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Olympia: "Indiskutabel" – Uschi Disl will keine Winterspiele in Saudi-Arabien


Sport-Ikone gegen Olympia in Saudi-Arabien
"Völlig indiskutabel"


Aktualisiert am 09.12.2023Lesedauer: 3 Min.
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Uschi Disl (hier 2009 in Gelsenkirchen): Die Bayerin ist zweifache Olympiasiegerin und gehörte zu den beliebtesten deutschen Sportlerinnen der 90er- und 00er-Jahre. (Quelle: imago sportfotodienst via www.imago-images.de/imago-images-bilder)

So skurril es klingt: Wüstenstaat Saudi-Arabien richtet die asiatischen Winterspiele aus – und will nach der Fußball-WM auch Olympia. Biathlon-Legende Uschi Disl stößt das übel auf.

Die Vergabe von internationalen Großveranstaltungen hinterlässt gerade in Deutschland viele Sportinteressierte nachdenklich. Von den Olympischen Spielen in China bis zur Fußball-WM in Katar – das Unverständnis, derartige Highlights in Länder zu vergeben, die wegen massiver Menschenrechtsverletzungen international in der Kritik stehen, wächst stetig.

Besonders in Europa führt das zu einer stetigen Entfremdung zwischen Sportfans und internationalen Sportverbänden. Eines der krassesten Beispiele dafür ist die Vergabe der Winterspiele 2029 auf einem anderen Kontinent – und zwar Asien. Diese gingen an den Wüstenstaat Saudi-Arabien.

Die Monarchie am Persischen Golf hat sich Katars weltpolitisches Wirken (mitsamt Ausrichtung der Fußall-WM 2022) zum Vorbild genommen und drängt offensiver denn je an die Spitze der internationalen Sportpolitik.

Dabei geht es nicht nur um die globale Nummer-eins-Sportart Fußball mit den Wechseln von Weltstars wie Cristiano Ronaldo und Neymar in die "Saudi Pro League" oder die Übernahme des englischen Champions-League-Starters Newcastle United – ganz abgesehen von der als fast sicher geltenden Vergabe der WM 2034 nach Saudi-Arabien.

Kronprinz Mohammed bin Salman hat auch das größte Sportereignis überhaupt ins Auge gefasst: die Olympischen Spiele – und zwar nicht nur im Sommer, sondern auch im Winter.

Wintersport in der Wüste

So skurril es klingen mag: Der Wüstenstaat mit einer durchschnittlichen Jahrestemperatur von 28 Grad Celsius und seltenen Niederschlägen spezialisiert sich auf Wintersport – und zwar erfolgreich.

2029 werden dort die asiatischen Winterspiele ausgetragen. Einige Beobachter sehen darin die Vorbereitungen für eine Bewerbung für Olympische Winterspiele. Viele Europäer hinterlässt das sprachlos. Auch für die ehemalige Biathletin Uschi Disl wäre das undenkbar.

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Uschi Disl wohnt seit über zehn Jahren in Schweden. (Quelle: IMAGO/MATHIAS BERGELD/imago-images-bilder)

Uschi Disl

Die gebürtige Bayerin wurde zwischen 1990 und 2006 zu einer Institution im Biathlon-Weltcup. Mit zwei Gold-, vier Silber- und drei Bronzemedaillen gehört sie zu den erfolgreichsten deutschen Winterolympionikinnen. Heute wohnt sie mit ihrer Familie im schwedischen Mora und ist Expertin beim schwedischen Radio.

"Ich bin absolut dagegen. Das ist überhaupt nicht nachhaltig. Das sind keine Wintersportorte und oft gibt es dort fast gar keinen natürlichen Schnee", sagt Disl t-online und fügt an: "Deshalb ist das für mich völlig indiskutabel. Saudi-Arabien sollte keine Olympischen Winterspiele bekommen. Die gehören dort einfach nicht hin."

Ähnlich haben Kritiker vor einigen Jahren bereits die Vergabe der Olympischen Winterspiele nach Peking kommentiert – zumal es in der Region ebenfalls kaum natürlichen Schnee gibt.

Mit großem finanziellem Einsatz, Schneekanonen und massiven Eingriffen in die Natur machte die chinesische Regierung die Spiele 2022 dennoch möglich. Grundlegend dafür war die Umsiedlung Tausender Menschen und der Bau gigantischer Sportanlagen.

Seitdem konzentriert sich massive Kritik auf das Internationale Olympische Komitee (IOC), sodass die Organisation des Weltsports Themen wie Nachhaltigkeit oder das vermeintlich harmonische Miteinander von Sportstätten, Einwohnern und Natur bei der Vergabe der Spiele immer mehr in den Fokus rückt.

Das ist auch der Grund, warum in Deutschland erstmals in diesem Jahrtausend olympische Wettbewerbe stattfinden könnten. Und zwar schon 2026. Eigentlich sind Mailand und Cortina d'Ampezzo dann Gastgeber der Spiele, doch es gibt noch immer keinen Veranstaltungsort für die Rodel-, Bob- und Skeleton-Wettbewerbe.

Italiens Infrastrukturminister Matteo Salvini möchte schnellstmöglich Abhilfe schaffen. Er stellt den Bau einer komplett neuen Bahn in Cortina d'Ampezzo in Aussicht, die die Italiener angeblich "keinen Cent extra" kosten werde. Das IOC ist davon wenig überzeugt.

Die Begrünung: Es gibt keinen tragfähigen Plan zur Nachnutzung. So wie bei der zu den Spielen in Turin 2006 gebauten Bahn im Wintersportort Cesana. Diese wurde mangels Nutzung bereits 2011 stillgelegt und verrottet nun seit Jahren.

Obwohl sie seit über zehn Jahren in Schweden lebt, ist die neunfache Olympiamedaillengewinnerin und gebürtige Bayerin Uschi Disl davon regelrecht begeistert: "In der jetzigen Situation finde ich es sehr gut. Es ist die Zukunft von Olympischen Spielen, dass man die Veranstaltungsorte nutzt, die schon da sind und nicht immer neue Bauten in die Natur setzt", mahnt die 53-Jährige. "Gerade eine Rodelbahn zu bauen, ist sicher kostenintensiv."

Doch das sind für Disl nicht die einzigen relevanten Argumentationspunkte: "Dazu bleibt die Frage, ob die Bahn nach den Spielen entsprechend genutzt wird. Und außerdem ist das Ganze natürlich nicht unbedingt umweltfreundlich – gerade im Hinblick auf die ganze Kühltechnik bei einer Rodelbahn. Deshalb ist das für mich eine super Idee", so Disl. "Weil es einfach wichtig ist, nicht immer wieder alles neu aus dem Boden zu stampfen und vielleicht neue Wege zu gehen."

Ihr Fazit: "Winterspiele gehören in meinen Augen an Orte, die auch mit Wintersport zu tun haben und wo es auch entsprechende Infrastruktur mit Pisten, Bahnen oder Schanzen gibt." Für Saudi-Arabien ist es bis dahin noch ein sehr weiter Weg.

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