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Red Bull dominiert den Fußball – mit einem hierarchischen System


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Konzern an der Spitze einer Pyramide
So dominiert das System "Red Bull" den Fußball


Aktualisiert am 31.01.2022Lesedauer: 7 Min.
Fußball: Ein Sport, der die Massen begeistert, aber eben auch viele Schattenseiten hat.Vergrößern des Bildes
Fußball: Ein Sport, der die Massen begeistert, aber eben auch viele Schattenseiten hat. (Quelle: t-online/imago-images-bilder)
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Es ist die pure Dominanz. Der Red-Bull-Konzern hat sich ein Imperium aufgebaut. Spieler und Trainer werden in den Klubs hin- und hergeschoben. t-online wirft einen Blick hinter die Kulissen.

"Der Ball ist rund und das Spiel dauert 90 Minuten." Die alte und viel zitierte Fußball-Weisheit von Bundestrainer-Legende Sepp Herberger hat auch fast 68 Jahre nach dem Wunder von Bern noch Bestand. Doch seitdem hat sich der Sport, bei dem das Runde ins Eckige muss (um noch so eine Herberg'sche Maxime zu zitieren), stetig weiterentwickelt.

Die Bälle bestehen nicht mehr aus Rindsleder, Spieler dürfen vor Ablauf ihrer Vertragslaufzeit gegen eine Ablösesumme den Verein wechseln – und Vereine gehören längst nicht mehr den Anhängern. Das sind nur drei von unzähligen Paradigmenwechseln, die der Fußball in den vergangenen Jahrzehnten erlebt hat.

Besonders der letztgenannte Punkt katapultierte den Sport in neue Sphären. Mit der Öffnung für private Investoren und Staatsfonds wurde aus Fußballvereinen eine Geldanlage, für viele Involvierte gar ein Spekulationsobjekt. Um dieses Geschäftsfeld florieren zu lassen, bauten immer mehr Akteure ein ganzes Netzwerk an Vereinen auf, die auf verschiedene Arten voneinander profitieren oder sogar abhängig sind.

t-online stellt im Folgenden drei der verschiedenen Netzwerke vor, die den aktuellen europäischen Profifußball bestimmen.

1. Die Pyramide – oder auch: das System "Red Bull"

Stellen Sie sich vor, Bayern-Talent Tanguy Nianzou würde mitten in der Saison für einige Spiele an den Zweitligisten Erzgebirge Aue verliehen werden. Im Extremfall würde der Franzose an einem Wochenende für den Rekordmeister auflaufen, am nächsten für den Traditionsklub aus Sachsen.

Sie merken sicher: Ein solches Konstrukt ist in Deutschland nur schwer vorstellbar. Anders ist die Situation in Österreich.

Der Red Bull-Konzern von Hauptanteilseigner Dietrich Mateschitz hat sich in den vergangenen gut 20 Jahren ein klares hierarchisches System seiner eigens gegründeten Fußballvereine aufgebaut. Zuvorderst genannt werden muss hierbei der Stammverein Red Bull Salzburg mit seinem Tochterverein FC Liefering.

Doch der österreichische Serienmeister ist dabei nicht die Spitze der Pyramide. Diesen Platz nimmt der deutsche Bundesligist Rasenballsport Leipzig ein. Die beiden weiteren Klubs, Red Bull Bragantino (Brasilien) und New York Red Bulls (USA) spielen dabei fast schon eine untergeordnete Rolle.

Wie eng die Klubs miteinander verzahnt sind, ist an vier Beispielen zu erkennen.

  • Da wäre zum einen Trainer Jesse Marsch, der von 2015 bis 2018 Cheftrainer in New York war, dann zum Co-Trainer in Leipzig gemacht wurde und nach einem Jahr Cheftrainer in Salzburg wurde. Nach zwei Spielzeiten in der Mozartstadt ging es dann wieder in die sächsische Metropole.
  • Ralf Rangnick war zwischen 2012 und 2015 Sportdirektor von Leipzig und Salzburg. Nach dem Ende seiner zweiten Zeit als Cheftrainer der Leipziger (2018 bis 2019) wurde er "Global Sports Director" von Red Bull und damit für Bragantino, Salzburg, New York und Leipzig zuständig.
  • 18 Spieler wechselten seit 2012 aus Salzburg nach Leipzig. Dazu kommen sieben weitere, die den umgekehrten Weg gingen.
  • Eines der berühmtesten Beispiele für das "systemkonforme" Durchlaufen des Red-Bull-Prinzips ist der heutige Bayern-Star Dayot Upamecano. Kurios: Der Franzose spielte innerhalb einer Saison sowohl für seinen Stammverein RB Salzburg als auch für den FC Liefering.

