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Brexit-Deal – Die Pressestimmen: "Alle wollen, dass die Briten endlich gehen"


Pressestimmen zum Brexit-Deal
"Alle wollen, dass die Briten endlich gehen"

Von afp, dpa, t-online, aj

Aktualisiert am 18.10.2019Lesedauer: 4 Min.
Donald Tusk und Michael Barnier: Die EU hat dem Deal mit Großbritannien zugestimmt.Vergrößern des BildesDonald Tusk und Michael Barnier: Die EU hat dem Deal mit Großbritannien zugestimmt. (Quelle: Olivier Matthys/ap)
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Die EU-Staaten haben dem Brexit-Deal zugestimmt. Doch Boris Johnson steht eine noch größere Herausforderung bevor: das britische Parlament. Wie stehen seine Chancen? Die Reaktionen der Presse im Überblick.

Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" schreibt zum Austrittsvertrag: "Was Johnson als "großartigen, neuen Brexit-Deal" preist, muss jetzt die Feuertaufe bestehen. So bombensicher ist es nicht, dass das Abkommen an diesem Samstag eine Mehrheit im Unterhaus bekommt. Die Gegner machen schon mobil; die einen, weil ihnen der Brexit nicht hart genug ist, andere, weil das Vereinigte Königreich nicht nahe genug an der EU bleibt, die protestantischen Nordiren, weil sie jedweden Sonderstatus ablehnen. Wenn aber Johnson eine Mehrheit für seinen Deal erhält, (...) dann wird das Königreich die EU verlassen: auf geordnetem Wege und aller Voraussicht nach am 31. Oktober. Früher oder später wird es dann im Königreich Neuwahlen geben, die EU kann sich endlich anderen dringenden Themen zuwenden, und beide Seiten können über ihre Zukunft reden. Es wird Zeit, dieses Kapitel abzuschließen.

Der "Kölner Stadt-Anzeiger" kommentiert: "Hand aufs Herz: Welchen Unterschied macht es eigentlich, ob die Briten A) aus der EU austreten, aber in einer Vielzahl von Punkten so behandelt werden, als seien sie doch weiter drin oder B) in der EU verbleiben, aber in einer Vielzahl von Punkten so behandelt werden, als seien sie draußen?"

In der "Leipziger Volkszeitung" steht: "Juncker ist ein Fuchs. Er hatte nie ein Problem damit, auf Englisch, Deutsch oder Französisch die vier Ecken eines Kreises zu beschreiben, wenn die diplomatische Situation dies gerade erforderte. So ist er auch jetzt vorgegangen. Es gibt keine Kollision, jeder wahrt erstmal sein Gesicht, auch Johnson. Dabei könnte der altsprachlich gebildete Absolvent von Eton und Oxford ahnen, dass Junckers mächtiges Brüsseler System ihn mit dem angeblichen Entgegenkommen in der Nordirland-Frage in Wahrheit politisch ausgetrickst hat. Wie sagte Vergil? 'Ich fürchte die Danaer, auch wenn sie Geschenke bringen."

In der "Stuttgarter Zeitung" ist zu lesen: "Der britische Premierminister baute überzeugend die Drohkulisse eines ungeregelten Brexits auf. Am Schluss waren davon auch die Staats- und Regierungschefs der EU so sehr beeindruckt, dass sie nachgaben. Auch wenn Macron & Co. gelassen taten, hatten sie ein überragendes Interesse, jenes Chaos zu verhindern, das ein vertragsloser Ausstieg der Briten zwangsläufig verursacht hätte."

Die "Neue Osnabrücker Zeitung" schreibt: "Die EU-Staats- und Regierungschefs haben den Deal schnell absegnet. In der Union ist niemand an einem ungeregelten Brexit interessiert. Zumal die unsichere Lage bereits negative Folgen auf die globale Wirtschaft hat. Auch Kanzlerin Angela Merkel hat ihren Einfluss geltend gemacht. Leider reicht der nicht bis ins britische Unterhaus, denn dort könnte der Deal scheitern - wie alle vor ihm. Die nordirische DUP hat bereits Widerstand angekündigt. Die harten Brexiteers sind ebenfalls nicht zu unterschätzen. Ob sie es wagen, auch diesen Vertrag platzen zu lassen? Das ist offen. Bei allem Verständnis für Zweifler: Die Zeiten, immer neue Volten zu drehen, sind vorbei. Daher der Appell an die Parlamentarier in London: Reißt Euch zusammen! Sagt Ja zu diesem Deal!"

