Was Sie vermeiden sollten Diese sieben Faktoren können Tinnitus verschlimmern

Tinnitus betrifft Millionen Menschen – und kann deren Lebensqualität stark beeinträchtigen. Umso wichtiger ist es, Risikofaktoren möglichst auszuschalten.
Fast alle Menschen kennen Ohrgeräusche. Bei den meisten lassen Pfeifen, Piepen, Brummen und Summen nach kurzer Zeit wieder nach. Doch manche Betroffene leiden unter chronischem Tinnitus. Laut dem Bundesministerium für Gesundheit erleben 5 bis 15 Prozent der Erwachsenen irgendwann länger andauernde Ohrgeräusche. Bestimmte Risikofaktoren können Tinnitus verschlimmern.
Was ist Tinnitus?
Tinnitus ist der lateinische Begriff für "Klingeln". Doch die Ohrgeräusche, die Menschen mit einem Tinnitus wahrnehmen, können unterschiedlich sein. Manche beschreiben ein Klingeln, Pfeifen oder Piepen, andere ein Brummen, Summen, Klopfen oder Rauschen. Tinnitus kann einseitig oder beidseitig auftreten. Das Ohrgeräusch kann vorübergehend oder dauerhaft präsent sein. Auch die Lautstärke kann variieren.
Halten die Ohrgeräusche länger als drei Monate an, sprechen Experten von chronischem Tinnitus. Angaben der Deutschen Tinnitus-Liga e. V. zufolge bekommen etwa 250.000 Deutsche jährlich einen chronischen Tinnitus. Je nach Ausprägung kann Tinnitus mit einem erheblichen Leidensdruck verbunden sein. Laut der Tinnitus-Liga leiden rund 1,5 Millionen Menschen hierzulande "sehr" unter ihren Ohrgeräuschen.
Ursache von Tinnitus oft unbekannt
Nicht immer lässt sich herausfinden, was der Auslöser ist. Ist die Ursache unbekannt, handelt es sich um idiopathischen Tinnitus. Bestimmte Risikofaktoren können den Tinnitus verstärken. Zu den wichtigsten gehören:
- Lärm
- Schwerhörigkeit
- Stress und psychische Belastung
- bestimmte Medikamente
- Verspannungen in Nacken und Kiefer
- auf den Organismus anregend wirkende Substanzen wie Koffein, Alkohol und Nikotin
- Stille
Warum Lärm für die Ohren eine Gefahr ist
Lärm ist ein häufiger Auslöser von Tinnitus, da er die Sinneszellen der Hörschnecke im Innenohr schädigen kann. Es wird vermutet, dass die zerstörten oder gereizten Sinneszellen keine Signale mehr an das Gehirn weiterleiten. Das Ausbleiben echter Signale führt zu einer Fehlanpassung im Hörzentrum des Gehirns: Die Nervenzellen reagieren mit gesteigerter Aktivität, wodurch es zur Wahrnehmung von Phantomgeräuschen kommt.
Auch zu viel oder häufiger Lärm kann einen bestehenden Tinnitus verschlimmern. Ob laute Musik, Baulärm oder Lärm am Arbeitsplatz – das empfindliche Innenohr kann dadurch überreizt oder sogar geschädigt werden, sodass die Ohrgeräusche sich verstärken oder erneut auftreten können.
Schwerhörigkeit lässt Ohrgeräusche lauter werden
Schwerhörigkeit hängt ebenfalls eng mit Tinnitus zusammen: Sie ist nach Lärm die zweithäufigste Ursache für die Ohrgeräusche. Schätzungen gehen davon aus, dass über 50 Prozent der Personen mit mehr oder weniger ausgeprägtem Hörverlust einen Tinnitus haben. Nicht selten ist dies eines der ersten Symptome einer beginnenden Hörminderung.
Laut dem Deutschen Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte e. V. ist es für ältere Menschen besonders wichtig, Hörprobleme aktiv anzugehen. Das frühzeitige Tragen eines Hörgeräts kann nicht nur die Ohrgeräusche lindern. Studien haben zudem gezeigt, dass Hörgeräte die psychosozialen, kommunikativen und kognitiven Funktionen verbessern. Auch sozialer Abgrenzung, Depressionen und Ängsten wird entgegengewirkt. Bei anhaltenden Ohrgeräuschen ist es daher empfehlenswert, einen Hörtest durchführen zu lassen.
