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Der verrückteste Fußball-Boss Europas: "Er schmiss Geldscheine ins Publikum"


Europas verrücktester Klub-Boss
"Heute ist er dein Freund, morgen attackiert er dich"

Von Benjamin Zurmühl

15.11.2020Lesedauer: 4 Min.
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Gigi Becali: Prunk im Hintergrund, eine goldene Krawatte um den Hals, dazu große Ziele im Blick.Vergrößern des Bildes
Gigi Becali: Prunk im Hintergrund, eine goldene Krawatte um den Hals, dazu große Ziele im Blick. (Quelle: Alex Nicodim/imago-images-bilder)

Polarisierende Präsidenten, Manager und Trainer gehören zum Fußball. Auch in Deutschland gibt es mehrere Beispiele dafür. Der wohl verrückteste Klub-Boss von allen lebt aber in Rumänien.

Wenn Gigi Becali nicht gerade mit teuren Autos in Bukarest unterwegs ist, führt er ab und zu eine Herde Schafe durch die rumänische Hauptstadt. Er ist Multimilliardär, Klubbesitzer und, ja, Sie lesen richtig, Schäfer. "Er stammt aus einer Familie von Schäfern, war selbst auch einer. Ihm gehören immer noch einige Schafe, sie leben in der Nähe seines Hauses", verrät Emanuel Rosu, ein rumänischer Journalist, im Gespräch mit t-online.

Becalis Haus ist ein Palast. Prunkvoll eingerichtet, hohe Decken, goldene Sessel und verzierte Türen. Hier hat er sein Büro und hält er auch seine Pressekonferenzen ab.

Denn wenn ihm etwas an seinem Verein, dem FCSB, nicht gefällt, dann sagt er es. Der Erstliga-Klub und amtierende Pokalsieger Rumäniens hört, wenn Becali spricht. Ihm ist es egal, was andere darüber denken. Wie ein Pate übt er Druck auf die Trainer aus, entscheidet über Aufstellungen und Spielerverkäufe. Becali polarisiert. "Manche hassen ihn, manche lieben ihn – selbst in seinem eigenen Klub", erklärt Journalist Rosu und fügt an: "Es ist nicht leicht, mit ihm umzugehen. Heute ist er dein Freund, morgen attackiert er dich. Sein lautes Mundwerk ist seine wohl schlechteste Eigenschaft."

Wirbel um die Rückennummer 10

Seit 2003 ist er im Verein aus Bukarest verwurzelt. Zu Beginn noch als Großsponsor und Präsident, inzwischen als Eigentümer ohne offizielles Amt. Er war früher zwar mächtiger, sein Einfluss größer, doch auch heute noch hören viele Fans auf ihn. "Die Leute hören ihn gerne reden. Die Medien lassen ihn auch sprechen, weil er für Schlagzeilen und gute Einschaltquoten sorgt", sagt Rosu.

Becali nimmt kein Blatt vor den Mund und teilt auch kräftig aus: "Er war vor allem früher sehr provokant. Er sprach schlecht über gegnerische Spieler, sagte, er könne sie kaufen, wenn er wollte. Auch über seine eigenen Spieler zog er gerne her."

Ein Beispiel: 2009 kaufte er für den Verein, der damals noch Steaua Bukarest hieß, den Polen Rafal Grzelak. Grzelak erhielt die Rückennummer 10. Nach wenigen Einsätzen für Steaua nahm Becali ihm die Nummer wieder weg. "Becali sagte, er habe noch nie einen Spieler mit der Nummer 10 gesehen, der eine Glatze hatte. Also wollte er das bei seinem Klub nicht länger zulassen", erklärt Rosu. Es ist wenig überraschend, dass Grzelak nach einem Jahr den Verein wieder verließ.

Zwei Jahre im Gefängnis

Zu seinem Reichtum kam Becali nach dem Fall des Kommunismus 1989. "Viele Menschen verkauften ihm ihr Land. Mit der Zeit wurde dieses Land wertvoller und Becali immer wohlhabender", erinnert sich Rosu. Mit Immobilien verdiente der inzwischen 62-Jährige ein Vermögen. 2008 bezeichnete ihn das Wirtschaftsmagazin "Capital" als reichsten Rumänen.

Mit 2,5 Milliarden Euro verdrängte Becali die Tennislegende Ion Tiriac (2,4 Milliarden Euro) auf Rang zwei. Er machte kein Geheimnis aus seinem Reichtum, zeigte gerne, was er hat. Im Interview mit dem Fußball-Magazin "11 Freunde" berichtete der Ex-Fußballer Marcel Raducanu von einem weiteren kuriosen Erlebnis: "Vor einigen Jahren spielte Steaua im Uefa-Cup in Heerenveen, die Mannschaft gewann mit 3:1 und Becali war ziemlich guter Dinge. Auch ich fühlte mich rundum wohl, hatte ein tolles Spiel gesehen und stand noch etwas auf der Tribüne. Auf einmal schlenderte Becali mit zwei Bodyguards in Richtung der Steaua-Fankurve, dann öffnete er seinen Mantel und schmiss Geldscheine ins Publikum."

Becali erzählt gerne davon, wie er es vom Schäfer zum Multimilliardär schaffte. Doch die Märchengeschichte hat einige Risse. Denn Becali saß bereits im Gefängnis wegen eines kruden Deals. "Er tauschte mit dem Militär Land. Ermittler wurden auf den Tausch aufmerksam, weil Becalis neues Land viel wertvoller war als das, was er dem Militär gegeben hatte." Die Folge: Er musste 2013 ins Gefängnis, kam nach zwei Jahren wieder auf Bewährung frei.

Das angekratzte Image

Nach seiner Rückkehr in die Freiheit war Becali keine verbrannte Person in der Öffentlichkeit. Denn der Multimilliardär hat trotz allem bei vielen Menschen das Image eines Wohltäters. Denn Becali unterstützt viele Kirchen mit finanziellen Mitteln, baute Dörfer wieder auf, die von Überschwemmungen zerstört wurden. Und er errichtete ein Krankenhaus, in dem Krebspatienten kostenlos behandelt werden. Was im deutschen Gesundheitssystem normal ist, ist in Rumänien eine Besonderheit – und für Becali die Möglichkeit, sein Image aufzubessern.

Denn nicht nur die kruden Tauschgeschäfte brachten ihm viel Kritik ein, auch homophobe und sexistische Äußerungen sorgten für Empörung. Homosexuelle wollte er einst in "speziellen Vierteln" einsperren lassen, Veranstaltungen wie das "GayFest" verbieten. Frauenfußball bezeichnete er 2018 als "Umsetzung von Satans Ideen" und "gegen die menschliche Natur". Den Einkauf von schwulen Fußballern verbot er bereits.

Bei einigen Rumänen und FSCB-Fans kommt das nicht gut an. Sie wünschen sich endlich Ruhe und einen "normalen" Klub-Boss. Doch gerade durch die Corona-Krise und die finanziellen Verluste für den Verein ist die Abhängigkeit von Becali wieder gestiegen. Ein Ende der Zeit des umstrittenen Schäfers im Klub ist nicht in Sicht.

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