Wichtiges Urteil Ist das Wucher?

Wucherpreise müssen nicht hingenommen werden. Doch bei der Auslegung gibt es oft Schwierigkeiten. Das zeigt ein aktuelles Urteil.
Niemand ist verpflichtet, Wucherpreise zu zahlen: Liegt tatsächlich ein sittenwidriges Geschäft vor, ist es laut Gesetz nichtig und kann rückabgewickelt werden – zum Beispiel, wenn der Verkäufer eine Zwangslage, Unerfahrenheit oder mangelndes Urteilsvermögen ausgenutzt hat, um sich zu bereichern.
Dass die Auslegung nicht immer einfach ist, zeigt ein Urteil des Amtsgerichts Erfurt (Az.: 5 C 522/21). Demnach können Internetpreise beispielsweise nicht herangezogen werden, um festzustellen, ob eine im stationären Handel erworbene Ware überteuert ist oder nicht.
Beratung kann einen höheren Preis rechtfertigen
Geklagt hatte eine Frau, die in einem Geschäft aus medizinischen Gründen eine Perücke zum Preis von über 4.000 Euro gekauft hatte. Kurze Zeit später holte die Frau im Internet verschiedene Vergleichsangebote ein und stellte fest, dass dasselbe Produkt dort für deutlich weniger als die Hälfte zu haben gewesen wäre.
Die Klägerin sah darin ein wucherähnliches Geschäft und verlangte einen Großteil des Kaufpreises zurück. Der Verkäuferin warf sie vor, ihre Zwangslage wegen drohendem Haarausfall ausgenutzt zu haben – ohne Erfolg.
Das Gericht wies die Klage ab. Die Richter konnten weder eine Schwächesituation der Klägerin noch eine bewusste Ausnutzung einer solchen durch die Verkäuferin feststellen. Zudem seien die Internetpreise für einen Vergleich nicht geeignet.
Die Kostenstruktur der beiden Vertriebswege sei völlig unterschiedlich. Darüber hinaus berücksichtigte das Gericht umfangreiche Beratungs- und Anpassungsleistungen der Verkäuferin, die im Internet nicht zur Verfügung gestanden hätten.
- Nachrichtenagentur dpa