Stress und psychische Belastung begünstigen Tinnitus
Viele Betroffene spüren, dass ihr Tinnitus bei Stress schlimmer wird. Stress wirkt auf das zentrale Nervensystem – und in der Folge schüttet der Körper vermehrt Stresshormone wie Cortisol aus. Dadurch kann sich auch die Wahrnehmung von Geräuschen verändern. Gleichzeitig fällt es dem Gehirn unter Stress schwerer, unwichtige Geräusche auszublenden. Die Ohrgeräusche können deshalb lauter und intensiver wirken. Es wird außerdem diskutiert, ob Stress oder seelische Belastungen sogar einen Tinnitus auslösen können. Ob das wirklich so ist, ist bisher jedoch nicht eindeutig geklärt.
Welche Medikamente Tinnitus verstärken können
Auch Medikamente können als Nebenwirkung Ohrgeräusche auslösen. In der Regel lassen diese nach Beendigung der Einnahme wieder nach. Allerdings gibt es auch Medikamente, die das Innenohr irreversibel schädigen können. Zu den Medikamenten, die Ohrgeräusche verursachen können, gehören unter anderem:
- NSAR: Schmerzmittel und Entzündungshemmer aus der Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika wie Ibuprofen und Diclofenac können zeitweise Tinnitus verursachen, indem sie auf die Durchblutung des Innenohrs und die Signalverarbeitung im Hörnerv einwirken.
- ASS: Das ebenfalls zu den NSAR gehörende Mittel wird unter anderem gegen Schmerzen und aufgrund der blutgerinnungshemmenden Wirkung zur Vorbeugung von Herzinfarkt und Schlafanfall angewendet. In hoher Dosierung können Ohrgeräusche auftreten.
- Antibiotika: Manche haben das Potenzial, das Innenohr anhaltend zu schädigen. Dazu gehören zum Beispiel Antibiotika mit Aminoglykosiden (etwa Amikacin, Neomycin und Gentamicin), Tetracyclinen (etwa Doxycyclin und Eravacyclin) sowie Makrolid-Antibiotika (etwa Azithromycin, Clarithromycin und Erythromycin).
- Diuretika: Diese Entwässerungsmittel können die Elektrolytbalance im Innenohr stören. Beispiele für Diuretika mit möglicher Nebenwirkung Tinnitus sind Furosemid und Torasemid. Vor allem bei Patienten mit Nierenschwäche können sie das Gehör beeinträchtigen.
- Antidepressiva: Sowohl SSRI (Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Inhibitoren beziehungsweise -Hemmer) als auch trizyklische Antidepressiva können vereinzelt Hörstörungen und Tinnitus auslösen. Als Ursache wird eine Beeinflussung der zentralen Hörverarbeitung vermutet.
Verspannungen wirken sich auf die Ohren aus
Ebenso berichten einige Betroffene von einer Verschlimmerung bei Belastungen des Nackenbereichs, etwa aufgrund von häufiger Schreibtischarbeit. Auch ein verspannter Kiefer kann unter Umständen Tinnitus verstärken. Die anatomische Nähe zwischen der Halswirbelsäule, den Kaumuskeln und den Gehörbahnen ist dafür verantwortlich, dass sich Störungen im Muskel- oder Gelenkbereich auf das Hörsystem auswirken können.
Wie Ohrgeräusche durch Verspannungen genau ausgelöst werden, ist bislang nicht abschließend geklärt. Eine Theorie ist, dass sich die Daueranspannung in den Nackenmuskeln über eine Nervenverbindung zum Hörsystem im Gehirn überträgt: Möglicherweise führen starke Verspannungen der Nacken- oder Kiefermuskulatur dazu, dass verstärkt Alarmsignale an das Gehirn gesendet werden – und dieses die Nervenreize fehlerhaft verarbeitet. Ein gesicherter Zusammenhang zwischen einer verspannten Nackenmuskulatur und Ohrgeräuschen lässt sich bislang nicht nachweisen.
Koffein, Alkohol und Nikotin bei Tinnitus besser meiden
Wer unter Tinnitus leidet, sollte zudem bei Substanzen aufpassen, die das zentrale Nervensystem anregen – wie Koffein, Alkohol und Nikotin. Koffein kann unter Umständen die subjektive Lautstärke von Ohrgeräuschen erhöhen. Alkohol wiederum kann kurzfristig das Empfinden von Tönen im Ohr intensivieren. Nikotin verschlechtert die Durchblutung – auch im Innenohr.
