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Fußballinvestor Chien Lee erklärt sein Geschäftsmodell: "Erfolg benötigt Geduld"


Er pumpt sein Geld in Klubs
Das denkt Investor Chien Lee über die Super League

  • Dominik Sliskovic
InterviewVon Dominik Sliskovic

Aktualisiert am 31.01.2022Lesedauer: 5 Min.
Interview
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Chien Lee 2016 beim Training der OGC Nizza (Archiv): Der US-amerikanische Investor besitzt aktuell sechs europäische Fußballklubs.Vergrößern des Bildes
Chien Lee 2016 beim Training der OGC Nizza (Archiv): Der US-amerikanische Investor besitzt aktuell sechs europäische Fußballklubs. (Quelle: PanoramiC/imago-images-bilder)

Chien Lee ist einer der umtriebigsten Investoren im Fußballgeschäft. Im Interview mit t-online erklärt er, wonach er seine Klubs auswählt – und kann sich eine Spitze gegen ManCity nicht verkneifen.

Barnsley FC, FC Thun, KV Oostende, AS Nancy-Lorraine, Esbjerg fB, FC Den Bosch, OGC Nizza: Die Liste der professionellen Fußballklubs in Europa, die Chien Lee aktuell gehören oder mal gehört haben, ist lang – und könnte bald noch länger werden. Bereits Anfang Dezember bestätigte der US-amerikanische Unternehmer t-online, dass er "früher oder später" einen Bundesliga-Verein übernehmen möchte.

Doch wie kommt ein Finanzexperte, der sein Vermögen insbesondere in der Hotelbranche machte, dazu, sein Geld in Fußballklubs in ganz Europa zu stecken? Wonach sucht er sich seine Vereine aus? Diesen und weiteren Fragen stellt sich Lee im t-online-Interview – und erklärt mit einem Lachen, was ihn grundlegend von den Besitzern des englischen Spitzenklubs Manchester City unterscheidet.

t-online: Herr Lee, wie war Ihre Verbindung zum Fußball, bevor Sie 2016 beim OGC Nizza Ihr erstes Investment tätigten?

Chien Lee: Ich mag den Sport und verfolge ihn bereits seit meiner Jugend. Vor der Übernahme der OGC Nizza hatte ich jedoch keine Verbindung zum Fußballgeschäft. Damals habe ich vor allem die Möglichkeiten, die der europäische Fußball mir als auf langfristige Projekte ausgelegter Finanzinvestor bietet, und das Entwicklungspotenzial des Vereins gesehen.

Der ausschlaggebende Grund, mit der Übernahme der OGC Nizza ins Fußballgeschäft einzusteigen, war also die Perspektive, Ihr Kapital in einem langfristigen Investment zu binden?

Nizza ist ein traditionsreicher französischer Klub, der mit seiner gut geführten Jugendakademie und der hohen Durchlässigkeit zum Profibereich besonders für junge Talente interessant ist. Deshalb fiel meine Wahl damals auf diesen Verein, denn die Entwicklung eigener Spieler verstehe ich als Quintessenz eines langfristigen Investments im Sportbusiness. Ich glaube nicht an Erfolg über Nacht. Erfolg benötigt Geduld. Auch um dieses Selbstverständnis zu betonen, war unser erstes großes finanzielles Projekt in Nizza der Bau eines zeitgemäßen Trainingsgeländes für die Nachwuchsmannschaften.

Nach welchen Parametern wählen Sie für ein Investment infrage kommende Vereine aus?

Die Philosophie und der infrastrukturelle Zustand der Jugendakademie sind die ersten beiden Aspekte, die wir bei einem Verein, an dem wir interessiert sind, beleuchten. Erst danach nehmen wir die aktuelle Klubführung unter die Lupe und fragen uns, ob wir unseren Weg mit ihr gemeinsam antreten können.

Inwieweit beschäftigen Sie sich vor den ersten Gesprächen mit der Historie und der Fanszene des Vereins?

Man kann mit einem Fußballklub keinen Erfolg haben, wenn man nicht die Unterstützung der Fans hinter sich hat. Dafür muss man sich immer bewusst machen, in welcher Kultur sich der Verein und seine Fans bewegen – und diese als Investor dann auch adaptieren. Von mir als Besitzer wird im englischen Barnsley ein ganz anderes Verhalten erwartet als es beispielsweise im belgischen Oostende der Fall ist.

Aktuell umfasst Ihr Portfolio sechs Vereine in sechs Ländern. Welches Synergieeffekte sollen im besten Fall zwischen den Vereinen entstehen?

Ich möchte, dass jeder meiner aktuell sechs Vereine unabhängig voneinander funktioniert und seine ganz individuelle Geschichte schreibt. Nichtsdestotrotz erhoffe ich mir die angesprochenen Synergieeffekte. Diese schaffe ich momentan insbesondere durch eine Person: Gauthier Ganaye.

