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WM 2022 | Nationalmannschaft: DFB-Pleite gegen Japan – Die große Angst


Deutscher WM-Fehlstart
Flicks Versäumnis

  • Noah Platschko
Von Noah Platschko

Aktualisiert am 24.11.2022Lesedauer: 4 Min.
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"Das darf nicht passieren": t-online-Reporter Noah Platschko hat die Niederlage der DFB-Elf live verfolgt. (Quelle: t-online)

Das DFB-Team steht mit dem Rücken zur Wand. Die Mannschaft muss gegen Spanien liefern. Doch die Angst vor einem frühen Aus spielt mit.

"Ist das das beste Spiel, das Sie je für Japan gemacht haben?", fragte ein englischer Journalist Ritsu Doan, als dieser nach dem Sieg gegen Deutschland durch die Mixed-Zone in den Stadionkatakomben des Khalifa-Stadions lief. "Ja, ich hoffe es", sagte der Freiburger grinsend, drehte sich um und schritt weiter Richtung Ausgang.

Doan hatte gut lachen. Seine Mannschaft hatte soeben Deutschland mit 2:1 besiegt und auch dank seines Treffers zum 1:1 einen Start nach Maß in die so umstrittene WM in Katar hingelegt – ganz im Gegensatz zum deutschen Team. Was ein gelungener Auftakt in einer schweren Gruppe hätte werden sollen, entwickelte sich für die Flick-Elf zu einem absoluten Alptraum.

Die Enttäuschung stand den DFB-Spielern noch gut eine Stunde nach Abpfiff ins Gesicht geschrieben. Der eingewechselte Mario Götze, der nach über acht Jahren wieder ein WM-Spiel bestritt, hatte "nichts zu sagen". Bayerns Jamal Musiala, ein Lichtblick im deutschen Offensivspiel, vertröstete die Journalisten aufs "nächste Mal".

Auch Hansi Flick zeigte sich auf der Pressekonferenz nach der Partie "brutal enttäuscht". Und das zu Recht. Denn die deutsche Mannschaft hätte diese Partie auf keinen Fall verlieren müssen. Es war eine unnötige Pleite, nach der man nun schon nach Spiel eins mit dem Rücken zur Wand steht. Und der Bundestrainer sich diversen Fragen stellen muss.

Video | Effenberg kritisiert DFB-Elf nach WM-Auftakt
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Quelle: t-online

Statistiken sprechen eine deutliche Sprache

Wie konnte man eine Partie, die man über weite Strecken kontrollierte, dermaßen einfach aus der Hand geben? Bis zur 75. Minute hatte man durch den Elfmeter-Treffer Ilkay Gündogans mit 1:0 in Führung gelegen. Doch dann brach die deutsche Mannschaft ein. Kollektive Passivität beim Ausgleich, individuelle Fehler vor dem 1:2.

Die Statistiken sprechen eine deutliche Sprache – und das pro Deutschland. Einen Expected-Goals-Wert von 3.27 zu 1.42, 26 zu 12 Torschüsse, vier (!) vergebene Großchancen. Die Zahlen belegen schnell, woran es im deutschen Spiel haperte: Effizienz und Abschlussglück. Es erklärt zumindest, warum das DFB-Team nach dem Elfmetertreffer Gündogans nicht in der Lage war nachzulegen – geschweige denn das Spiel zu entscheiden.

Doch spätestens nach 70 Minuten hätte Flick umstellen und seine Abwehr stabilisieren müssen. Bereits im ersten Durchgang agierte die Dreierkette aus Nico Schlotterbeck, Antonio Rüdiger und Niklas Süle hochstehend an der Mittellinie.

Die Einwechslungen von Jonas Hofmann (für Thomas Müller) und Leon Goretzka (für İlkay Gündoğan) verpufften. Im Gegenteil: Goretzka vermied es vor dem Ausgleich, entschlossen in den Zweikampf zu gehen. Beim 1:2 hob Niklas Süle das Abseits auf, während Nico Schlotterbeck im Laufduell mit Bochums Takuma Asano das Nachsehen hatte. Und auch Schlussmann Neuer ist beim Rückstand nicht von einer Schuld freizusprechen.

