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Rainer Calmund: Meine Kandidatenliste für den DFB-Beirat


Manager-Legende Calmund
"An Matthäus beim DFB führt kein Weg vorbei"

InterviewEin Interview von Florian Wichert

Aktualisiert am 10.09.2018Lesedauer: 4 Min.
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Spricht Klartext: TV-Experte und Ex-Manager Reiner Calmund.Vergrößern des Bildes
Spricht Klartext: TV-Experte und Ex-Manager Reiner Calmund. (Quelle: Norbert Schmidt/imago-images-bilder)

Beckenbauer, Vogts, Matthäus oder Klinsmann: Manager-Legende Reiner Calmund sagt, wessen Expertise der DFB unbedingt braucht und wen er in seinen Beirat berufen muss.

Zwei Spiele hat die Nationalmannschaft nach der verkorksten WM absolviert. Ein torloses Remis gegen Weltmeister Frankreich sowie ein knapper 2:1-Erfolg über Peru stehen für das Team von Bundestrainer Joachim Löw zu Buche. Teammanager Oliver Bierhoff plant dennoch Veränderungen und will weiterhin einen Beirat beim DFB etablieren. Der Sky-Experte und frühere t-online.de-Kolumnist Reiner Calmund erklärt, wer aus seiner Sicht dabei sein muss.

Calmund war selbst bei der letzten großen Krise in Deutschland um die Jahrtausendwende am Wiederaufbau und der Einführung der Nachwuchsleistungszentren beteiligt. Im Interview mit t-online.de spricht der 69-Jährige über die WM-Blamage, die notwendigen Konsequenzen sowie die generelle Entwicklung des DFB seit 2000.

t-online.de: Herr Calmund, wie will Joachim Löw wieder Feuer im Nationalteam entfachen? Im Kader für Frankreich und Peru fehlten die Überraschungen.

Reiner Calmund: Welche neuen Personalien sollten zwischen dem 34. Spieltag der vergangenen und dem zweiten Bundesliga-Spieltag der jetzigen Saison, gut zwei Monate nach der WM, möglich sein? Von den Kandidaten für die linke Seite hat sich der Bundestrainer für Kehrer und Schulz entschieden. Ich glaube, Philipp Max und Marcel Halstenberg werden auch noch eine Chance bekommen. Aus dem Nachwuchs hat er Kai Havertz nominiert, dem Rudi Völler 100 Länderspiele zutraut – und für den Angriff erwartungsgemäß Leroy Sané.

Wie bewerten Sie die Arbeit von Löw nach der WM-Blamage?

Jogi Löw hat in der ersten Pressekonferenz nach der WM nicht nur die Mannschaft kritisiert, seine Selbstkritik war für mich auch glaubhaft und richtig. Auch seine zweite Pressekonferenz vor dem Frankreich-Spiel war nachvollziehbar.


Jogi fordert mehr Teamgeist, taktische Disziplin, Tempo und Aggressivität bei den Zweikämpfen, er plädiert aber auch weiter für das bewährte Ballbesitz-Spiel, allerdings mit einer besseren Balance zwischen Offensive und Defensive. Mit den Ergebnissen und Leistungen bei den zwei Länderspielen muss man zufrieden sein, auch wenn noch nicht alles perfekt war.

DFB-Direktor Oliver Bierhoff möchte einen zehnköpfigen Beirat installieren, um neue Impulse für den DFB zu bekommen. Ist das der richtige Weg?

Ich finde die Idee von Oliver grundsätzlich sehr gut. Wichtig und entscheidend ist, dass sein Vorschlag auch vom DFB-Präsidium mit Präsident Reinhard Grindel, den DFL-Vertretern Christian Seifert, Reinhard Rauball und Co. mitgetragen wird, da dieser Personenkreis letztendlich die Entscheidungen trifft.

Welche Beiratsmitglieder könnten Sie sich vorstellen?

Unsere Ex-Bundestrainer. Franz Beckenbauer war Weltmeister als Trainer, Berti Vogts Europameister, Rudi Völler Vize-Weltmeister und Jürgen Klinsmann WM-Dritter. Sie könnten für mehr Fußball-Kompetenz beim DFB sorgen, zumal alle als Spieler auch Weltmeister wurden.

Oliver Bierhoff hat ja mit Berti Vogts schon ein Gespräch geführt, ihn könnte ich mir besonders gut als Berater vorstellen. Berti hat 2004 maßgeblich an der Verpflichtung von Jürgen Klinsmann mit seinem Team Bierhoff, Löw, Flick und Köpke mitgewirkt, was für den deutschen Fußball sehr gut war.

