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Marco Russ vor dem BVB-Spiel: "Wir wissen um die Schwächen"


Russ: "Wir wissen um die Schwächen der Dortmunder"

t-online, Alexander Kohne

Aktualisiert am 20.10.2017Lesedauer: 6 Min.
Marco Russ ist eineinhalb Jahre nach Bekanntwerden seiner Krebserkrankung wieder fester Bestandteil des Eintracht-Teams. In der aktuellen Spielzeit absolvierte er vier Ligaspiele.Vergrößern des BildesMarco Russ ist eineinhalb Jahre nach Bekanntwerden seiner Krebserkrankung wieder fester Bestandteil des Eintracht-Teams. In der aktuellen Spielzeit absolvierte er vier Ligaspiele. (Quelle: Schüler/imago-images-bilder)
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Nach überstandener Krebs-Erkrankung mischt Marco Russ mit Frankfurt die Liga auf. Bei t-online.de erklärt er, wie ihn die Krankheit veränderte und spricht über den nächsten Gegner Dortmund.

Mit 30 Jahren lebt Russ seinen Traum: Er spielt in der Bundesliga für seinen Heimatverein Eintracht Frankfurt, trägt sogar die Kapitänsbinde. Dann bekommt er eine Diagnose, die sein Leben völlig verändert: Russ hat Hodenkrebs.

Er wird operiert, bekommt Chemotherapie, kämpft um sein Leben – und besiegt die Krankheit. Keine sechs Monate nach der Diagnose beginnt der Verteidiger wieder mit dem Training. Er arbeitet sich zurück ins Team und gehört mit diesem zu den positiven Überraschungen der aktuellen Saison.

t-online.de: Herr Russ, die Eintracht steht mit 13 Punkten aus acht Spielen auf Platz sieben. Hätten Sie mit einem derart guten Saisonstart gerechnet?

Marco Russ: Das ist schwer zu sagen. Vor der Saison haben wir uns kein Ziel gesetzt, weil so viele Neuzugänge dazukamen. Deshalb sind wir trotz des guten Starts vielleicht noch nicht so eingespielt, wie wir es gerne wären. Aber unter dem Strich sind wir natürlich mit der Punkteausbeute zufrieden, wissen aber auch, dass wir uns noch steigern müssen.

Wo Sie von "steigern" sprechen: Frankfurt liegt nur einen Platz hinter den Europapokalrängen. Ist die Qualifikation für das internationale Geschäft in dieser Saison möglich?

(lacht) Puh, wenn am Samstag schon der 33. Spieltag wäre, würde ich sagen: "Ja." Aber die Saison ist noch zu jung, um dazu mehr zu sagen. Es gibt viele Mannschaften, die aktuell hinter uns stehen und höhere Ambitionen haben. Wir haben jetzt Oktober – da wäre es einfach unangemessen, schon vom Europapokal zu reden.

Am Samstag empfangen Sie Tabellenführer Dortmund. Der BVB hat zuletzt gegen Leipzig die erste Bundesliganiederlage kassiert und bei Außenseiter APOEL Nikosia nur Remis gespielt. Dortmund ist also angenockt: Besteht jetzt eine bessere Chance, den BVB zu schlagen?

Nein, aus meiner Erfahrung ist es in solchen Situationen am schwierigsten, gegen Top-Teams zu spielen. Gegen Bayern haben wir das in der Vergangenheit mehrmals schmerzlich zu spüren bekommen: Nachdem die in der Champions League verloren hatten, gab es für uns am folgenden Wochenende richtig Haue. Trotzdem wissen wir natürlich um die Schwächen der Dortmunder und werden in dieser Woche hart daran arbeiten, um diese auszunutzen. Und: Gerade zu Hause haben wir eine gute Quote gegen Dortmund.

Sie sprachen von den Schwächen des BVB: Welche wären das denn konkret?

Die liegen aktuell in der Defensive: Sokratis ist gesperrt, Lukasz Piszczek fällt aus – das ist natürlich schon ein enormer Qualitätsverlust. Dortmund schießt zwar viele Tore, lässt hinten aber auch einiges zu. Wenn wir gut stehen und gezielte Nadelstiche setzen, ist auf jeden Fall was drin. Vor einem Jahr, als wir fast abgestiegen wären, haben wir zu Hause gegen Dortmund hinten gebunkert, aber trotzdem 1:0 gewonnen. Uns ist also nicht angst und bange.

Apropos bunkern: Dortmund hat in der Bundesliga im Schnitt fast drei Tore pro Spiel erzielt. Sie haben über sich selbst gesagt, dass Sie "nicht mehr der Schnellste" sind. Wie wollen Sie einen pfeilschnellen Mann wie BVB-Star Pierre-Emerick Aubameyang stoppen?

Das geht nur im Verbund. Eins-gegen-Eins kann man Spieler wie Aubameyang oder Lionel Messi oder Cristiano Ronaldo eigentlich kaum stoppen. Gemeinsam geht das allerdings in einzelnen Spielen. Wir wollen defensiv wenig zulassen – und haben zuletzt gezeigt, wie gut wir darin sind: Mit den drittwenigsten Gegentoren und wenigen zugelassenen Großchancen. Das ist auch das Gebot gegen Dortmund. Wenn man da versucht mitzuspielen, kassiert man auch mehr als drei Gegentore.

Die Eintracht ist besonders in der Schlussphase bärenstark, hat gegen den VfB Stuttgart und Hannover 96 dank Last-Minute-Toren gewonnen. Woran liegt das?

So einfach es klingt: Wir sind körperlich einfach topfit! Deshalb können wir ab der 70. Minute oft nachlegen – und brechen auch mental nicht ein. Denn: Sobald Du körperlich etwas nachlässt, wirst Du unkonzentrierter. Da klingelt es dann manchmal hinten. Das haben wir super im Griff.

