack. Egal, wie verfahren die Situation zu sein scheint. Durch mich weiß jeder im Stadion, dass der HSV einmalig in der Bundesliga ist. Die Zahl der Ecken und Freistöße kann jeder anzeigen, so jemanden wie mich gibt es aber nicht nochmal. Der HSV ist immer dabei, seit über 51 Jahren. Seit dem 24. August 1963.

Wissen Sie noch, wie der Gegner hieß?
Ich arbeite zwar erst seit 2013 im Verein. Aber sich mit der Geschichte auszukennen, war selbstredend eine Grundvoraussetzung für meine Einstellung. Da bin ich fit, ich trage die Raute in mir. Erster Gegner in der Bundesliga war 1963 Preußen Münster. Das Spiel endete 1:1.

Torschütze?
Charly Dörfel.

Rekordtorschütze des HSV in der Bundesliga?
Ich darf doch sehr bitten. Entweder richtige Fragen oder gar keine. Dass das Uwe Seeler ist, ist ja wohl so klar wie die Tatsache, dass eine Minute 60 Sekunden hat.

Okay, okay. Werden Sie eigentlich von Ihren Uhr-Kollegen um den Job beneidet?
Im Abstiegskampf eher nicht. Schließlich muss ich mir dauernd anhören, dass meine Zeit abläuft. Aber daran habe ich mich gewöhnt. Ist ja nicht das erste Mal, dass es hier fünf vor Zwölf ist. Generell ist mein Job schon sehr angesehen. Ist eben etwas anderes, vor über 50.000 Zuschauern zu ticken als irgendwo am Bahnhof oder bei jemandem im Badezimmer zu hängen. Da wäre es mir eh zu schwül-warm. Ich bin wasserfest und genieße das typische Hamburger Wetter.

Hatten Sie die Hoffnung auf den Klassenerhalt zwischenzeitlich schon verloren?
Dann könnte ich meine Ziffern packen und gehen. Ich habe immer an den Klassenerhalt geglaubt und tue es natürlich immer noch. Wobei selbst ich als Zahlenexperte manchmal Probleme hatte, mit der Anzahl der Trainer in der laufenden Saison mitzukommen.

Sie hängen gegenüber dem Gästeblock. Da werden öfter Plakate hochgehalten, auf denen gegnerische Fans die Zeit bis zum möglichen Abstieg runterzählen. Im Internet gibt es einen Abstiegs-Countdown. Registrieren Sie das?
Jeder kann so viel runterzählen, wie er möchte. Mein Ende als Bundesliga-Uhr wurde schon oft prognostiziert. Und ich ticke immer noch. Weiter, immer weiter.

Auch nachts?
Natürlich. Aber da ist meine Anzeige aus und ich laufe "innerlich". Auch ich brauche meine Nachtruhe. Das führte letztes Jahr nach dem Relegations-Hinspiel gegen Fürth zu Verwirrungen. Ich habe mich wie immer um 23.30 Uhr in die Nacht verabschiedet und plötzlich war die Aufregung groß. Viele dachten, ich bin ein Fall für den Uhren-Doktor oder hätte schon gekündigt. Dabei habe ich am nächsten Tag um 9.30 Uhr die Arbeit wieder aufgenommen. Pünktlich auf die Sekunde. Tick, tack. Jetzt bitte die letzte Frage, ich esse zeitig.

Blicken wir ein paar Wochen voraus: Was passiert am 23. Mai gegen 17.20 Uhr?
Da sind Sie der Zeit ja jetzt etwas voraus. Aber spätestens dann wird klar sein, dass der HSV Bundesligist bleibt. Und ich laufe danach weiter, immer weiter. Mein Traum wäre es übrigens, demnächst mal mit dem Verein durch ganz Europa zu reisen und andere Zeitzonen kennenzulernen.

Das Gespräch führte Sebastian Schlichting

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website