Haben Sie weitere Experten im Kopf?

An Lothar Matthäus als Weltfußballer und Weltmeister mit 150 Länderspielen führt kein Weg vorbei. Ich erlebe ihn wöchentlich bei Sky als Experten-Kollege. Er ist ein ruhiger Familienvater geworden und sein Fachwissen ist absolut top. Natürlich müsste man auch mit unserem letzten WM-Kapitän Philipp Lahm sprechen, doch vermutlich schlägt er seine Zelte ohnehin bald im DFB Präsidium auf.

Auch die Bundesliga müsste mit zwei bis drei Personen im Beirat vertreten sein, mit Uli Hoeneß, Karl-Heinz Rummenigge, Michael Zorc, Stefan Reuter, Michael Preetz, Fredi Bobic, Horst Heldt, Max Eberl, Ralf Rangnick und Christian Heidel kann ich direkt ein ganzes Fußballteam als geeignete Kandidaten nennen.

Sehen Sie auch geeignete Vertreter aus der Wirtschaft?

Ich nenne mal nur drei Wirtschafts-Kapitäne, weil ich nicht beurteilen kann, inwieweit sie genügend Zeit und Spaß an einer solchen Position haben. Herbert Hainer als Vorstands-Vorsitzender von Adidas und Aufsichtsrat bei Bayern München, Werner Wenning als Vorstands-Vorsitzender und Aufsichtsrat-Chef der Bayer AG und Dietmar Hopp als Gründer von SAP.

Was ist überhaupt nach der guten Entwicklung ab 2000 schief gelaufen?

Zunächst mal sind wir bei der WM in Russland nicht aufgrund von fußballerischen Defiziten so katastrophal ausgeschieden. Die elementaren Voraussetzungen, die Jogi Löw vor dem Spiel gegen Frankreich eingefordert hat, wurden nicht erfüllt. Trotzdem stimmt mich auch die fußballerische Entwicklung skeptisch. Aussagen von Mehmet Scholl erscheinen im ersten Moment etwas flapsig, doch wenn man genau hinschaut, trifft sehr viel von seiner Kritik zu.

Mehmet will mit seiner Kritik auch keinen Show-Effekt erzielen. Immer wenn ich ihn in den letzten Jahren getroffen habe, war sein Thema: Mehr individuelles Technik-Training statt Taktik, System und Matchplan am Computer im Nachwuchs-Bereich. Scholl war ja nicht nur ein guter TV- Kommentator und Nationalspieler, er hat nach Aussagen der Verantwortlichen vom FC Bayern auch eine gute Nachwuchsarbeit in München geleistet.

Wie muss Nachwuchsarbeit denn aussehen?

Uns fehlt ein ausreichendes Angebot an erstklassigen Mittelstürmern und linken Außenverteidigern. Andreas Brehme war der letzte echte linke Außenverteidiger. Beim WM-Sieg 1990 erzielte er beim 1:1 im Halbfinale gegen England das einzige Feldtor, später traf er beim Elfmeterschießen. Im Finale gegen Argentinien schoss Brehme das 1:0 Siegtor.

Der nächste richtig starke Mann im Land war dort Philipp Lahm, eigentlich rechter Verteidiger oder Mittelfeldspieler. Beim WM-Auftakt 2006 schoss Lahm als linker Außenverteidiger mit rechts das erste Turniertor. 2008 erzielte er im Halbfinale gegen die Türkei kurz vor Spielende das 3:2, auch auf der linken Seite mit rechts. Das hat auch nichts damit zu tun, dass Benedikt Höwedes als Innenverteidiger beim WM Sieg 2014 links ordentlich spielte.


Oder der typisch deutsche Mittelstürmer. Das Spiel von Timo Werner gefällt mir, aber eine effektive Ergänzung als kopfballstarker Stoßstürmer wäre für unser Spiel sehr hilfreich. In den letzten elf Bundesliga-Spielzeiten wurde aber neunmal ein ausländischer Profi Torschützenkönig, je einmal Alex Meier und Stefan Kießling. Man sieht: Torgefährliche Stoßstürmer muss man in Deutschland mit der Lupe suchen.

Nach Rücksprache mit erfolgreichen Nachwuchstrainern kommt man zu dem Ergebnis: Nur mit positionsbezogenem Technik-Training kann man diese Probleme abstellen.

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