Hat das speziell mit Trainer Niko Kovac zu tun?

Ja, er legt großen Wert auf körperliche Fitness, aber auch auf mannschaftlichen Zusammenhalt und Kommunikation. Viele Beobachter hatten vor der Saison Angst, dass die Integration der zahlreichen Nationalitäten im Kader zum Saisonstart mehr Zeit braucht. Aber das ist wirklich sehr gut gelaufen. Natürlich hat man immer auch Probleme, wenn man so viele Nationalitäten und Sprachen im Kader hat. Die grundsätzliche Fußballsprache kann aber jeder. Die taktischen Feinheiten und Kniffe liegen dann beim Trainer.

Hat sich Ihr Vokabular verändert? Fluchen Sie jetzt beispielsweise mal auf Kroatisch oder Finnisch?

Nein. Es ist aber schon komisch, dass man anfangs wirklich oftmals die Schimpfwörter einer neuen Spreche lernt. Das sehe ich an den neuen Kollegen. Viele verstehen allerdings Deutsch, lernen und sprechen auch inzwischen etwas mehr. Und Englisch kann jeder.

Spricht da überhaupt noch wer einen richtigen hessischen Dialekt?

Puh, eher weniger. Obwohl ich waschechter Hesse bin, versuche ich lieber Hochdeutsch zu sprechen. Es gibt aber genug Spieler aus der Jugend, die aus der Region kommen und es zumindest könnten.

Kevin-Prince Boateng ist seit etwa zwei Monaten bei der Eintracht. Auf Schalke eilte ihm der Ruf voraus, ein schwieriger Typ zu sein. Wie haben Sie ihn bisher erlebt?

Kevin-Prince ist ganz easy, ganz geerdet. Er spielt mannschaftsdienlich, lässt nicht den Star raushängen: Ein lustiger Typ, der auch viel quasselt. Ich komme mit ihm super aus. Er ist nicht der, als den ihn viele Medien dargestellt haben. Klar hat Kevin-Prince auch Fehler gemacht, aber das hat jeder von uns. Ihn immer wieder auf Sachen festzunageln, finde ich teilweise unverschämt. Menschen ändern sich.

Seit gut elf Jahren ist Joachim Löw nun Nationaltrainer. Mit Sebastian Jung hat in dieser Zeit nur ein Frankfurter in der DFB-Elf gespielt – und das für gerade einmal 19 Minuten. Woran liegt das?

Ich weiß nicht, an was es liegt. In den letzten Jahren wurden immer mehr Spieler bereits nach fünf oder sechs guten Spielen ins Nationalteam eingeladen. Das war beispielsweise bei Sebastian Jung anders, der 60 oder 70 Bundesligaspiele am Stück auf sehr hohem Niveau gespielt und lange trotzdem keine Einladung erhalten hat.

Gab es eine Zeit, in der Sie gedacht haben: "Jetzt wäre ich auch mal dran im DFB-Kader?"

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Wenn ich ehrlich bin, habe ich mich damit nie beschäftigt. Das war für mich immer sehr weit weg. Ich habe ja auch nicht in allen U-Nationalmannschaften gespielt. Wenn man die A-Nationalspieler von heute im Vergleich dazu sieht, haben die von der U17 bis zur U21 alles durchlaufen und wurden dort bereits Europa- oder Weltmeister.

Aber mit Kroatien haben Sie sich beschäftigt?

Genau. Der Vater meiner Frau stammt aus Kroatien, deshalb habe ich überlegt, für das Land zu spielen. Das ist aber letztendlich an der FIFA gescheitert. Das war in einer Zeit, in der Katar angefangen hat, Pässe quasi zu "verschenken", damit eingebürgerte Brasilianer für die Nationalmannschaft spielen können. Irgendwann hat die FIFA das eingeschränkt und dann war die Sache ganz schnell beendet.

Sie haben eine Krebserkrankung überstanden. Was hat Ihnen neben der Familie natürlich in dieser schwierigen Zeit am meisten geholfen?

Das war wirklich zu einem ganz ganz großen Teil meine Familie. In der Zeit war ich wirklich lustlos: Gerade als die Chemo angefangen hat, habe ich nur im Bett gelegen und war so platt, dass ich sehr viel geschlafen habe. Da hat man gewartet, bis der erste Beutel während der Chemo durchgelaufen ist, damit es wieder etwas ruhiger wurde. In dieser Zeit waren meine Familie und Freunde absolut am wichtigsten.

Wie hat sich Ihr Blick aufs Leben seit der Krankheit verändert?

Ich habe gesehen, wie schnell Sachen vorbei gehen können und wie schnell sich das Blatt wenden kann, vom Profifußballer auf schwerstkrank. Ich habe auch gelernt, anders mit meinem Körper umzugehen, besser auf ihn zu hören. Also auch bei kleineren Wehwehchen besser einmal zu viel zum Arzt zu gehen.

Im US-Sport besitzt das Thema Krebsvorsorge einen hohen Stellenwert. Aktuell wird bei NFL-Spielen mit pinken Kleidungsstücken dazu aufgefordert, zu Vorsorgeuntersuchungen zu gehen. Wäre so etwas auch auf Deutschland übertragbar?

Es ist schade, dass das im deutschen Sport noch nicht so ein großes Thema ist. Vielleicht fehlt bei uns noch etwas der Anstoß dazu. Ich finde es auch nicht schlimm, wenn etwas kopiert wird – solange es um eine gute Sache geht. Das hat mit dem "Movember" ja geklappt. Der wurde auch aus dem anglo-amerikanischen Raum rübergetragen. Das haben auch viele Bundesligaprofis aufgegriffen und z. B. über Instagram und Twitter promotet.

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