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Dieter Hoeneß im Interview – Uli wieder beim FC Bayern aktiv: "Notgedrungen"


Millionenpoker bei Stürmersuche
"Das macht Bayern München nicht mit"

InterviewVon Julian Buhl

Aktualisiert am 05.07.2023Lesedauer: 6 Min.
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Victor Osimhen: Er ist gerade erst italienischer Meister geworden.Vergrößern des Bildes
Victor Osimhen: Er ist gerade erst italienischer Meister geworden. (Quelle: IMAGO/www.imagephotoagency.it)

Der Poker um einen neuen Topstürmer spitzt sich beim FC Bayern zu. Dieter Hoeneß spricht bei t-online über Harry Kane und Co. sowie die Rückkehr seines Bruders Uli.

Mit Harry Kane hat der FC Bayern bei der Suche nach einem neuen Topstürmer seinen Wunschkandidaten gefunden. Ein Jahr nach Robert Lewandowskis Abschied zum FC Barcelona soll der Kapitän der englischen Nationalmannschaft als dessen Nachfolger nach München kommen.

Sollte dieser Plan am Ende aufgehen, wäre das zweifellos der Hammer-Transfer des Sommers. Im Hintergrund arbeitet der FC Bayern intensiv an dessen Realisierung. Wie Sky berichtet, soll Karl-Heinz Rummenigge jetzt die Verhandlungen mit Kanes Klub Tottenham Hotspur führen. Nachdem ein erstes Angebot der Münchner über 70 Millionen Euro abgelehnt wurde, wird in den kommenden Tagen ein zweites erwartet, das dem Vernehmen nach bei 93 Millionen Euro plus Bonuszahlungen liegen soll.

Im Interview mit t-online spricht Dieter Hoeneß, der selbst einst ein Torjäger des FC Bayern war, über den heißen Stürmerpoker seines Ex-Klubs und das Comeback seines Bruders Uli Hoeneß bei Bayern.

t-online: Herr Hoeneß, dürfen wir Sie um eine kleine Einschätzung zur spannenden Stürmersuche, auf der sich der FC Bayern befindet, bitten? Harry Kane gilt da momentan als Wunschkandidat.

Dieter Hoeneß: Darüber wird spekuliert. Harry Kane ist natürlich eine Bank. Er hat schon fast ein Jahrzehnt lang gezeigt, dass er ein Topstürmer ist. So gesehen wäre die Wahl, wenn sie denn auf Harry Kane fiele, mit wenigen Risiken und sehr vielen Chancen verbunden. Er kann auch seine Mitspieler in Szene setzen, bringt unglaublich viel Erfahrung und Qualität mit. Er kann Tore mit rechts, links, mit dem Kopf erzielen – ein Vollblutstürmer. Wenn das klappen würde, wäre das eine sichere Bank. Harry Kane ist 29 und würde eine teure Angelegenheit werden. Aber ganz klar: Er würde Bayern natürlich sofort helfen können.

Was würde Bayern für Kane attraktiv machen?

Das müssen Sie Harry Kane fragen. Es ist aber völlig klar, dass Bayern München weiterhin eine der Topadressen in Europa ist. Auch wenn es zuletzt in der Champions League jetzt nicht ganz so geklappt hat, weiß das jeder in Europa. Vor Bayern München hat jeder Riesenrespekt. Da muss Bayern gar keine speziellen anderen Argumente bringen und sich nicht verstecken.

Als Ablösesumme stehen über 100 Millionen Euro im Raum. Muss man da bei einem bald 30-Jährigen, der im kommenden Sommer ablösefrei wäre, nicht noch mal nachdenken?

Ich weiß nicht, welche Summen da tatsächlich im Raum stehen, darüber wird viel spekuliert. Eins steht außer Frage: Egal, worauf es am Ende hinausläuft, einen Topstürmer zu verpflichten, wird natürlich eine teure Angelegenheit. Aber: Ich glaube, die Bayern tendieren – aufgrund der Erfahrungen, die sie in der vergangenen Saison gemacht haben – jetzt eben auch dazu, auf Nummer sicher zu gehen. Da würde Harry Kane sehr gut passen, wenn man eine Garantie haben will, dass es sofort klappt. Aber es gibt ja noch ein paar andere Kandidaten, für die das ähnlich zutrifft. Es ist insgesamt einfach ein sehr schwieriger Markt. Es sind nur ganz wenige hervorragende Angreifer da. Es gibt deutlich mehr Angebote und interessierte Vereine, als überhaupt Topstürmer da sind. Und das macht die Angelegenheit schwierig.

Als weitere Kandidaten gelten Victor Osimhen vom SSC Neapel und Randal Kolo Muani von Eintracht Frankfurt. Wie sehen Sie die beiden?

Das sind beides exzellente Stürmer. Auch wenn beide 24 Jahre alt sind, ist Osimhen schon ein bisschen weiter, weil er schon länger in einer Topliga spielt. Beides wären Stürmer, mit denen man fast ein Jahrzehnt planen könnte. Vor diesen Überlegungen stehen die Bayern auch. Am Ende ist es natürlich auch eine Güterabwägung. Osimhen hat schon etwas mehr Erfahrung. In Kolo Muani schlummert dagegen noch sehr viel Potenzial, vielleicht noch 20, 30 Prozent seines Leistungsvermögens, das er noch weiterentwickeln kann, wenn er sich in einer der Topligen etabliert hat.

