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Polen ignoriert Aufforderung zu Justizänderung


Folgen jetzt EU-Sanktionen?
Polen ignoriert Aufforderung zu Justizänderung

dpa

28.08.2017Lesedauer: 2 Min.
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Der polnische Präsident Andrzej Duda legt Veto gegen Justizreform ein.Vergrößern des Bildes
Der polnische Präsident Andrzej Duda legt Veto gegen Justizreform ein. (Quelle: Alik Keplicz/dpa-bilder)

Nach der EU-Aufforderung fragwürdige Justizgesetze zu ändern, gibt sich Polen weiterhin unbeeindruckt. Nun wird beraten, ob dieses Verhalten Sanktionen mit sich zieht.

Seit Amtsantritt der nationalkonservativen Warschauer Regierung macht Polen seinem Ruf als Sorgenkind der EU alle Ehre. Aufforderungen Brüssels, umstrittene Justizgesetze zu ändern, wies Warschau am Montag erneut zurück. Die Bedenken der Kommission seien unbegründet, argumentiert Polens Regierungspartei mit dem Namen Recht und Gerechtigkeit (PiS).

Warum spitzte sich der Konflikt zuletzt zu?

Unbeeindruckt vom Streit um die Unabhängigkeit des Verfassungsgerichts erweiterte die PiS Ende Juli ihren Einfluss auf die Justiz. Durch eine Reform der allgemeinen Gerichte kann Justizminister Zbigniew Ziobro nun Gerichtsvorsitzende grundlos auswechseln. Zur Kritik aus Brüssel sagt Außenminister Witold Waszczykowski, die Kommission solle sich aus Polens Innenpolitik heraushalten.

Wie reagiert die EU?

Als Hüterin der europäischen Verträge versucht die EU-Kommission bereits seit 2016, die polnische Regierung von ihrem Kurs abzubringen. Der über ein "Verfahren zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit" ausgeübte politische Druck hat bislang allerdings keine Erfolge gebracht. Eine Frist, die kritisierten Missstände zu beseitigen, ließ Polen am Wochenende tatenlos verstreichen. Am Montag geb es lediglich eine Stellungnahme, in der erneut alle Bedenken als "unbegründet" bezeichnet wurden.

Bereits vor einem Monat leitete die Kommission deswegen zusätzlich ein Vertragsverletzungsverfahren ein. Zudem wurde deutlich wie nie zuvor mit Artikel 7 des Europäischen Vertrages gedroht. Dieser wird in Brüssel auch "Atombombe" genannt und sieht vor, dass Staaten, die schwerwiegend und anhaltend gegen europäische Grundprinzipien verstoßen, das Stimmrecht bei Abstimmungen im EU-Ministerrat entzogen werden kann.

Hat der harte Kurs Aussicht auf Erfolg?

Zumindest das Vertragsverletzungsverfahren dürfte Polen unter Druck setzen. Es könnte dazu führen, dass der Europäische Gerichtshof Teile der Justizreform für unvereinbar mit EU-Recht erklärt. Einen solchen Richterspruch müsste Polen akzeptieren, wenn es nicht selbst seine EU-Mitgliedschaft infrage stellen will. Als nicht konform mit EU-Recht bewertet die Kommission unter anderem die neuen Einflussmöglichkeiten für den Justizminister sowie eine Regelung, die von Oktober an verschiedene Pensionsalter für Männer (65 Jahre) und Frauen (60 Jahre) vorsieht. Die Regelung verstoße gegen die EU-Richtlinie zur Gleichbehandlung der Geschlechter in Arbeitsfragen sowie gegen den im EU-Vertrag verankerten Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen, heißt es.

Und was ist mit der "Atombombe"?

Dass Polen wirklich das Stimmrecht entzogen wird, gilt als unwahrscheinlich. Zwar könnte die EU-Kommission ein Verfahren nach Artikel 7 auslösen. In dessen Verlauf müssten die anderen Mitgliedstaaten dann aber einstimmig feststellen, dass eine "schwerwiegende und anhaltende Verletzung" der europäischen Werte vorliegt. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban hat bereits sein Veto angekündigt.

Wie geht es im Streit mit Polen weiter?

Nachdem die polnische Regierung am Montag erneut Forderungen der EU-Kommission eine Absage erteilt hat, steht diese nun vor der schwierigen Entscheidung, ob sie Artikel 7 auslösen soll. In Diplomatenkreisen wird gemutmaßt, dass zunächst einmal das politisch weniger heikle Vertragsverletzungsverfahren weiter vorangetrieben wird. In diesem muss Polen bis zum 31. August eine Stellungnahme zu den Vorwürfen abgeben. Wird die Stellungnahme in Brüssel als unzureichend beurteilt, könnte Phase zwei des Verfahrens eingeleitet werden. Dies wäre für Polen die letzte Möglichkeit, ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof zu verhindern.

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