In der "Mittelbayerischen Zeitung" steht: "Boris Johnson mag scharf kalkuliert haben, doch nur eines ist sicher: Am Samstag, wenn es zur entscheidenden Abstimmung im Unterhaus kommt, wird es sehr, sehr eng. Vielleicht klappt es diesmal, weil die Angst vor einem No Deal, einem ungeregelten Austritt aus der EU mit all seinen katastrophalen wirtschaftlichen und politischen Folgen, so groß ist. Es wäre schlimm, wenn das Parlament wieder einmal unter Beweis stellen würde, dass es sich allein darüber einig werden kann, was es nicht will, nämlich einen No Deal."

Die "Märkische Oderzeitung" schreibt: "Die Ironie der Geschichte ist, dass beide Premierminister denselben Fehler begangen haben: sich der eigenen Mehrheit zu berauben. May hatte ohne Not eine Unterhauswahl angesetzt, die ihrer Partei die alleinige Regierungsgewalt nahm und sie an den widerspenstigen nordirischen Koalitionspartner DUP kettete. Und Johnson warf eine Handvoll Gegner seines harten Brexit-Kurses kurzerhand aus der Fraktion und mähte damit seine eigene Koalitionsmehrheit nieder."

Auf t-online.de ist zu lesen: "Ein geregelter Brexit zum 31. Oktober – er wäre das kleinere Übel für Großbritannien und ein Sieg für Johnson. Der behauptet, ein "goldenes Zeitalter" außerhalb der EU einläuten zu können und "Kontrolle wieder zu gewinnen". In Wahrheit wird Großbritannien ohne die EU natürlich schwächer. Viel schlimmer wäre nach wie vor der No-Deal-Brexit und diese Gefahr ist trotz der neuesten Entwicklung offenbar immer noch nicht gebannt. Johnson jedenfalls scheint weiterhin notfalls lachend ins Verderben rennen zu wollen, sollte das Parlament am Samstag den Deal ablehnen."

Auch in Österreich wird kommentiert

Die liberal-konservative Tageszeitung "Die Presse" in Wien schreibt: "Großbritannien hat sich mit immer neuen Wendungen im Brexit-Drama um dieses Gefühl der eigenen historischen Bedeutung gebracht: den Aufbruch in eine neue – selbst gewählte – Freiheit, aber auch die Emotion der Trennung von den bisherigen Partnern. (...) Jetzt aber wollen alle nur, dass die Briten endlich aus der Tür treten und gehen. (...) Großbritannien hat zu lang die EU bei viel wesentlicheren Fragen paralysiert. Dann freilich gibt es in Brüssel und den EU-Hauptstädten keine Ausrede mehr, alle Kraft in die Bewältigung von Handelskriegen, Migrationsströmen und Klimakrisen zu investieren."

"Der Standard" ebenfalls aus Wien kommentiert die aktuellen Entwicklungen so: "Mitten in der schwersten außen- und innenpolitischen Krise der Nachkriegszeit verfolgen Sozialdemokraten, Liberaldemokraten, Grüne und Nationalisten alle nur ihre engen parteipolitischen Interessen. Die Labour-Partei leistet sich zudem als Vorsitzenden den zutiefst unpopulären Jeremy Corbyn, einen zur Führung ungeeigneten, an Machtfragen uninteressierten, von Europa gelangweilten Gesinnungsethiker. Und das zynische Spiel der schottischen Nationalisten zielt einzig und allein auf die Unabhängigkeit ab; die beiden Seiten in Nordirland werden von mediokren, schmerzhaften Kompromissen gegenüber unwilligen Figuren geleitet. Wer solche Gegner hat, verfügt über Fortune. Aber Vorsicht, Europa! Die Briten bleiben für Überraschungen gut. Und Boris Johnson sollte man keinen Zentimeter über den Weg trauen."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa und afp
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