Unterhaltung Sänger Dietrich Fischer-Dieskau gestorben
Sein Bariton war einmalig, nun ist er für immer verstummt: Dietrich Fischer-Dieskau, der das deutsche Lied in alle Welt trug, ist tot. Er galt als "Jahrhundertsänger", der mit seiner Stimme Millionen betörte. Am Freitag starb er in seinem Haus in Berg bei Starnberg in Bayern kurz vor seinem 87. Geburtstag.
"Er ist sanft entschlafen", sagte seine Frau, die Sopranistin Julia Varady, der Nachrichtenagentur "dpa". Fischer-Dieskau, der Berliner Ehrenbürger ist, soll in der Hauptstadt im engsten Familienkreis beigesetzt werden. Untrennbar mit seinem Namen verbunden ist Franz Schuberts Liederzyklus "Winterreise", aber auch die Interpretation der Lieder von Gustav Mahler und Carl Löwe. Mit seinem Repertoire wurde das deutsche Lied in aller Welt bekannt. Der Sänger machte auch Karriere auf der Opernbühne, als Musikpädagoge und Schriftsteller.
"Ausnahmekünstler und Jahrhunderterscheinung"
Fischer-Dieskaus Tod sei ein großer Verlust für die Musikwelt, erklärte der Intendant der Bayerischen Staatsoper, Nikolaus Bachler. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) sprach von einem "Ausnahmekünstler" und einer "Jahrhunderterscheinung". Berlins regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) nannte ihn "einen der größten Sänger" unserer Zeit.
1992 die Karriere beendet
Der am 28. Mai 1925 in Berlin geborene Künstler hatte am 31. Dezember 1992 seine Gesangskarriere beendet. Er verabschiedete sich damals mit einer Gala an der Bayerischen Staatsoper. Neben dem Liedgesang pflegte Fischer-Dieskau das Opernfach. Ob als Wolfram von Eschenbach in "Tannhäuser" oder Papageno in der "Zauberflöte" - mit seiner glockenklaren Stimme, seiner Bühnenpräsenz und seiner deutlichen Aussprache begeisterte er seine Zuhörer. Er spielte den Grafen Almaviva in "Figaros Hochzeit" und den Ottokar im "Freischütz". Insgesamt gibt es mehr als 400 Schallplatten von ihm. Zu den Höhepunkten in der Karriere Fischer-Dieskaus zählten die Teilnahme an der Uraufführung von Benjamin Brittens "War Requiem" bei der Einweihung der neuen Kathedrale im britischen Coventry im Jahr 1962.
Auftritte auf der ganzen Welt
Fischer-Dieskaus Karriere begann 1947 in Badenweiler, wo er bei Brahms "Deutsches Requiem" für einen erkrankten Solisten einsprang. Kurz danach verpflichtete ihn die Städtische Oper in Berlin, der er ein Leben lang treu blieb. Doch trat er auch in Opern- und Konzerthäusern weltweit auf - von München über Wien bis nach London und New York.
Die erste Aufnahme der "Winterreise" ist aus dem Jahr 1948, später erschienen davon weitere Einspielungen. In einem Interview sagte er, "Die Winterreise" sei "das Beste, was einem Bariton passieren kann". Sein wohl bekanntester Liedpartner am Klavier war der Brite Gerald Moore, aber auch Swjatoslaw Richter, Daniel Barenboim oder Christoph Eschenbach gehörten immer wieder zu seinen Begleitern.
Verfechter moderner Musik
Für die Moderne und die zeitgenössische Musik machte sich Fischer-Dieskau ebenfalls stark. Für ihn schrieb Hans Werner Henze die Hauptrolle in der "Elegie für junge Liebende", in der Uraufführung von Aribert Reimanns "Lear" übernahm 1978 die Titelpartie. Unvergessen bleibt sein Auftritt in Arnold Schönbergs "Ein Überlebender aus Warschau" mit dem Dirigenten Claudio Abbado und den Berliner Philharmonikern.
Verheiratet in vierter Ehe
Der Dirigent, Maler, Musikautor und Rezitator publizierte über den Goethe-Freund Carl Friedrich Zelter, über Schubert und das Berliner Musikleben. Bis zuletzt hatte er Meisterklassen gegeben. Unter seinen Schülern waren Thomas Quasthoff und Christian Gerhaher. Nach seinem Rückzug widmete er sich verstärkt in seinem Haus in Berlin und seinem Wohnsitz am Starnberger See der Malerei. Fischer-Dieskau war in vierter Ehe mit der Sopranistin Julia Varady verheiratet. Aus seiner ersten Ehe hatte er drei Kinder.