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Ist Omikron doch nicht der Ausweg? Delta könnte zurückkommen


Omikron doch nicht der Ausweg?
Experte: Hier ist das Infektionsrisiko derzeit hoch


03.02.2022Lesedauer: 3 Min.
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Impfzentrum in München: Offenbar ist die Corona-Gefahr noch längst nicht gebannt.Vergrößern des Bildes
Impfzentrum in München: Offenbar ist die Corona-Gefahr noch längst nicht gebannt. (Quelle: IMAGO / Wolfgang Maria Weber/imago-images-bilder)

Omikron galt bei vielen Experten als die Virusvariante, die in die Endemie führen könnte. Nun mehren sich die Zweifel. Ein Epidemiologe warnt vor zu früher Euphorie.

Omikron ist deutlich ansteckender als seine Vorgängervarianten und führt offenbar zu milderen Krankheitsverläufen. Wird Corona so endemisch? Gibt es jetzt Hoffnung auf Öffnungen und Entschärfungen der Anti-Corona-Maßnahmen? t-online fragte den Epidemiologen Markus Scholz.

t-online: Herr Scholz, andere Länder heben bereits alle Corona-Maßnahmen auf. Der deutsche Justizminister Marco Buschmann (FDP) hält Lockerungen im März für möglich. Wie sehen Sie das?

Markus Scholz: Wir werden demnächst einen Peak bei den Inzidenzen sehen. Wir rechnen Ende Februar damit. Dann werden die Zahlen zurückgehen. Und dann ist es eine politische Entscheidung, eine Abwägung zwischen Sicherheit und Freiheit. Klar ist: Omikron ist weniger gefährlich. Wir sind bislang glimpflich durch diese Welle gekommen. Die pessimistischsten Szenarien haben sich nicht bestätigt. Wir sehen keine Überlastungssituation im Gesundheitswesen.

Die ersten Bundesländer kippen die 2G-Regel im Einzelhandel. Ist das berechtigt? Was wissen wir über Infektionen im Einzelhandel?

Faktisch wenig. Wir wissen momentan oft nicht, wo sich die Leute anstecken. Das ist ein Riesenproblem. Die gesammelten Daten zur Ansteckung sind hochgradig verzerrt. Klar ist, neben den Haushalten sind Großveranstaltungen, Schulen und Restaurants wesentliche Ansteckungsorte.

Prof. Markus Scholz
Prof. Markus Scholz (Quelle: Universität Leipzig, Fotograf: Christian Hüller)



Markus Scholz ist Epidemiologe an der Universität Leipzig und forscht dort zur weiteren Entwicklung der Pandemie.

Nun wird in verschiedenen Bundesländern die Kontaktnachverfolgung in Restaurants aufgegeben. Ein Fehler?

Ich würde das in der derzeitigen Situation nicht tun. Das Infektionsrisiko in Restaurants ist hoch. Weil dort keine Masken getragen werden und Abstände häufig nicht eingehalten werden können. Ich würde derzeit nicht in ein voll besetztes Restaurant ohne Abstandsmöglichkeiten gehen.

Auch die Dauer der Quarantäne wurde verkürzt. In einigen Bundesländern gilt in Schulen, dass sich nur noch das infizierte Kind in Isolation begibt, aber nicht mehr automatisch auch die direkten Sitznachbarn.

Das ist de facto das Konzept der Durchseuchung. Man forciert dadurch Masseninfektionen geradezu. Das ist aus mehreren Gründen problematisch. Die Schüler tragen die Infektionen in ihre Familien bzw. werden über die Schule Infektionen zwischen Familien verbreiten. Sie können damit auch bei vulnerablen Gruppen ankommen. Und wir haben eben eine ältere Population als andere Länder. Außerdem wissen wir noch nichts über Long-Covid bei Omikron. Das kann zu einem sehr langfristigen Problem werden.

Nun werden Stimmen laut, dass eine Impfpflicht mit den derzeitigen Impfstoffen nicht durchsetzbar sein könnte, weil die Vakzine nur unzureichend vor einer Infektion mit Omikron schützen und damit die Pandemie nicht eingedämmt werden kann.

Was die Impfungen geschafft haben, ist die Entkopplung der Inzidenzen von den Krankenhauseinweisungen. Das heißt, wir verkraften aktuell viel höhere Inzidenzen, weil es durch den Impfschutz weniger schwere Fälle gibt. Das wird viel zu wenig betont. Und das gilt auch für Omikron, wie wir sehen. Richtig ist, dass nur ein eingeschränkter Schutz vor Ansteckungen besteht.

Ist denn nach Omikron Schluss mit Corona, wenn wir dann größtenteils durchseucht und/oder immunisiert sind?

Das ist nicht sicher. Mit Omikron werden wir Herdenimmunität erreichen, davon gehe ich aus. Aber ob das auf andere Varianten übertragbar ist, ist die Frage.

Was meinen Sie damit?

Zum Beispiel kann Delta zurückkommen. Nicht jetzt oder im Frühling oder Sommer, aber im Herbst. Da könnten wir wieder ein Problem mit Delta oder neuen Varianten bekommen. Denkbar ist auch, dass die Schutzwirkung nach einer leichten Omikron-Infektion schnell wieder vergeht.

Das heißt, die erworbene Immunität unter Omikron könnte gegen Delta nicht wirken?

Omikron ist ein stark mutiertes Virus. Unklar bleibt, ob die Immunantwort, die gegen diese Variante erworben wurde, auch gegen Delta wirkt bzw. wie lange die Schutzwirkung besteht.

Und dann wären wir im Herbst wieder in der gleichen Situation wie ein Jahr zuvor?

Das ist zumindest nicht ausgeschlossen. Die derzeitige Durchseuchung mit Omikron könnte uns diesbezüglich eventuell also nicht weiterhelfen, die Epidemie dauerhaft zu beenden. Umso wichtiger ist es, die Impflücke weiter zu schließen, sodass bei der nächsten Welle hohe Infektionszahlen gut gemanagt werden können. Und die Impfpflicht für Pflege- und Krankenhauspersonal muss zügig umgesetzt werden, um die vulnerablen Gruppen bestmöglich zu schützen.

Herr Scholz, wir danken Ihnen für das Gespräch!

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Interview mit Markus Scholz
  • Eigene Recherche
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