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Hertha BSC und Lars Windhorst – ein Missverständnis von Anfang bis Ende


Ein Missverständnis von Anfang bis Ende


Aktualisiert am 06.10.2022Lesedauer: 4 Min.
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Lars Windhorst: Der Hertha-Investor bei der Mitgliederversammlung im Mai 2022. (Quelle: IMAGO/Juergen Engler)

Lars Windhorst als Investor bei Hertha BSC – das passte einfach nicht. Das Ende der Zusammenarbeit steht bevor.

Siebter (50 Punkte), Sechster (49 Punkte), Zehnter (43 Punkte), Elfter (43 Punkte). Das sind die Bundesliga-Platzierungen, die Hertha in den vier Saisons vor dem Einstieg von Lars Windhorst als Investor erreichte. Danach folgten Platz 10 (41 Punkte), Platz 14 (35 Punkte) und Platz 16 (33 Punkte).

Allein diese schwache sportliche Bilanz trotz des 375-Millionen-Investments des 45-Jährigen zeigt auf, dass Hertha und Windhorst zusammen nicht funktionieren. Und allzu lange soll die Partnerschaft auch nicht mehr laufen. Windhorst gab am Mittwoch bekannt, dass er sein Hertha-Engagement beenden und seine Anteile verkaufen wolle. Der Grund dafür liegt allerdings nicht primär im sportlichen Bereich – es rumorte stets auch abseits des Platzes.

Ein Überblick über die Hertha-Jahre von Lars Windhorst.

Windhorst und der "Big City Club"

Im Juni 2019 stieg Lars Windhorst mit seinem Unternehmen Tennor bei Hertha BSC als Investor ein. Sein Ziel war es, Hertha zu einem von ihm sogenannten "Big City Club" zu machen. Seiner Anfangsinvestition von 225 Millionen Euro folgten ein Jahr später eine weitere über 50 Millionen und eine dritte über 100 Millionen. Macht rund 375 Millionen Euro in nicht einmal drei Jahren. Herausgekommen ist dabei: fast nichts.

Alles fing mit der Chaos-Saison 2019/2020 an. Der damalige Manager Michael Preetz verpflichtete den unerfahrenen U23-Coach Ante Covic als neuen Cheftrainer. Der Europapokal wurde zwar nicht offen als Saisonziel ausgerufen, insgeheim aber schon erwartet. Auch Windhorst ließ sich nicht lange bitten und sprach bereits im September 2019 darüber, dass er mit Hertha die Champions League erreichen wolle.

Klinsmann über Hertha: "Spannendstes Fußball-Projekt in Europa"

Die Realität sah anders aus. Mit elf Punkten aus zwölf Spielen und vier Niederlagen in Serie wurde Covic im Herbst entlassen. Auf ihn folgte Windhorst-Kumpel Jürgen Klinsmann, der wenige Wochen zuvor in den Hertha-Aufsichtsrat berufen worden war. Der 58-Jährige bezeichnete Hertha bei seinem Amtsantritt als "spannendstes Fußball-Projekt in Europa" und träumte ebenfalls wie Windhorst von den großen Erfolgen.

Doch daraus wurde nichts. Klinsmann war kurze Zeit später weg, sein Co-Trainer auch. Windhorst blieb.

Windhorst spricht über deutsche Meisterschaft

Zwischen Anspruch und Wirklichkeit klaffte eine große Lücke. Das zeigt sich auch im Sommer 2020, als Windhorst die Zahlung von weiteren 150 Millionen Euro in mehreren Tranchen an Hertha bekannt gab. Der Investor gab der "Bild" ein Interview, in dem er von der deutschen Meisterschaft sprach. Davon war Hertha in der Saison 2020/2021 meilenweit entfernt. Mit Mühe und Not stand am Ende der Klassenerhalt, nachdem der 2019 entlassene Trainer Pal Dardai als "Retter" zurückgekehrt war. Auch Michael Preetz hatte den Verein nach 25 Jahren im Klub und elfeinhalb Jahren als Geschäftsführer Sport verlassen müssen.