Warum Tinnitus bei Stille laut wird
Stille kann den Tinnitus ebenfalls verschlimmern. In ruhiger Umgebung fehlen externe Geräusche, die das Gehirn beschäftigen. Das führt dazu, dass der Tinnitus stärker in den Vordergrund rückt: Die Aufmerksamkeit verlagert sich und die Ohrgeräusche wirken subjektiv lauter. Vielen Betroffenen hilft es, wenn sie etwa zum Einschlafen Musik hören, eine geführte Meditation machen oder zur akustischen Stimulation einen Zimmerspringbrunnen neben dem Bett aufstellen.
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Eine weitere Option sind sogenannte Tinnitus-Noiser oder Tinnitus-Masker. Die kleinen Geräte werden im Ohr getragen. Sie geben meist ein Rauschen ab, das den Tinnitus "tarnt" und das Störempfinden verbessert. Die Wirksamkeit dieser Rauschgeräte ist wissenschaftlich allerdings nicht ausreichend belegt.
Bei starkem Tinnitus hilft kognitive Verhaltenstherapie
Verursachen die Ohrgeräusche einen hohen Leidensdruck, ist eine therapeutische Begleitung empfehlenswert. Die kognitive Verhaltenstherapie gilt laut der Deutschen Tinnitus-Liga e. V. als die Behandlung der Wahl bei belastendem Tinnitus. Die Therapie verfolgt den Ansatz, dass die Belastung abnimmt, wenn Betroffene Strategien erlernen, besser mit dem Tinnitus umzugehen.
- tinnitus-liga.de: "Tinnitus". Online-Information der Deutschen Tinnitus-Liga e. V. (Abrufdatum: 18. Juli 2025)
- tinnitus-liga.de: "Kognitive Verhaltenstherapie bei Tinnitus" (PDF). Online-Information der Deutschen Tinnitus-Liga e. V. (Abrufdatum: 18. Juli 2025)
- tinnitus-liga.de: "Hören und Schwerhörigkeit". Online-Information der Deutschen Tinnitus-Liga e. V. (Abrufdatum: 18. Juli 2025)
- hno-aerzte-im-netz.de: "Was ist ein Tinnitus?". Online-Information des Deutschen Berufsverbands der Hals-Nasen-Ohrenärzte e. V. (Abrufdatum: 18. Juli 2025)
- hno-aerzte-im-netz.de: "Tinnitus – Ursachen & Risikofaktoren". Online-Information des Deutschen Berufsverbands der Hals-Nasen-Ohrenärzte e. V. (Abrufdatum: 18. Juli 2025)
- stiftung-tinnitus-und-hoeren-charite.org: "Aktuelle Tinnitus-Therapien im Überblick". Online-Information der Deutschen Stiftung Tinnitus und Hören Charité. (Abrufdatum: 18. Juli 2025)
- gesund.bund.de: "Ohrgeräusche (Tinnitus)". Online-Information des Bundesministeriums für Gesundheit. (Stand: 28. August 2024)
- Annette Nowak: "Tinnitus loslassen. Neueste Erkenntnisse aus der Gehirnforschung umsetzen". Trias-Verlag, 2024
- ardmediathek.de: "Tinnitus: Verspannungen können schuld sein". Online-Information von NDR. Die Bewegungs-Docs. (Stand: 27. Oktober 2023)
- natürlich-thieme.de: "Hals, Nacken und Schulter entspannen". Online-Information von Thieme. Natürlich Medizin! (Stand: 14. November 2023)
- gesundheitsinformation.de: "Ohrgeräusche (Tinnitus)". Online-Information des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). (Stand: 30. November 2022)
- awmf.org: "Chronischer Tinnitus" (PDF). Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e.V. (DGHNO-KHC), AWMF-Leitlinien-Register Nr. 017/064. (Stand: 15. September 2021)
- hno-aerzte-im-netz.de: "Altersbedingte Hörprobleme frühzeitig behandeln – Schwerhörigkeit rückt bei Tinnitus in den Fokus". Online-Information des Deutschen Berufsverbands der Hals-Nasen-Ohrenärzte e. V. (Stand: 22. Oktober 2021)
- pharmazeutische-zeitung.de: "Tinnitus: Quälgeist im Ohr". Online-Information der Pharmazeutischen Zeitung (PZ). (Stand: 2. Dezember 2021)
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.