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EM 2021: Ein Hauch von Südkorea – hat Deutschland es nicht begriffen?


Hat Deutschland es nicht begriffen?

  • Noah Platschko
Von Noah Platschko

24.06.2021Lesedauer: 4 Min.
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Toni Kroos: Der Real-Stratege machte wie die komplette deutsche Mannschaft eine durchwachsene Partie.Vergrößern des Bildes
Toni Kroos: Der Real-Stratege spielte wie die komplette deutsche Mannschaft eine durchwachsene Partie. (Quelle: Christof Stache/imago-images-bilder)

Nach einer nervenaufreibenden Zitterpartie steht die deutsche Nationalmannschaft im Achtelfinale. Dabei wiederholten sich bereits bekannte Muster. Doch es gibt eine Hoffnung: den kommenden Gegner.

Da stand er, der Bundestrainer. Im Regen von München. Der russische Schiedsrichter Sergei Karasev hatte gerade zur Pause gepfiffen, als sich Joachim Löw in Richtung Katakomben begab.

Mit 0:1 lag die deutsche Mannschaft zu diesem Zeitpunkt gegen Ungarn zurück. Im Münchener Unwetter war das Löw-Team früh in Rückstand geraten. Mehr noch: Dieses Ergebnis hätte für die deutsche Mannschaft das EM-Aus bedeutet.

Deutschland musste handeln, um nicht dasselbe Schicksal erleiden zu müssen wie schon 2018 in Russland. Ein Aus in der Gruppenphase? Das letzte Länderspiel von Joachim Löw? Über weite Strecken der Partie deutete vieles darauf hin, dass die 15-jährige Amtszeit des Mannes aus dem Schwarzwald mit einer Niederlage gegen Ungarn zu Ende gehen sollte. Und das lag vor allem an der DFB-Elf selbst.

Denn nach der ordentlichen Leistung zum Auftakt gegen Frankreich sowie der Offensivgala gegen Portugal folgte am Mittwochabend die schwächste Partie der deutschen Mannschaft beim bisherigen Turnier. Das Schockierende dabei: Es wiederholten sich altbekannte Fehler.

Schlechte Konterabsicherung, offensiv einfallslos

Erneut geriet die deutsche Mannschaft in Rückstand. Erneut fiel das 0:1, wie gegen Portugal, aufgrund schlechter Konterabsicherung. Und erst dann, als sie mussten, wurde das deutsche Team angriffslustiger. Bei Hummels Kopfball-Lattentreffer fehlte jedoch das Quäntchen Glück (21.).

Hummels, der im dritten Gruppenspiel per Kopf vergibt? Als gäbe es nicht bereits genug Parallelen zwischen der einfallslosen Leistung des DFB-Teams am Mittwochabend und der enttäuschenden Vorstellung beim 0:2 gegen Südkorea 2018 in Russland, kam noch die des abermals scheiternden Hummels hinzu. Allein: Dieses Mal gab es ein Happy End.

Dennoch konnte sich der Zuschauer des Eindrucks nicht erwehren: Diese Mannschaft hat es nicht begriffen. Sicherlich darf die aufopferungsvolle Defensivarbeit Ungarns nicht unterschlagen werden. Und ja, auch Frankreich und Portugal taten sich mit dem tief gestaffelten Außenseiter schwer.

Ineffektive Ballzirkulationen

Trotzdem bleibt unverkennbar, wie einfallslos die Offensivbemühungen des Löw-Teams erscheinen. So gelang es den gegen Portugal hochgelobten Außenverteidigern Robin Gosens und Joshua Kimmich kaum, hinter die Abwehrkette des Gegners zu kommen. Die ineffektiven Ballzirkulationen um den Strafraum erinnerten an die qualvollen Vorstellungen bei der WM 2018.