Liefering, ein Stadtteil Salzburgs, ist dabei nicht etwa die zweite Mannschaft des Erstligisten RB Salzburg, sondern ein so genannter Kooperationsklub.

Was ist überhaupt ein Kooperationsklub?

Dank des sogenannten Kooperationsspieler-Vertrags ist geregelt, dass ein Spieler innerhalb einer Saison für zwei Klubs auflaufen darf. So profitieren Red Bull Salzburg und Tochterverein FC Liefering wechselseitig voneinander.

Der eine Verein (Salzburg) gibt dem Spieler Spielpraxis auf einem höheren Niveau als der Regionalliga, in welcher die zweite Elf des Vereins spielen würde. Der Kooperationsklub (Liefering) hingegen bekommt für ausgewählte Spiele Unterstützung von Talenten aus der ersten Liga.

"Kooperationsverträge können abgeschlossen werden zwischen Vereinen der 1. Leistungsstufe und Vereinen der 2. Leistungsstufe", heißt es in den Bestimmungen über Kooperationsverträge beim Österreichischen Fußball-Bund. Diese Bestimmungen sind der Grund, weshalb diese Art von Kooperationsverträgen in Österreich möglich sind. Allerdings zahlt RB Salzburg dafür auch einen hohen Preis. Aufgrund des Kooperationsvertrags hat der Verein keine vereinseigene zweite Mannschaft. Das führt dazu, dass der Red-Bull-Klub jährlich Strafe zahlen muss.

Doch welche Vorteile hat ein solcher Vertrag rechtlich gesehen im Vergleich zu einer vereinseigenen U23-Mannschaft? t-online hat beim Sportrechtler Gunther Gram aus Österreich nachgehakt. "Rechtlich ist der Vorteil darin zu sehen, dass der Kooperationsvertrag kein Übertritt ist. Der Spieler bekommt Spielpraxis und wird für seinen Stammverein wertvoller", erklärt der Jurist.

Allerdings gibt es zwei Voraussetzungen für einen solchen Deal. Erstens: Der Spieler darf nicht älter als 22 Jahre alt sein. Zweitens: Die beteiligten Vereine dürfen nicht in einer Liga spielen, es muss mindestens eine Ebene zwischen den Klubs liegen.

Salzburg und Liefering sind sicherlich das prominenteste Beispiel. Jedoch gibt es auch andere österreichische Klubs, die einen solchen Vertrag abgeschlossen haben. So arbeitet beispielsweise Austria Wien mit der Wiener Neustadt zusammen. Weil die Vereine nicht in derselben Liga antreten dürfen, gilt ein solcher Vertrag immer nur für ein Jahr. Steigt der Zweitligist auf oder der Erstligist ab, so muss die Zusammenarbeit beendet werden.

Und wie sieht die Lage in Deutschland aus? Wie oben beschrieben, ist sowas in Deutschland kaum vorstellbar. Doch Sportrechtler Gram betont: "Wenn die Fifa derlei aber für Österreich unproblematisch hält, spricht wohl anhand des Fifa-Reglements nichts dagegen."

2. Die klubeigene "Loan Army"

Parma ging in die Saison 2013/2014 mit 184 ausgeliehenen Spielern. In dieser Saison hält ebenfalls ein italienischer Klub, Robin Gosens‘ Atalanta Bergamo, die Spitze – mit immerhin 65 verliehenen Profis.

Warum blähen Klubs ihre Kader aber überhaupt so gigantisch auf?

Den Begriff "Loan Army", also zu deutsch Leiharmee, machte der FC Chelsea berühmt, weil sie Leihen wie kein zweiter Verein zuvor als Geschäftsmodell erkannt haben. Sie investieren in junge Spieler, verleihen sie weiter, bis sie eine ausreichende Dividende bei einem Weiterverkauf erreichen.

Beispiele für diese Praxis sind u.a.: der in Mainz geborene kroatische Nationalspieler Mario Pasalic, der nach fünf Leihen 2020 endlich fix von Atalanta Bergamo verpflichtet wurde; der Ex-Kölner Tomas Kalas, der 2014 für ein halbes Jahr in die Domstadt verliehen wurde und ohne Einsatz blieb und seit 2019 seine Stiefel ausschließlich für den englischen Zweitligisten Bristol City schnürt; und BVB-Star Thorgan Hazard, der 2015 nach erfolgreicher Leihe von den "Blues" zu Borussia Mönchengladbach wechselte.