Neuer wird deutlich

Doch warum reagierte die Nationalelf so passiv? Warum überließ man Japan das Spielfeld, während man zuvor lange Zeit die Kontrolle über die Partie hatte? "Die individuellen Fehler, die wir in der zweiten Halbzeit gemacht haben, dürfen uns nicht passieren", bilanzierte Flick nach Abpfiff. Sein Kapitän wurde noch deutlicher. "Wir haben den Gegner stark gemacht. Wenn man keine Pässe mit Aussage macht, kommt irgendwann die Retourkutsche. Das haben wir uns selbst eingebrockt", analysierte Neuer die Pleite.

Tatsächlich mangelte es dem deutschen Team nach der Herausnahme Gündogans an gewinnbringenden Passstafetten. "Japan hat höher gepresst, da haben uns die Ruhe und die gute Positionierung gefehlt. Mit besseren Pässen und mehr Selbstvertrauen wäre es viel besser gewesen", so Neuer nach der Partie über den verkorksten zweiten Durchgang.

Spätestens nach dem 1:2 brachte Deutschland auch der beeindruckende Wert von gut 75 Prozent Ballbesitz nichts mehr. Denn nun musste das DFB-Team unbedingt treffen – agierte bis zum Abpfiff aber viel zu behäbig im Angriffsspiel. Bis auf einen Distanzschuss von Leon Goretzka (90.+5) und einen geblockten Abschluss von Niklas Süle (90.+8) erarbeitete sich die Flick-Elf keine hochkarätigen Chancen mehr.

Gündogan wiederholt sich

Es ist ein Muster, das sich durch mehrere Partien unter Flick zieht. Exemplarisch steht dafür das 0:1 gegen Ungarn vergangenen September in Leipzig, als man sich nach 0:1 Rückstand kaum gefährliche Torchancen erarbeitete – und gleichzeitig Gefahr lief, einen Gegentreffer nach Kontern zu kassieren.

Torschütze Gündogan, der mit seinen Abschlüssen und Pässen noch zu den besseren DFB-Spielern gehörte, sprach die Probleme schonungslos offen an: "Wir spielen in den Positionen nicht schlecht, aber es fehlt die Überzeugung. Dass man den Ball hält, dass man sich bewegt, dass man sich anbietet. Man hatte das Gefühl, dass nicht jeder den Ball haben wollte." Ähnliche Worte wählte er bereits nach der Pleite gegen die Ungarn. Doch das war vor zwei Monaten.

Die frischen Eindrücke vom Japan-Spiel lassen den Schluss zu, dass Flick es in seinen gut 15 Monaten Amtszeit nicht geschafft hat, dem Team die notwendige Balance zu verpassen. Die individuellen Aussetzer gepaart mit fehlendem Angriffstempo, insbesondere gegen tief stehende Gegner, lassen nun den Super-GAU absolut realistisch erscheinen.

Denn sollte Japan nun sein zweites Spiel gegen Costa Rica, das seinerseits mit 0:7 gegen Spanien unterging, gewinnen, hilft der Flick-Elf gegen "Angstgegner" Spanien wohl nur ein Sieg, will man noch die K.o-Runde erreichen und nicht vorzeitig die Heimreise antreten.

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"Wir haben die Qualität, Spanien schlagen zu können. Darauf liegt nun unser Fokus", richtete der Bundestrainer den Blick auf das womöglich alles entscheidende Spiel. Auch er wird sich Gedanken machen, wie es um seine Zukunft bestellt ist, sollte sich das Debakel von Russland 2018 wiederholen.

Die große Angst vor dem frühen Aus, sie ist mehr als real. Und ob Deutschland qualitativ in der Lage ist, die spielfreudigen Spanier zu schlagen, mehr als anzuzweifeln. Oder wie es Thomas Müller ausdrückte: "Jetzt haben wir den Salat!"

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Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen im Stadion
  • Stimmen der Beteiligten nach der Partie
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