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Abgas-Skandal: Darum geht's beim morgigen Diesel-Gipfel


Chronologie des Abgas-Skandals
Was Sie zum Dieselgipfel wissen sollten

Wolfgang Gomoll/press-inform

Aktualisiert am 01.08.2017Lesedauer: 4 Min.
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Dank SCR-Nachrüstung stößt der betroffene 1,6-Liter-Diesel nur noch 49 statt 431 Milligramm Stickoxid pro Kilometer aus.Vergrößern des Bildes
Dank SCR-Nachrüstung stößt der betroffene 1,6-Liter-Diesel nur noch 49 statt 431 Milligramm Stickoxid pro Kilometer aus. (Quelle: Hersteller-bilder)

Die deutsche Automobilindustrie wankt, denn der Dieselskandal hält unverändert eine ganze Branche in Atem. Die Verwicklungen werden dabei immer komplizierter. Morgen soll der Dieselgipfel eine Lösung des Problems bringen. Wir bringen Sie auf den neuesten Stand.

Am 2. August treffen sich Vertreter der Automobilindustrie, der Bundesregierung und von Verbänden, um die Zukunft der Dieselautos in Deutschland zu diskutieren. Das Damoklesschwert der Diesel-Fahrverbote schwebt nach wie vor über der Branche, nachdem das Verwaltungsgericht Stuttgart ein rasches Fahrverbot für Diesel-Fahrzeuge in der schwäbischen Metropole gefordert hat.

Mittlerweile wird der Ton der Politik rauer

Grund war eine Klage der Deutschen Umwelthilfe. Mittlerweile wird der Ton der Politik auch rauer. Verkehrsminister Alexander Dobrindt, der bisher nicht als der größte Kritiker der Automobilindustrie in Erscheinung getreten ist, zieht die Daumenschrauben an. Nach dem Zulassungsverbot für Dieselmodelle des Porsche Cayenne mit Dreilitermotor legte der Politiker verbal nach. "Die Automobilindustrie hat hier eine verdammte Verantwortung, das Vertrauen wiederherzustellen", erklärte der Politiker gegenüber der "Bild am Sonntag".

Dobrindt sorgt sich um "Made in Germany"

Der Politiker fürchtet einen Imageschaden für das Qualitätssiegel "Made in Germany". Außerdem erwartet er, dass die Autobauer bei dem Treffen konkrete Maßnahmen auf den Tisch legen, damit die betroffenen Motoren optimiert werden können. Nachrüstungen der betroffenen Fahrzeuge per Software-Updates für Euro-5- und Euro-6-Diesel sollen die Stickoxid-Belastung senken.

Dieselgipfel wird "kein gemütliches Kaffeekränzchen"

Die Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) kündigte in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" an: "Wir werden den Autoherstellern einen Forderungskatalog vorlegen" und stellte VW & Co. "kein gemütliches Kaffeekränzchen" in Aussicht. Die Automobilindustrie ist in die Defensive gedrängt und geht mit eigenen Ideen in die Runde. In einen Mobilitätsfond wolle sie einzahlen, der es den Kommunen ermöglicht, die Luft sauber zu halten. Da geht es um Verkehrsleitsysteme und öffentliche Verkehrsmittel. Ein dreistelliger Millionenbetrag soll helfen. Ob die Politik wenige Wochen vor der Bundestagswahl auf so einen Deal eingeht, der auch als Herauskaufen aus der Verantwortung wahrgenommen werden kann, wird sich zeigen.

Wie ist die Autoindustrie in eine solche Schieflage geraten?

Wie konnte es soweit kommen, dass ein deutscher Vorzeige-Industriezweig derart in Verruf gerät? Hier eine Zusammenfassung der Ereignisse. Vor gut zwei Jahren schien auf der IAA in Frankfurt die Autowelt noch in Ordnung: Die VW-Führungsspitze rund um Konzernchef Martin Winterkorn strahlte in die Kameras und ließ sich feiern. Nichts und Niemand schien Europas größten Autobauer auf dem Weg an die Weltspitze der meistverkauften Autos aufhalten zu können.