Gauthier ist ein junger, hochtalentierter Fußballfunktionär, dem ich bereits die Geschäfte in Barnsley und Nizza anvertraut habe und der aktuell sowohl die Geschicke in Oostende als auch Nancy leitet. Er kennt die Vision und die Werte meiner Investmentfirma NewCity Capital wie kein Zweiter und kann sie effizient und kostensparend an zwei Standorten meines Netzwerks implementieren.

Soll im Laufe der Zeit eine Hierarchie der NewCity-Vereine entstehen oder sollen alle Klubs unabhängig voneinander agieren und Erfolge einfahren?

Aktuell gibt es keine Überlegungen, unsere Klubs nach einem Pyramidensystem einzustufen. Derzeit sind wir vor allem damit beschäftigt, die Vereine auch wirtschaftlich miteinander zu verzahnen. Sprich: Wenn es uns gelingt, einen Sponsor für einen Klub zu gewinnen, ihn gleich auch noch für einen zweiten oder dritten Verein aus unserem Netzwerk zu begeistern. Im Optimalfall kann ein potenzieller Sponsor so auf sechs verschiedenen Trikots in sechs verschiedenen Ländern für seine Marke werben. Aus Marketingsicht ist dies wohl unser mächtigstes Faustpfand.

Übereinstimmenden Medienberichten zufolge hat NewCity bislang „nur“ rund 40 Millionen Pfund (ca. 48 Millionen Euro, Anm. d. Red.) für die Akquise seiner Vereine gezahlt. Zum Vergleich: Allein in Manchester City sind in den vergangenen 15 Jahren über eine Milliarde Pfund (ca. 1,2 Milliarden Euro) geflossen. Zudem wird auf den Einkauf preiswerter Under-24-Talente gesetzt, die mithilfe des „Moneyball“-Systems gescoutet werden. Wann wird NewCity in eine weitere Geldrunde gehen und etwa in die Infrastruktur seiner Vereine investieren?

Wir sind nicht darauf aus, uns Pokale zu erkaufen (schmunzelt). Unsere Strategie unterliegt immer dem Ziel, eine ausbalancierte Bilanz zu hinterlassen. Wir sind nicht daran interessiert, wie verrückt Geld in die Klubs zu pumpen. Stattdessen nutzen wir Daten, um von Fall zu Fall zu betrachten, welche Investitionen vonnöten sind und der Effizienz zugutekommen. Und das sind nicht gestandene, erfolgreiche Profis, die einen vermeintlichen Erfolg über Nacht versprechen. Das sind in der Regel junge Spieler, die ein jährliches Entwicklungspotenzial aufzeigen.

Neben Privatpersonen und deren Unternehmen, wie Ihnen und NewCity, mischen auch immer mehr Staatsfonds im europäischen Fußball mit. Bei der Akquise des AS Nancy setzten Sie sich Medienberichten zufolge gegen die vom Staatsfonds der Vereinigten Arabischen Emiraten alimentierte City Group durch. Welche Hindernisse bringt eine solche Konkurrenz mit sich?

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Europäische Fußballvereine werden für immer mehr Investoren verschiedener Couleur eine interessante Anlage. Solche Investoren beschäftigen sich in der Regel immer mit mehr als einem Klub gleichzeitig. Ich habe mir etwa neben Nancy auch den FC Toulouse angeschaut, die City Group hat parallel zu Nancy mit dem ES Troyes AC verhandelt – den sie dann schlussendlich auch übernommen hat. Dass wir beide am selben Klub interessiert waren, zeigt doch eigentlich nur, dass wir bei NewCity ganz gut wissen, was wir da machen (lacht).

Zum Abschluss: Die Bundesligisten haben sich klar gegen eine mögliche Super League positioniert. Was prognostizieren Sie als Investor: Werden die nationalen Ligen künftig nur ein Relikt der Vergangenheit sein?

Die nationale Liga – also auch die Bundesliga – wird immer da sein. Davon bin ich überzeugt. Die nationalen Wettkämpfe sind das Fundament des Fußballs. Sie sind es, was den Sport in ganz Europa so groß gemacht haben. Ohne sie verlöre der Fußball massiv an Bedeutung. Zudem hat der europäische Fußball mit der Champions League und der Europa League doch bereits tolle Gelegenheiten für die Topklubs des Kontinents, miteinander zu konkurrieren. Auch deshalb erkenne ich überhaupt keine Notwendigkeit für eine Idee wie die der Super League.

Dieser Text ist Teil des t-online-Themenschwerpunkts "Vereinsnetzwerke im europäischen Profifußball". Lesen Sie hier den Text zu den verschiedenen Arten der Netzwerke. Den Beitrag, in dem wir beleuchten, was den Unterschied zwischen Kooperationen und Netzwerken ausmacht und erklären, warum Bundesligisten zunehmend mit Klubs aus etwa den USA und Japan anbandeln, finden Sie hier. Unsere Reportage, die der Frage nachgeht, warum der Staat Katar ausgerechnet in der deutschsprachigen Kleinstadt Eupen in Ostbelgien einen Fußballklub übernommen hat und welche Ziele sowohl der Verein als auch der Wüstenstaat damit verfolgen, können Sie hier lesen.

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