Osimhen kennt die Bundesliga ebenfalls, beim VfL Wolfsburg funktionierte er allerdings damals noch nicht so gut. Auch ein Faktor?

Wenn einer in die Bundesliga kommt, braucht er normalerweise Anlaufzeit. Bei Kolo Muani hat es in der vergangenen Saison sofort geklappt – das ist aber eher die Ausnahme. Es gibt genügend Beispiele, die sich im ersten Jahr schwergetan und sich dann doch zu Topspielern entwickelt haben. Osimhen hat in Neapel und auch in der Champions League gezeigt, dass er absolute Topqualitäten hat. Aber dort sind offenbar Ablösevorstellungen da, die den Rahmen der Vernunft bei Bayern sprengen würden. Das macht Bayern München nicht mit – wenn die Zahlen von bis zu 180 Millionen Euro stimmen, über die spekuliert wird.

Mit einem Jahr Verspätung sucht Bayern nun also doch nach einem Ersatz für Robert Lewandowski. War es also ein Fehler, dass man das nicht schon im vergangenen Sommer getan hat?

Das ist ja offensichtlich, hat sich erwiesen, und deswegen hat Bayern auch reagiert. Auch Hasan Salihamidzic und Oliver Kahn haben schon Anstrengungen unternommen, da Kontakte aufzunehmen. Bayern hat das Offensivproblem erkannt und die richtigen Schlüsse gezogen. Deshalb ist die Suche nach einem Topstürmer jetzt Priorität Nummer eins, gar keine Frage.

Auch aus Ihrer Sicht?

Der FC Bayern hat einen hervorragenden Kader. Es hat sich aber herausgestellt, dass man zu viele Chancen vergeben hat und gegen tiefstehende Mannschaften Probleme hatte, weil ein klassischer Mittelstürmer gefehlt hat. Da brauchst du jemanden, der auch mal auf den ersten Pfosten geht, der auf engstem Raum Bälle annehmen und verwerten kann, der diesen Torriecher hat, der Brustlöser sein kann. Das ist aber keine neue Erkenntnis.

Haben Sie einen persönlichen Favoriten bei den drei genannten Kandidaten?

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Alle drei würden helfen, Harry Kane und Osimhen vielleicht etwas schneller. Ich bin aber auch von der Entwicklung von Kolo Muani begeistert. Dušan Vlahović halte ich ebenfalls für einen guten Stürmer. Er hatte zwar keine gute letzte Saison, hat aber auch schon vorher in Florenz bei einem kleineren Verein gezeigt, dass er ein absoluter Topspieler ist. Ich glaube zwar nicht, dass er im Moment eine große Rolle bei Bayern spielt. Es gibt aber schon noch ein paar Stürmer, auch Gonçalo Ramos zum Beispiel – also nicht nur die drei zuvor genannten.

Ihr Bruder Uli Hoeneß ist jetzt wieder in aktiver Rolle zum FC Bayern zurückgekehrt. Wie erleben Sie ihn dabei?

Ich würde sagen: notgedrungen. Aus der Situation heraus ist das im Moment notwendig.

Sie meinen, aufgrund der Entlassung von Kahn und Salihamidzic?

Ja. Nicht nur er, sondern auch Karl-Heinz Rummenigge und alle anderen, die noch daran mitwirken, tun jetzt alles dafür, um den Klub wieder nach vorne zu bringen. Wieder dominanter in der Bundesliga zu werden und auch international eine bessere Rolle zu spielen, ist das Ziel. Dafür versucht man jetzt, die Voraussetzungen zu schaffen. Ich bin da ziemlich zuversichtlich, dass das den Genannten auch gelingen wird. Kalle und Uli bringen sehr viel Erfahrung mit. Thomas Tuchel und Marco Neppe sind dabei, Jan-Christian Dreesen als CEO, Präsident Herbert Hainer und Finanzchef Michael Diederich. Da sind schon einige kluge Köpfe beieinander, die am Ende auch gute Lösungen finden werden.

Dieses Gremium, der sogenannte "Ausschuss Sport", soll ein Übergangsmodell sein. Gehen Sie davon aus, dass sich Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge dann zeitnah auch wieder zurückziehen werden?

Hundertprozentig. Es ist ja nicht so, dass sie sich die Situation gewünscht haben. Sondern es ist im Moment notwendig. Weder Kalle noch Uli hatten großen Bedarf, da wieder mittendrin zu sein. Es ist aus der Situation heraus geboren. Und wird auch dann wieder beendet sein, wenn die Hauptamtlichen, die das in Zukunft machen sollen, ausgesucht und in charge sind.

Ein sehr schweres Erbe, oder?

Das gilt aber für alle Vereine. Der Transfermarkt ist verrückt geworden. In England ist unglaublich viel Geld unterwegs. Jetzt kommt noch Saudi-Arabien hinzu, die auch vieles an Preisen kaputtmachen. Es ist ein schwieriger Markt geworden, weil ungleiche Bedingungen da sind. Das macht es schwierig. Aber Bayern hat es in den vergangenen Jahrzehnten im europäischen Wettbewerb bewiesen, dass sie auch mit deutlich weniger finanziellen Mitteln, als andere Klubs zur Verfügung haben, mithalten und ähnlich erfolgreich sein können. Und das wird auch in Zukunft so sein.

Verwendete Quellen
  • Telefonisches Interview mit Dieter Hoeneß
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