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Allein diese drei Spieler brachten Chelsea Transfererlöse in Höhe von über 30 Millionen Euro ein. Dabei brachte es jedoch einzig Kalas in seinen neun (!) Vertragsjahren auf gerade einmal vier Einsätze für Chelseas Profiteam. Diese Spieler waren für Chelsea also nichts weiter als eine Geldanlage, Aktien, mit denen sie gehandelt haben. Bei einer Investition von gut 9 Millionen Euro gingen sie also mit einem Gewinn von über 21 Millionen Euro heraus.

Besonders durchdacht ist dieses Prinzip der "Loan Army", wenn man sich dabei schwächere Klubs aus dem Ausland als eine Art Gewächshaus für seine jungen Talente an die Seite holt. Bei Manchester City erledigt diese Aufgabe der spanische Klub FC Girona. Pikant: Die Anteile an Girona gehören zur Hälfte dem ManCity-Eigner, der City Group aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, zur anderen Hälfte der Familie Guardiola mit Pep Guardiolas Bruder Pere als Strohmann.

Die Fifa will jedoch zur kommenden Saison die Regelungen für die Ausleihe von Spielern verschärfen. Dabei sollen unter anderem eine Mindestdauer einer Leihe von einem Jahr und eine maximale Anzahl an Spielern, die ein Verein ausleihen darf, festgelegt werden.

Unter anderem soll es verboten werden, bereits ausgeliehene Profis an Drittvereine weiterzugeben. Zudem darf ein Verein zukünftig während einer Saison nur drei Spieler an einen bestimmten Klub ausleihen – was etwa Gironas Nutzen für Man City kapital einschränken würde.

Des Weiteren wird auch die Gesamtzahl der Leihen pro Spielzeit für jeden Verein limitiert: Ab der kommenden Saison darf ein Verein höchstens acht Profis an beziehungsweise von einem anderen Klub leihen. Diese Zahl sinkt auf sechs Profis ab dem 1. Juli 2024. Exorbitanten "Loan Armys", wie sie insbesondere in Italien gang und gebe sind, will man so Herr werden.

Eine Klausel könnte das Vorhaben jedoch ad absurdum führen: Spieler bis 21 Jahre und Spieler, die ein Klub selbst ausgebildet hat, fallen nämlich nicht unter die Regel.

3. Das Prinzip "Bunte Tüte"

Nicht jedes Vereinsnetzwerk im europäischen Fußball wirkt auf den ersten Blick so schlüssig konstruiert wie es etwa die Red-Bull-Pyramide oder eine "Loan Army" ist. Doch wie so oft im Leben lohnt sich auch hier ein zweiter, tiefgehender Blick auf das große Ganze. So etwa im Fall des US-amerikanischen Unternehmers Chien Lee.

Lee hat sich mithilfe seiner Investmentfirma NewCity Capital eine bunte Tüte an Fußballklubs in ganz Europa zusammengestellt.

  • Barnsley FC, Championship (2. Liga), England
  • FC Thun, Challenge League (2. Liga), Schweiz
  • KV Oostende, Division 1A (1. Liga), Belgien
  • AS Nancy-Lorraine, Ligue 2 (2. Liga), Frankreich
  • Esbjerg fB, 1. Division (2. Liga), Dänemark
  • FC Den Bosch, Eerste Divisie (2. Liga), Niederlande

Ein roter Faden ist offenkundig nicht erkennbar. Wonach wählt Lee seine Vereine aus – und welche Strategie verfolgt er damit?

Genau diese Fragen hat der umtriebige Geschäftsmann, der bereits im Dezember angekündigt hatte, "früher oder später" auch einen Bundesligisten übernehmen zu wollen, im Gespräch mit t-online beantwortet. Das gesamte Interview lesen Sie in Kürze auf unserer Website.

Dieser Beitrag ist Teil des t-online-Themenschwerpunkts "Vereinsnetzwerke im europäischen Profifußball". Zum einen nähern wir uns in einer Reportage, die Sie hier lesen können, der Frage an, warum der Staat Katar ausgerechnet in der deutschsprachigen Kleinstadt Eupen in Ostbelgien einen Fußballklub übernommen hat und welche Ziele sowohl der Verein als auch der Wüstenstaat damit verfolgen. Zum anderen erfahren Sie hier exklusiv von einem international bekannten Investor, was seine Strategie ist.

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