Von Demut gab es bei Windhorst aber weiterhin keine Spur. Zunächst trafen vereinbarte Zahlungen im Sommer 2021 verspätet ein, auch wenn der Investor dies auf Twitter bestritt. Im September 2021 erklärte er, Hertha müsse in den nächsten zwei bis fünf Jahren die Champions League erreichen. Nach zwei Saisons, die vom Kampf um den Klassenerhalt geprägt waren. Die Realität, man ahnt es, sah anders aus. Dardai wurde wieder entlassen und Tayfun Korkut blieb als Nachfolger glücklos. Am Tag seiner Entlassung war Hertha auf dem 17. Tabellenplatz zu finden.

Öffentliche Unruhe durch Windhorst zur Unzeit

Mitten in der sportlich kritischsten Phase seit vielen Jahren meinte Windhorst, sich via Twitter zu Hertha-Interna bezüglich Klinsmanns Trainer-Engagement äußern zu müssen.

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Am Tag nach dem befreienden 3:0 gegen Hoffenheim unter Herthas neuem Trainer Felix Magath goss Windhorst bei "Bild Live" neues Öl ins Feuer, indem er den Sturz vom damaligen Hertha-Präsidenten Werner Gegenbauer forderte. "Vereinsschädigend" wurde dieses Verhalten von vielen Fans zu Recht genannt. Nicht zwingend wegen der Kritik an sich, sondern wegen des schlechten Timings. Zudem kamen Anfang April 2022 Berichte auf, dass seine Hertha-Anteile verpfändet seien. Windhorst bestritt dies, natürlich, auf Twitter.

Mit Ach und Krach und mit der allerletzten Chance gelang Hertha am 23. Mai 2022 durch einen 2:0-Sieg im Relegationsrückspiel beim HSV doch noch der Klassenerhalt. Einen Tag später gab Werner Gegenbauer seinen Rücktritt vom Amt als Hertha-Präsident bekannt. Es folgte eine turbulente Mitgliederversammlung, auf der Windhorst unter anderem zugab, dass Tennor teilweise zu spät gezahlt hatte, obwohl er zuvor immer das Gegenteil behauptete. Am 26. Juni wurde Kay Bernstein neuer Hertha-Präsident. Der von Windhorst unterstützte Kandidat, Frank Steffel, verlor die Wahl.

Ungewisse Zukunft

Im Laufe des Sommers kehrte auch dank des neuen Präsidenten und dem neuen Trainer Sandro Schwarz etwas Ruhe ein. In der laufenden Saison spielt Hertha deutlich besser, auch wenn die Punkteausbeute mit sieben Zählern aus acht Spielen nicht wie erhofft ist. Die Ruhe hielt an – bis zur letzten Woche. Dort wurde durch einen Bericht der "Financial Times" bekannt, dass Hertha-Investor Lars Windhorst eine private israelische Agentur damit beauftragt hat, eine geheime Kampagne gegen Ex-Hertha-Präsident Werner Gegenbauer zu inszenieren. Windhorst stritt die Vorwürfe natürlich unverzüglich ab, Hertha leitete dennoch eine Untersuchung ein und beauftrage eine Kanzlei damit, die Vorfälle zu untersuchen. Dieser Vorgang führte nun zum endgültigen Bruch zwischen dem Investor und dem Verein. Windhorst will seine Anteile verkaufen.

Wie geht es nun weiter? Windhorst bietet dem Verein die Anteile zu den gleichen Konditionen, wie Tennor sie gekauft hatte, an. Das ist völlig unrealistisch. Gleichzeitig kann Windhorst nicht einfach so an jemand anderes verkaufen. Aus der Satzung der KGaA (Kommanditgesellschaft auf Aktien) der Hertha geht hervor, dass die Hertha ein Vetorecht besitzt. Windhorst kann demnach seine Anteile nicht verkaufen, ohne dass das Präsidium seine Zustimmung erteilt. Wie der "Spiegel" zuvor berichtete, will das Präsidium von Hertha zudem am Mittwochabend über einen Antrag auf einen Vereinsausschluss von Windhorst entscheiden.

Eine Mischung aus Unvermögen, mit finanziellen Mitteln umzugehen, überhöhten Erwartungen, extrem unglücklichen öffentlichen Auftritten und Skandalen führt dazu, dass zwischen Windhorst und Hertha bald endgültig Schluss ist. Viele Hertha-Fans werden denken: endlich. Dass auf den Verein nun erneut finanziell unangenehme Zeiten zukommen könnten, muss wohl oder übel in Kauf genommen werden.

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