"Wir haben es weder mit noch gegen den Ball gut gemacht", bilanzierte Joshua Kimmich, der von der Uefa zum "Man of the Match" gekürt wurde, nach der Partie selbstkritisch. "Auch wenn uns mit dem Ball nicht viel eingefallen ist, lag das Problem im Spiel gegen den Ball. Den Gegner zu Fehlern zu zwingen, ihn ungeordnet zu erwischen – das haben wir gar nicht geschafft."

In der Tat war es ein Fehler des bei diesem Turnier so stark haltenden Torwarts Péter Gulácsi, der das deutsche Team zurück ins Spiel brachte. Doch wer nach diesem erlösenden Ausgleich auf die Wende gehofft hatte, sah sich getäuscht.

Postwendend ging das Team des italienischen Trainers Marco Rossi erneut in Führung – Deutschland war wieder draußen. "Wir waren nicht ganz wach. So eine Tiefenstaffelung darf uns nicht passieren. Da müssen wir reifer sein", bemerkte Kapitän Manuel Neuer, der bei beiden Gegentreffern chancenlos war.

Es bedurfte einer herausragenden Einzelaktion des Münchners Jamal Musiala, bis zu diesem Spiel nicht einmal im Kader, die den Grundstein für das erlösende 2:2 von Leon Goretzka in der 84. Minute legte. "Ich freue mich, gegen meine Heimat zu spielen", richtete der in England aufgewachsene Musiala nach der Partie schon den Blick nach vorne. "Ich kenne ein paar Leute dort. Es wird ein cooles Spiel. Im Wembley gegen England. Das wird groß, ich freue mich drauf."

Bis es so weit ist, wird sich der Bundestrainer Fragen stellen müssen. Wie kann es sein, dass eine mit internationalen Topstars gespickte Mannschaft dermaßen schlafmützig agiert? Wie ist es möglich, dass der glücklich gefallene Ausgleichstreffer dem Team nicht Stabilität und Souveränität verleiht? Und wieso ist die Mannschaft nicht in der Lage, sich Chancen zu erspielen und den Gegner vor ernsthafte Probleme zu stellen?

Löw lobt die Moral – Kimmich sieht Stimmungsdämpfer

"Wenn man gegen so einen Gegner zweimal in Rückstand gerät, wird es immens schwierig. Wir haben fast keine Räume gefunden oder geöffnet", bemühte sich Löw um Erklärungen. "Was die Mannschaft gezeigt hat, war eine extrem gute Mentalität und Moral, wir haben uns nicht verrückt machen lassen."

Joshua Kimmichs Zwischenfazit fiel da schon kritischer aus. "Nach dem ersten Spiel war die Stimmung gemischt, da hat uns der Mut nach vorne gefehlt. Im zweiten Spiel haben wir gezeigt, was in uns steckt. Das heute war überwiegend ein Stimmungsdämpfer."

Auch der Bayern-Spieler war sich darüber im Klaren, dass seine Mannschaft die Partie hätte "souveräner gestalten müssen. Das war ein Auf und Ab. Aber ich bin überzeugt, dass es über das England-Spiel hinaus noch Spiele geben wird."

Video | "Enttäuscht": Das sagen DFB-Fans
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Quelle: Reuters

Im Viertelfinale würde die deutsche Mannschaft übrigens auf die Ukraine oder Schweden treffen. Da dürften die nun wartenden Engländer schon eher dem deutschen Spielstil liegen. Das sah auch der Bundestrainer so.

"Das wird ein völlig anderes Spiel, was uns sicher entgegenkommt", so Löw. "Die Engländer müssen zu Hause nach vorne spielen. Es wird ein offenes Spiel, offener als gegen Ungarn. Wir müssen ein paar Dinge korrigieren und absolut auf der Hut sein bei Flanken in den Sechzehner und Standards, da gibt es jetzt kein Pardon mehr. Das müssen wir besser machen, absolut."

Joachim Löw wird Lösungen präsentieren müssen, will er seinen Abschied vom DFB-Team nicht im Wembley-Stadion erleben. Bis zum Finale könnte nun jedes Spiel sein letztes sein. Auf ein Drama wie gestern wird er verzichten können.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen im Stadion
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