Doch wenige Tage später – am 19. September 2015 – platzte die Bombe: Bereits am 3. September hatte Volkswagen gegenüber der kalifornischen Luftreinheitsbehörde "CARB" und der "United States Environmental Protection Agency" (EPA) zugegeben, Dieselmotoren mit Hilfe einer Software manipuliert zu haben. Die Triebwerke erfüllten lediglich bei den Euro-Norm-Fahrzyklentests, die auf Rollenprüfständen vorgenommen werden, die Abgas-Grenzwerte – im realen Fahrbetrieb jedoch nicht. Betroffen – so glaubte man zunächst – waren Motoren der Kennziffer EA189, der als 1.2 TDI, als 1.6 TDI und 2.0 TDI zwischen 2007 und 2015 in Modellen des VW-Konzerns verbaut war. Europaweit sollen rund acht Millionen Fahrzeuge betroffen sein, in Deutschland alleine etwa 2,5 Millionen. Wie kam es zum Einsatz der Schummel-Software? Laut Medienberichten behaupten beteiligte Ingenieure, dass angeblich der Kostendruck beim Erreichen der Abgasnormen eine große Rolle gespielt haben soll.

Martin Winterkorn musste schnell seinen Hut nehmen

Der Dieselskandal forderte schnell prominente Opfer. Nachdem die VW-Aktie in den Keller gerauscht war, trat Martin Winterkorn am 23. September als VW-Vorstandsvorsitzender zurück, Porsche-Chef Matthias Müller wurde sein Nachfolger. Derweil liefen die Bemühungen an, den Existenz-bedrohlichen Dieselskandal möglichst gut einzudämmen.

Fieberhaft arbeitete man bei VW daran, Nachrüstlösungen zu finden, die die Stickoxide (NOx), welche die Motoren ausstoßen so weit reduzieren, dass die EU-Grenzwerte eingehalten werden. VW ersann verschiedene Maßnahmen und stellte diese bereits im November 2015 dem Kraftfahrzeug-Bundesamt (KBA) vor. Am 21. Dezember 2016 erhielt VW vom KBA die Freigabe zur Umrüstung aller betroffenen TDI-Motoren. Das soll hauptsächlich per Software-Update geschehen und beim 1,6-Liter EA 189-Motor wird zusätzlich direkt vor dem Luftmassenmesser ein sogenannter Strömungsgleichrichter, also ein Gitter, befestigt.

Zu den Vierzylindern gesellen sich auch Sechsender

Doch damit war das "Dieselgate" noch lange nicht ausgestanden. Mittlerweile stellte sich heraus, dass nicht nur die Vierzylinder-Motoren mit einer illegalen Software bestück sind, sondern auch Dreiliter-V6-TDI-Triebwerke, die vor allem in großen SUV, wie dem Audi Q7 oder den Porsche Cayenne verbaut sind. Unlängst hat Verkehrsminister Alexander Dobrindt ein Zulassungsverbot für die Porsche Cayenne ausgesprochen, die mit diesem Motor bestückt sind. Das soll solange gelten, bis eine wirksame Nachrüstung dieser Modelle erfolgen kann. Außerdem hat das Verkehrsministerium einen Pflichtrückruf angeordnet. Dieses Triebwerk stammt von Audi und verrichtet in verschiedenen Fahrzeugen des Ingolstädter Autobauers seinen Dienst. Das führte bei Audi zum Rückruf von 24.000 Dieselmodelle der Baureihen A7 und A8.

Abgas-Skandal ist kein VW-exklusives Phänomen

Wer glaubt, dass nur der VW-Konzern Probleme mit dem Erreichen der Abgasnormen hat, irrt. Auch Mercedes-Benz bessert rund drei Millionen Dieselmotore mit der Kennung OM 642 (Sechszylinder) und OM 651 (Vierzylinder) nach, die zwischen 2008 und 2016 in Modellen wie der Mercedes C-Klasse verwendet wurden. Diese Nachrüstung geschehe freiwillig betont Mercedes und weist darauf hin, sich an geltendes Recht gehalten zu haben.

BMW bleibt damit dabei, dass es bei den eigenen Fahrzeugen keine illegale Abgasmanipulation gegeben habe. In letzter Zeit sind Vorwürfe laut geworden, dass sich die großen deutschen Hersteller in einem Kartell abgesprochen haben und so die Größe von AdBlue-Tanks bestimmt haben, deren Inhalt (Harnstoff / AdBlue) zur Reinigung der Abgase notwendig ist. Also gilt es beim Diesel-Gipfel einiges aufzuarbeiten.

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